Das Schiff

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Ich habe es geschafft. Ich bin am Hafen angekommen. Jetzt habe ich noch über 2 Stunden Zeit, bis das Boarding anfängt. Aber egal, ich wollte Ron nicht noch einmal über den Weg laufen, nicht nachdem, was gestern Abend passiert ist.

Ich bin unterwegs in einer Drogerie gewesen und habe mir ein deckendes Make-up gekauft, ich hoffe, das überdeckt den blauen Fleck. Wobei Fleck eine Untertreibung ist, da ja die linke Gesichtshälfte komplett in einem Bluterguss versunken ist.

Ich habe gestern ein kleines Café gesehen, als wir meine Sachen hierhergefahren haben. Das suche ich jetzt und hoffe, dass ich mich dareinsetzen kann.

Nachdem ich das Café gefunden habe, gehe ich hinein und suche erst die Toilette auf. Ich versuche mit dem Make-up mein Gesicht einzuschmieren. Es funktioniert erstaunlicherweise recht gut. Es deckt auch gut meinen blauen Fleck ab, zwar schimmert er etwas durch, aber es sieht bei weitem nicht mehr so schlimm aus.

Ich setze mich ans Fenster und beobachte das Treiben am Hafen. In der Menschenmenge erblicke ich weiter vorne zwei gutaussehende Männer in Anzügen. Sie stehen mit dem Rücken zu mir. Doch bevor Sie sich beobachtet fühlen, lasse ich meinen Blick weiter schweifen.

Die Kellnerin kommt zu mir an den Tisch und nimmt meine Bestellung auf. Ich habe mir ein Brötchen mit Marmelade und einem gekochten Ei bestellt, dazu ein Orangensaft und einen Kaffee. Ich werde jetzt erst einmal in Ruhe Frühstücken und mein letztes Essen in Amerika genießen.

Die Kellnerin holt mich aus meinen Gedanken, als sie mir das Frühstück serviert. Sie wünscht mir noch einen guten Appetit und geht wieder. Das Essen sieht köstlich aus und der Kaffee duftet herrlich.

Nach einer Weile, ich bin schon fertig mit Frühstücken, klingelt mein Handy. Ich schaue nach und sehe das meine Oma anruft.

> Hallo Oma. < sage ich freudig ins Telefon.

> Hallo mein Schatz, bist du schon auf dem Schiff? < die Aufregung ist meiner Oma anzuhören.

> Nein Oma, ich sitze noch in einem Café am Hafen, das Boarding fängt erst um 12 Uhr an. < erkläre ich ihr.

> Wie viel Uhr habt ihr jetzt? 11 Uhr, oder? < fragt meine Oma nach.

> Ja Oma. < bestätige ich nickend.

> Und wie lange wirst du unterwegs sein? < da spricht die Ungeduld.

> Oma ich komme in 19 Tagen bei dir an. < antworte ich mit Freude auf ihre Frage.

> Weißt du schon, um wieviel Uhr ihr anlegt? < fragt Oma ungeduldig weiter.

> Nein Oma, das weiß ich nicht. Voraussichtlich auch um die Mittagszeit, schätze ich. Aber ich werde dann ja wieder Empfang haben und dann rufe ich dich an, sobald der Hafen in Sicht ist. < erkläre ich.

> Ist gut mein Kind. So machen wir es. Pass gut auf dich auf und komm mir ja gesund in Hamburg an. Ich habe dich lieb, fühl dich gedrückt, ich denke immer an Dich. < sagt Oma noch.

TUT TUT TUT

Und schon hat meine Oma aufgelegt. Schon jedes Mal witzig mit ihr zu telefonieren. Aus heiterem Himmel legt sie dann einfach auf, ohne dass man noch etwas sagen kann. Naja, so ist meine Oma Hildegart nun mal.

Ich schaue auf die Uhr, halb 12 erst. Naja, ich rufe die Kellnerin zu mir, bestelle mir noch eine Cola und bezahle dann schon mal. Nachdem ich meine Cola noch genüsslich ausgetrunken habe, geh ich noch auf die Toilette und dann aus dem Café raus.

Ich schlendere jetzt Richtung Schiff und merke nicht, das ich beobachtet werde.

So langsam steigt die Angst in mir hoch, aber diesmal weiß ich, es wird das letzte Mal sein. Ich werde nie wieder ein Schiff betreten. Deutschland ist groß und Europa auch. Da kann man alles mit dem Zug und dem Bus oder dem Auto erreichen.

Wenn ich in Deutschland bin, will ich meinen Führerschein machen. Da ich zweisprachig aufgewachsen bin, fällt mir die deutsche Sprache nicht schwer. Vielleicht kann ich in Frankfurt studieren.

Wobei Oma gesagt hat, ich muss noch nicht einmal bis nach Frankfurt fahren, bei ihr um die Ecke gibt es auch eine großartige Universität, an der ich auch studieren kann.

Ich bin so in meine Gedanken versunken, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass ich schon vorne beim Einchecken stehe und als nächstes dran bin. Nun gut, jetzt erst einmal auf das Boarding konzentrieren.

Als ich eingecheckt habe, steige ich den Steg hoch zum Schiff, oben wartet schon das Personal auf mich, um mir zu zeigen, wo sich mein Zimmer befindet. Ich habe die Mittelklasse gewählt, sonst bin ich immer erste Klasse gereist, als Mama noch da war, aber das kann und will ich mir nicht leisten. Mittelklasse ist auch völlig ok.

Eine junge Dame begleitet mich zu meiner Kabine und reicht mir meine Schlüsselkarte, nachdem sie mir die Tür geöffnet hat. Ich gehe in mein Zimmer und bin sichtlich erstaunt, wie geräumig es ist. Das hätte ich jetzt so nicht erwartet.

Ich habe einen geräumigen Kleiderschrank, in dem auch schon meine zwei Koffer stehen. Einen kleinen Schreibtisch, einen Fernseher im Schrank und ein Einzelbett mit Nachtschränkchen, dann kommt eine schmale Tür, die ins Bad führt.

Das war mir wichtig, ein kleines Bad. Ich habe eine Toilette und eine Dusche, mehr brauche ich nicht, aber ich mag es nicht unbedingt Teilen. Vor allem nicht, wenn ein Unwetter tobt und ich Seekrank bin.

Ich packe meine Sachen aus, solange das Schiff noch im Hafen anliegt. Danach lege ich mich aufs Bett, ich weiß gar nicht mehr, wie lange es her ist, dass ich einfach nur darum gelegen habe und nichts getan habe. Ich schalte das kleine Radio auf meinem Nachtschränkchen ein und lausche der Musik.


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Das Mädchen und der Alpha (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt