Kapitel 7

687 41 21
                                    

Lucas by MusicalGirl200

Es war schon dunkel, als ich mich auf den Weg zu Noah machte. Die Straßen von Broken Hills waren etwas überfüllt, weil viele von ihrer Arbeit nach Hause zu ihren Familien kommen wollten. Ich nahm die unterschiedlichsten Gerüche wahr, welchen den Ort hier umgaben, aber alles war besser als einen Vampir zu riechen. Noahs kleine Wohnung lag mitten in der Stadt und war darduch ein gutes Eck von dem zu Hause des Rudels entfernt.

Ich drängte mich an den Menschenmassen vorbei und hielt plötzlich inne, als ich ein bekanntes Gesicht entdeckte, meine Tante Elena. Sie war nur wenige Meter von mir entfernt und kam gerade aus einem Supermarkt und hatte erschöpft ihre Einkäufe am Boden abgestellt, um sich die Knöpfe ihres dunkelroten Mantels zu schließen. Am Abend war es hier immer recht kalt, doch durch meinen erwärmten Körper fiel mir das gar nicht auf.

Da ich nicht wollte, dass sie mich entdeckte, zog ich mir schnell meine Kapuze auf und ganz tief ins Gesicht. Ich hatte immer noch genau ihr panisches Gesicht vor Augen, wie sie mich damals angesehen hatte, als ich sie unabsichtlich verletzt hatte, voller Abscheu und Angst. Meine Tante Elena hob ihren Kopf und ich konnte dabei nur wieder allzu deutlich die Narbe über ihre rechte Wange erkennen, die ich ihr zugefügt hatte. Ich verkrampfte mich und wand den Blick ab. Ich musste hier weg, bevor mich Elena doch noch sah. Also senkte ich meinen Kopf und lief schnell an ihr vorbei.

Vor einem Jahr

Seit fast drei Wochen wohnte ich jetzt schon bei meiner Tante Elena, die jüngere Schwester meiner Mum. Pascal hatte mir angeboten gehabt, dass ich bei ihm und seinem Rudel wohnen durfte. Doch ich hatte abgelehnt. Ich wollte lieber bei dem letzten Rest meiner Familie wohnen, nämlich meiner Tante. Sie war das Einzige, was mir an meiner Familie noch geblieben war. Auch wenn Pascal mich eindringlich gewarnt hatte, dass es gefährlich war, dass ich in meiner Verwandlungsphase bei ihr wohnte, hatte ich nicht auf ihn gehört. Ich war manchmal echt ein Sturkopf.

Es lief auch alles wunderbar, bis meine Tante und ich in einen kleinen Streit gerieten. "Lucas, was ist in letzter Zeit nur los mit dir? Du wirkst so gereizt und abwesend. Ist bei dir alles in Ordnung?", fragte sie mich besorgt. Ich verdrehte genervt die Augen. Konnte sie mich damit nicht einfach mal in Frieden lassen? Jeder Mensch konnte schließlich mal gereizt sein! "Es ist alles Bestens Elena. Kannst du mich jetzt einfach mal damit in Ruhe lassen?!", fuhr ich sie an und spürte, wie meine Wut immer weiter anstieg und das nur wegen so einer Kleinigkeit. Irgendetwas stimmte wirklich nicht mit mir. Doch meine Tante ließ auch nicht locker. Sie wusste auch nie, wann man es mal lassen sollte.

"Lucas, bitte rede mit mir. Ich bin doch immer für dich da!", redete sie weiter ganz ruhig auf mich ein. Doch ich konnte mich plötzlich nicht mehr zurückhalten. Ich spürte, wie sich Fangzähne in meinen Mund drängten und Krallen aus meinen Finger schossen. "Lass mich in Ruhe!", brüllte ich sie an und schlug unabsichtlich mit meinen Krallen aus und erwischte dabei meine Tante an der rechten Wange. Sie schrie vor Schmerzen auf und ihre Wunde begann kräftig zu bluten. Sofort war meine Wut wie weggeblasen. Was hatte ich nur getan?

Elena begann zu weinen und drückte ihre Hand auf die Wunde, die sie nur meinetwegen hatte. Ich ging auf sie zu, doch sie wich voller Angst vor mir zurück. "Nein, bleib mir bloß weg du Monster! Ich will dich hier nie wieder sehen!", schrie sich mich an. Ihr Blick war voller Abscheu und Angst. "Aber", fing ich mit Tränen in den Augen an, doch sie brachte mich mit einem drastischen Kopfschütteln zum Schweigen. "Nein! Verschwinde einfach von hier und lass dich hier niemals mehr blicken! Du bist ein Monster und nicht mehr mein Neffe!" Das tat weh. Tränen rannen über mein Gesicht und ich versuchte ein letztes Mal auf meine sonst so liebevolle Tante zuzugehen, doch sie wich erneut zurück. "Nein, nicht", stammelte sie und rannte aus dem Zimmer.

Was hatte ich nur getan? Das meine Tante mich als Monster sah, brach mir das Herz. Sie wollte mich also nicht mehr in ihrem Leben haben. Ich hatte das doch nicht gewollt. Ich hatte keine Kontrolle über mich gehabt und das Schlimme war, dass Pascal mich auch noch davor gewarnt hatte. Ich musste hier weg. Während ich meine Sachen packte, liefen weitere Tränen über meine Wange. Jetzt hatte ich auch noch die letzte Familie verloren, die ich gehabt hatte. Ich hatte nichts mehr. Ich verließ so schnell ich konnte das Haus meiner Tante und machte mich auf den Weg zu Pascal. Mich Pascal anzuschließen, schien meine einzige und letzte Option zu sein, um irgendwo ein zu Hause zu haben. Ich brauchte dringend seine Hilfe.

Heute

Endlich war ich bei Noahs Wohngebäude angekommen. Ich betrat das Haus und lief die Treppen hoch in den siebten Stock und das in einer Rekordzeit. Ich klopfte an Noahs Wohnungstür und er machte mir sofort auf. "Hey Bro, alles klar bei dir?", begrüßte er mich und ich setzte mich in seinem kleinen Wohnzimmer, wo auch gleichzeitig seine Küche war, auf das Sofa. "Den Umständen entsprechend", antwortete ich ihm wahrheitsgetreu und nahm meine Kapuze ab.

Noah setzte sich an seinen Schreibtisch und schaltete seinen Computer ein. Mit seinem Drehstuhl drehte er sich in meine Richtung und musterte mich nachdenklich. "Bist du so mürrisch, weil der Vollmond in drei Tagen bevorsteht?", fragte er mich und kratzte sich nachdenklich am Kopf, wodurch sein dunkelblondes Haar etwas abstand. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, das ist es nicht, obwohl naja vielleicht zum Teil auch, ach keine Ahnung. Es ist einfach jeder Tag gleich scheiße", versuchte ich meinem besten Freund zu erklären.

Ich war so unendlich froh, dass ich Noah immer noch an meiner Seite wissen konnte. Nachdem ich mich am Vollmond das erste Mal verwandelt hatte, hatte ich mich ihm anvertraut und ihm wirklich alles erzählt. Und wenn ich alles sagte, meinte ich auch alles. Mit ihm konnte ich schon immer über alles reden und wenn ich niemand zum Reden hätte, würde ich wahrscheinlich komplett wahnsinnig werden. Er hatte sofort Verständnis für meine Situation gezeigt und hatte auch keine Angst vor mir gehabt. Noah hatte daraufhin gemeint, dass er schon immer der Ansicht gewesen war, dass es Übernatürliches gab und ich war nun der Beweis dafür gewesen. Es tat gut, dass er wenigstens keine Angst vor mir hatte.

"Du wirst das schon noch mit der Kontrolle und so hinkriegen. Immer positiv denken", machte mir Noah Mut. Wie konnte er nur immer so optimistisch sein? Ich lächelte bitter. "Ich kriege es schon seit einem Jahr nicht hin, dann wird das jetzt auch nichts mehr, aber das ist jetzt auch egal." Ich zog aus meiner inneren Jackentasche die Festplatte hervor und reichte sie Noah. "Hier ist die Festplatte. Mal sehen, ob du sie knacken kannst, dass wir sehen was darauf ist." Noah nahm sie entgegen und steckte sie an seinen Computer an. "Ich gebe mein Bestes, aber das könnte eventuell ein paar Stündchen dauern." Ich winkte ab und machte es mir auf seinem Sofa bequem. Ich hatte es sowieso nicht eilig. "Danke, dass du das machst", bedankte ich mich bei ihm. Noah lachte leicht. "Du bist mein bester Freund Lucas, na klar mache ich das. Aber woher hast du die Festplatte eigentlich?", fragte er mich neugierig.

Ich setzte mich auf und starrte auf meine Hände. "Ich bin heute im Wald einer Blutsaugerin begegnet. Als sie mich bemerkt hat, hat sie vor Schreck ihre Laptop fallen lassen und ich habe ihn aus dem Reflex raus aufgefangen. Aber dann bin ich so wütend geworden und habe den Laptop geschrottet. Naja, die Festplatte hat es überlebt und sie ist heulend abgezogen." Noah drehte sich mit einem erstaunten Gesicht zu mir. "Wow, du begegnest einem Vampir und hast ihn nicht einmal gleich getötet. Das ist ein Fortschritt." Ich verdrehte genervt die Augen, stand vom Sofa auf und lehnte mich neben Noah auf seinem Schreibtisch. "Wenn du meinst. Jetzt sehen wir erstmal nach, was sie auf dem Laptop so Schönes drauf hatte", entgegnete ich. Ich hatte wirklich keine Lust noch länger über dieses Vampirmädchen zu reden. "Yes Sir", erwiderte Noah und machte sich an die Arbeit.

Cursed Beings - A supernatural loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt