KAPITEL 𝟝𝟙

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Langsam trat ich einen Schritt zur Seite, um Kiana zu bedeuten, reinzukommen. Das tat sie auch und ich schloss nach einem kontrollierenden Blick die Tür hinter ihr und folgte mit meinem Blick ihrem nervösen Auf und Abgehen. Dann hielt sie abrupt inne und sah mich an, weshalb mir ein wenig anders wurde, denn ich befürchtete bereits das Schlimmste.

„Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange", begann sie und ich legte den Kopf ein wenig zur Seite, während sie fortfuhr: „Aber dich bedrückt doch etwas, nicht wahr?"

„Wie kommst du denn auf einmal darauf?"

„Ich weiß es nicht, aber irgendwie sagt mir das mein Bauchgefühl. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn du nicht drüber reden willst, aber ich wollte einfach nur, dass du weißt, dass ich da bin."

„Danke, das weiß ich wirklich zu schätzen.", meinte ich mit einem Lächeln auf den Lippen, das sie erwiderte. Dann setzte sie sich wieder in Bewegung und gerade als ihre Hand die Klinke berührte, fragte ich:

„Kiana, was tust du gegen ein schlechtes Gewissen, das dich schier in den Boden hinein drückt?"

Für einen Moment musterte sie mich, dann löste sie ihre Hand von der Klinke und ging hinüber zu der Couch, wo sie sich setzte. Sofort eilte ich zu ihr um mich vor dem Kissen nieder zu lassen, hinter dem ich Hux' Pullover versteckt hatte. Dann sah ich in ihre braunen Augen und sie sagte:

„Was auch immer dich belastet, ich bin mir sicher, dass du da etwas Größeres draus machst, als es eigentlich ist."

„Glaub mir, das tu ich nicht."

„Wenn du mir sagen würdest, was es ist, könnte ich es besser einschätzen."
„Tut mir wirklich leid, aber ich muss es selbst verarbeiten und erst einmal irgendwie damit klarkommen."

„Schon gut, damit lässt sich bestimmt trotzdem arbeiten."

„Da kommt ja voll und ganz die Psychologin in dir raus.", sagte ich schmunzelnd und sie wackelte verschwörerisch mit ihren Augenbrauen:

„Darauf habe ich mein Leben lang gewartet. Du bist meine erste Versuchsperson."
„Na wunderbar."

„Also, fangen wir mal ganz von vorne an. Du kannst die Fragen einfach in deinem Kopf beantworten, oder du hältst dich schlichtweg allgemein, dann kann ich mir mit meinen außergewöhnlich guten Detektivfähigkeiten auch nichts erschließen. Nun gut, zuerst einmal: Ist jemand durch dich zu Schaden gekommen? Sowohl körperlich als auch psychisch?"

Nach kurzem Überlegen antwortete ich:

„Eigentlich noch nicht, aber die Menschen, die mir am meisten etwas auf dieser Welt bedeuten, werden zu Recht ihr Vertrauen in mich verlieren, wenn ich es ihnen erzähle."

„Wie sicher bist du dir da?"

Eigentlich öffnete ich sofort meinen Mund, doch dann schloss ich ihn wieder und dachte nochmal drüber nach.

„Ich glaube, du verwechselst hier etwas moralisch Verwerfliches mit Verrat."

„Vielleicht...", murmelte ich. Was, wenn Kiana recht hatte? Ich redete mir seit heute Morgen ein, den Widerstand in hohem Maße verraten zu haben. Doch war es wirklich so extrem? Schließlich ergab sich für ihn kein Nachteil durch mein einmaliges Techtelmechtel mit Hux. Meine Treue galt weiterhin Leia und ich würde mich ohne zu zögern für sie entscheiden, und in keinem Fall für einen General der Ersten Ordnung. Zwar musste ich zugeben, dass sich meine Art, über ihn zu denken, in gewisser Weise verändert hatte, doch der Widerstand war meine einzige Familie, die ich je richtig hatte.

„Ich sehe doch, dass es in deinem Kopf rattert, meine Liebe.", stellte Kiana zufrieden fest und lehnte sich ein Stück nach vorne: „Und du fühlst dich schuldig. Deshalb frage ich dich jetzt eine letzte Frage: Würdest du es wieder tun?"

Mit einem Schlag war mein Mund wie ausgetrocknet, als ich etwas sagen wollte, doch schließlich antwortete ich ehrlich:

„Ich habe Angst, dass ich mich nochmal dazu verleiten lasse."
„Das Einzige, was du dann tun kannst, ist abzuwägen. Willst du das alles nochmal durchmachen und wenn ja, für welchen Preis?"

Stumm nickte ich und Kiana legte mir mit einem tröstenden Lächeln ihre Hände auf die Knie:

„Ich bin mir sicher, dass du dich richtig entscheiden wirst."

„Das bin ich mir nicht, aber ich hoffe es."

„Immerhin wirst du nachher ein wenig abgelenkt sein, wenn du damit beschäftigt bist, dir einen Schlagabtausch nach dem anderen mit Armitage abzuliefern."

Wenn sie nur wüsste, wie falsch sie lag. Dieser Tag würde alles andere tun als mich von den Schuldgefühlen abzulenken. Eigentlich war ich davon überzeugt, dass er sie nur noch schlimmer machen würde. Doch das durfte ich Kiana natürlich nicht wissen lassen, weshalb ich trocken entgegnete:

„Es gibt wirklich nichts schöneres, als einen Tag alleine mit Hux zu verbringen."

Wegen der Verachtung, die in meiner Stimme mitschwang, stand Kiana kopfschüttelnd auf:

„Du bist wirklich unverbesserlich."

„Ich bin Realist.", erwiderte ich schmunzelnd und erhob mich ebenfalls. Dann begleitete ich sie zur Tür, wo sie sich nochmal zu mir umdrehte und meinte:

„In einer Viertelstunde fahren wir los und werfen dich und Armitage bei Eleen raus, aber keine Sorge, sie ist wirklich nett."

„Glaub mir, sie halte ich ab dann für mein kleinstes Problem."

„Na immerhin. Also, bis nachher."

„Bis nachher. Und Kiana: danke, wirklich."

Sie nickte mir einmal lächelnd zu, dann zog sie die Tür hinter mir zu und ich war wieder alleine. Für einen Moment blickte ich ihr in Gedanken hinterher und mir wurde erneut bewusst, dass mir das Gespräch mit ihr tatsächlich ein wenig geholfen hatte. Seit ich von der Ersten Ordnung verschleppt worden war, hatte ich nie die Gelegenheit gehabt, mit meinen Freunden beim Widerstand zu sprechen, außer natürlich das eine Mal mit Leia. Allerdings schien sich meine Brust einmal schmerzhaft zusammen zu ziehen, als ich an die vielen Gespräche mit Poe dachte, die ich so sehr vermisste. Wie würde er wohl auf mein kleines Intermezzo mit dem General reagieren? Eigentlich war ich mir recht sicher, dass er mich nicht aus seinem Leben streichen würde, schließlich waren wir beste Freunde, und da tolerierte man so einiges. Doch selbst bei der Vorstellung, wie die Enttäuschung sein Gesicht übernehmen würde, zerriss mir mein Herz. Deshalb setzte ich mich in Bewegung und ging zum Kleiderschrank, schließlich war mein Vorwand ja gewesen, dass ich mich noch geschwind umziehen wollte. Nachdem ich mir eine enge Jeans und ein schlichtes, hellblaues Top übergeworfen hatte, verließ ich mein Zimmer und ging nach unten. Dabei achtete ich die ganze Zeit darauf, ob Hux mir irgendwie unter die Augen trat, doch erst als ich das Haus verließ, sah ich ihn bei Kiana und Lorin am Speeder stehen. Nachdem ich nochmal kräftig durchgeatmet hatte, ging ich zu ihnen, wobei ich den General keines Blickes mehr würdigte.

„Jetzt sind wir also vollständig.", meinte Lorin zufrieden: „Dann kann der Spaß wohl losgehen."

Hux und ich grummelten gleichzeitig ein paar abwertende Worte, dann stiegen wir alle auf den Speeder.

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Veröffentlicht am: 29.04.2021  ;  Wörter: 1108

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Luck ~ a General Hux FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt