Kapitel 6

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"Ich dachte nicht, dass sie in Begleitung kommen", sagte ein nervöser Mann, der die Aufgabe übernommen hatte sie über ihre Anwerbung aufzuklären.
"Was wollen Sie von mir?"
Ohne auf seine Worte einzugehen, kam sie direkt zum wesentlichen. Sie hasste es, um den heißen Brei herum zu reden. "Oh, Sie wären eine Bereicherung", sagte er etwas, das sie schon längst wusste. "Die Sonderabteilung für Befähigte hat uns Informationen über Sie zukommen lassen, als wir nach Befähigten fragten, die über Radarfähigkeiten verfügen", erklärte er ausschweifend. Kunikida und Makoto teilten einen Blick. Sie wussten genau, wer dieser jemand gewesen sein musste.
"Wollen Sie noch mehr Tote in Ihren Reihen?", fragte sie und grinste diabolisch. Kunikida fasste sich an seinen Nasenrücken. Er hasste es, wenn sie diese Seite zeigte, die alles andere als vernünftig war.
"Wie bitte?"
"Man könnte sagen, Murphys Fluch haftet an mir. So ziemlich alles was schief gehen kann, geht auch schief."
Ungläubig starrte er sie an.
Er glaubte ihr kein Wort, bis plötzlich einige Tauben das Büro stürmten und so ziemlich alles durcheinander brachten. Sie machte eine ausladende Geste und der Mann kniff die Augen zusammen. "Das ist nicht das erste Mal, dass hier Tauben reinfliegen", erklärte er, mit einem steifen Lächeln.
"Dann sollten Sie die Fenster lieber nicht so weit öffnen, wenn das hier so oft passiert."
Sie grinste schief, als eine Augenbraue verräterisch zuckte.
"Eine Fähigkeit wie Ihre gibt es nirgendwo. Sie wären unerlässlich für uns!"
Ein nachdenkliches Nicken kam von ihr. Kunikida trat ihr unter dem Schreibtisch gegen das Bein. Sie hörte sofort auf zu nicken und legte den Kopf schief.
"Ich bin nicht sicher, ob es so viel bringt, wenn ich in jede nur erdenkliche Falle laufe. Allein in diesem Jahr wäre ich mindestens einmal am Tag gestorben. Bei ihnen könnte mich niemand retten und ich hatte vor alt zu werden."
Der Mann verlor alle Mimik aus seinem Gesicht und starrte sie einfach nur verbissen an.
"Sagen Sie das dem Chef", brachte er unter zusammen gebissenen Zähnen hervor und drückte einen Knopf.
Es dauerte einen Augenblick, bis jemand anderes kam und die beiden bat ihm zu folgen. Sie wurden nach oben gebracht, wo der Boss sein Büro hat.

"Ich will nicht zum Militär. Das hier ist nicht mehr das alte Japan, wo jeder gezwungen wurde zum Militär zu gehen. Wenn Sie mich zwingen, ist das Verletzung der Menschenrechte", sagte Makoto, bevor sie sich überhaupt setzen konnten.
Kunikida starrte sie verblüfft an.
So kannte er sie nicht.
Noch nie hatte sie ihren Standpunkt so deutlich gemacht.
"In Ausnahmefällen können wir das. Vorausgesetzt Sie sind, als Frau, weder schwanger noch haben Sie Kinder."
Makoto versteifte sich sofort. Sie war ledig und kinderlos und alsbald würde sich das auch nicht ändern.
"Sie haben keine Kinder und schwanger sind Sie auch nicht, oder sind Sie im Frühstadium?"
Schweiß brach ihr aus.
Sie wollte nicht zum Militär und dort sterben. Kunikida rückte seine Brille zurecht und ein Schatten legte sich über seine Augen.
"Jetzt können wir es wohl nicht länger leugnen", sagte er ernst. Der Militärchef und Makoto sahen Kunikida gleichermaßen verwirrt an.
"Wir haben eine Affäre, aus der ein Kind entstanden ist. Ich weiß du..."
Er schniefte und rieb sich über die Augen, aus denen Tränen liefen.
Makoto wurde bleich.
"Du hast gesagt du möchtest das Kind nicht, aber du kannst mir doch nicht mein Kind wegnehmen, bevor es überhaupt geboren wurde!", rief er plötzlich laut und packte sie an den Schultern.
Der Mann am Schreibtisch schnaubte verächtlich.
"Sie wollen dem Vater sein Kind vorenthalten?", fragte er verachtend und sah Kunikida mitfühlend an.
"Denken Sie doch auch an die Gefühle des anderen, bevor Sie eine Entscheidung treffen!"

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Schweigend liefen Kunikida und Makoto nebeneinander her, auf dem Weg zurück ins Büro. Es wurde spät und noch kälter. Die Straßen waren überfüllt und es war laut.
"Schwanger... Von dir!"
Sie fasste sich ins Haar und seufzte schwer. Ihr Gesicht war immer noch puterrot vor Scham. Kunikida ging es nicht anders.
"Es tut mir leid", sagte er verlegen.
"Ach I wo! Du hast mich gerettet. Ich wusste gar nicht, dass du so gut schauspielern kannst. Das war genial!", sagte sie und lächelte.
Kunikida konnte es nicht erwidern.
D

iese Schande würde ihn für immer beflecken.
"Ob du als Lehrer auch so warst? Ich glaube da hätte ich Mathe nicht vom Tisch geworfen."
Mit großen Augen sah er sie an.
"Wie schlecht bist du denn in Mathe?"
Sie errötete.
"Ich bin durchgefallen. Ich habe nur mit Mühe noch eine fünf bekommen und konnte nur studieren, weil mein Vater den Schulleiter kannte."
Er konnte es nicht glauben, dass jemand so schlecht sein konnte, doch bei ihr schien es ihn nicht sonderlich zu wundern. "Woran hat es denn gelegen?"

Sie hob die Schultern und sah zum Wasser.
"Ich kann keinen Taschenrechner benutzen."
"Wieso?"
"Ich kann doch nur Lebewesen aus der Nähe erkennen."
Er überlegte und beobachte sie. Ihre Augen blickten neugierig durch die Gegend, verfolgten die Lebewesen im Wasser.
"

Es gibt einen Trick, mit dem du alles im Kopf rechnen kannst. Ich rechne fast alles im Kopf." Sie sah ihn skeptisch an.
"Das will ich mit den binomischen Formeln sehen." Er lächelte.

"Du bist wirklich nicht sauer", stellte er fest. "Hab ich doch gesagt. Auch wenn ich wirklich überrascht bin, dass du mit sowas kamst." Sie grinste als er sich wieder abwandte und erneut rot anlief.

Sie betraten zusammen das Büro und wurden sofort mit großen Augen angestarrt.
"Kunikida, dass hätte ich wirklich nicht von dir gedacht!", kam es von Dazai, der dem Brillenträger einen anerkennenden Blick zuwarf.
"Dabei ist dein Frauenideal alles andere als Makotos Beschreibung."
Wissend sahen sich Kunikida und Makoto an, doch sie war die Einzige die grinste.
"Was ist denn dein Ideal?", wollte sie wissen, doch er ignorierte ihre Frage, lief kommentarlos zu seinem Platz, um weiter zu arbeiten.
"Stimmt es wirklich? Das du schwanger bist?", fragte Yosano und musterte sie eingehend.
Prüfend streichelte Makoto ihren Bauch.
Immer noch flach.
Immer noch Jungfrau.
Kein Kind in ihrem Bauch.
"

Sehe ich so aus?"
Alle schüttelten den Kopf.
"Da habt ihr's. Das war seine Idee, um das Militär abzuwürgen. Der Typ sagte, wenn ich schwanger wäre, könnten die mich nicht zwingen", erklärte sie und setzte sich auf einen Drehstuhl, auf dem sie durch das Büro rollte.
"Hast du da nicht etwas vergessen?", kam es kryptisch von Atsushi, der ihren Stuhl plötzlich festhielt.

"Die werden das überprüfen, wenn sie dich so sehr wollen."
Dazai sah sie ernst an.
Das war ja klar, dass es nicht so einfach war. Kunikidas Füller zerbrach. Das war auch absehbar. Er hatte sich extra blamiert für... Ja wofür eigentlich?

"Gibt es hier einen Arzt, der ne gefälschte Bescheinigung ausstellen kann?" Makoto schirmte ihre Augen ab und blickte grinsend in die Runde, bis sie bei Yosano hängen blieb.
"So eine Ärztin bin ich nicht!", fauchte sie beleidigt. "Makoto!", brüllte ihr Vater und warf ihr einen strengen Blick zu. "Was hast du dir dabei gedacht?" Eigentlich hatte sie gar nicht gedacht. Wie so oft hatte Kunikida das Denken übernommen, doch normalerweise konnte er das gut. Nur heute nicht.

The idealist who felt in love (Bungou Stray dogs) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt