Kapitel 56

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Erschöpft und müde schlurfte ich regelrecht aus dem Klassenraum. Heute hatte mich die piepsige Stimme von Professor Flitwick aufgeregt und ich wollte ihn am liebsten erschlagen mit meinem dicken Buch, damit ich mehr als drei Stunden schlaf bekam. Draußen auf den Gängen sah ich überall Schüler und Schülerinnen, die munter vor sich her lachten und den neusten Tratsch verbreiteten. Doch ich hatte andere Sorgen. Draco und ich hatten nun endlich den richtigen Zauber gefunden, um das Verschwindekabinett benutzen zu können.Wir sind die ganze Seite nochmal genau durch gegangen und es sollte definitiv machbar sein. Gerade wollte ich wieder zur Marmortreppe, als ich meinen Namen hörte.

"Grace. Grace, warte" Es war die Stimme von Blaise. Ich drehte mich um, doch ich erblickte nicht nur ihn, sondern auch Hannah, Alice und Caitlyn. Ich blieb stehen und wartete, dass sie bei mir ankamen. Ich befürchtete schon ein langes, nicht gerade gutes Gespräch. "Du siehst müde aus. ", sagte Caitlyn.
"Bin ich auch. " antwortete ich schlichtweg, denn es war nun mal die Wahrheit. "Grace, lass uns doch ein kurzes Stück gemeinsam gehen. " Meine Alarmglocken klingelten und obwohl ich einfach nur schlafen wollte, musste ich schnellst möglich verschwinden. Ich ertrug jetzt keine Gespräche, kein Mitleid, keine Sorgen oder sonst was. Das einzige, was ich jetzt wollte und auch brauchte, war Draco und endlich den Erfolg das Verschwindekabinett repariert zu haben. "Ich.. ich kann jetzt nicht. Ich muss wirklich los. " Ich wollte gerade los gehen, als mich Blaise packte. Einen winzigen Augenblick lang versuchte ich zu entkommen, doch letzendlich ließ ich mich fallen und ging mit ihm mit. Caitlyn, Alice und Hannah musterten mich streng von der Seite, doch ich nahm sie kaum war. Blaise zerrte mich in einen leeren Klassenraum, Missmutig setzte ich mich hin und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Keiner sagte etwas. Sie alle standen nur da, vor mir, und blickten mich besorgt an.
"Was wollt ihr? " , fragte ich deshalb gereizt. "Wir machen uns sorgen, Grace. ", antwortete mir Alice. Sofort verspührte ich den Reiz zu brechen und einfach hinaus zu rennen. Das Gespräch fing genauso an , wie ich es befürchtet hatte. "Warum macht ihr euch sorgen. Wieso ? Es gibt doch überhaupt gar keinen Grund. "

"Doch den gibt es. Tag für Tag siehst du müder aus, schlurfst erschöpft durch die Gänge, treibst dich Nachts in der Gegend rum, verschwindest für Stunden. Und wofür? " Desinteressiert schaute ich zu Hannah. Nun hockte sich Blaise zu mir hinunter. "Grace, was ist los?"

"Gar nichts ist los! Ich habe nur unglaublich viel zu tun und müsste auch eigentlich ganz woanders sein, aber nein ich sitze hier!", schrie ich schon fast."Was hast du denn immer zu tun? Warum redest du nicht mit uns? Was soll das alles?", schrei Hannah nun wirklich.

"Das geht euch gar nichts an! Hört ihr, gar nichts! "

"Doch Grace! Du bist unsere Freundin und wir machen uns einfach nur sorgen um dich. Und auch um Draco. Ihr beide seit.."

"Wir beide sind was? Was sind wir, Alice?" Sie schaute betrübt zu Boden. "Ihr seit anders. " Diese Aussage schockte mich nun doch ein wenig. Ich sank zurück auf meinen Stuhl und die Stille breitete sich wieder aus. "Ihr versteht das nicht. Und das könnt ihr auch nicht. Ich werfe euch nichts vor, und was auch immer ihr glaubt, ist nicht wahr. "

"Was verstehen wir denn nicht. Rede mit uns. Auch Harry und die anderen haben es bemerkt. Wir sind nicht die einzigen. "

"Ihr habt mit Harry geredet? "

"Ja. " Nun wusste ich nicht mehr was ich sagen sollte. "Ich kann es euch nicht sagen. Es tut mir alles schrecklich leid. Ich will nicht, dass ihr euch sorgt. Es ist nur alles so kompliziert, versteht ihr? "Ich machte ein Pause und atmete tief ein. "Ihr müsst mir versprechen, dass wir immer Freunde bleiben. Das wir immer für einander da sind. Das wir dem anderen vertrauen, auch wenn es so scheint, als wäre der andere nicht mehr er selbst. Auch wenn ich mich anders verhalte, ich würde alles für euch tun. Versprecht ihr mir, dass wir uns immer gegenseitig unterstützen? ", endete ich mit meine Erklärung, obwohl ich doch eigentlich nichts erklärt hatte. Diese Feststellung spiegelte sich auch in den Gesichtern meiner Freunde wider. Noch besorgter und entgeisterter blickten sie auf mich hinab. Ich hielt es kaum aus. "Versprecht es!"
"Grace, du kannst nicht von uns verlangen, dass wir dir etwas versprechen, was keinen Sinn ergibt.", sagte Alice ganz ruhig. Ich schaute sie allesamt an.Zuletzt blieb mein Blick bei Hannah hängen. Ich erinnerte mich ihren Vater bei der Versammlung gesehen zu haben, und vielleicht konnte ich ihr so vermitteln, dass ich ein Todesser war ohne einer zu sein. Aber ergibt das überhaupt Sinn? Würden sie verstehen, was es bedeutet ein Todesser zu sein und auf Dumbledores Seite zu stehen ? Sicher nicht. "Bitte. Ich kann es euch nicht sagen, aber ihr müsst wissen, dass ich immer versuche das Richtige zu tun."
Hannah kniete sich zu mir nieder, nahm mich in den Arm und flüsterte mir ganz leise zu. "Ich verspreche es, Belvoir. Was auch immer dich bedrückt, ich werde immer an deiner Seite stehen. " Sie ließ von mir ab und ich wusste, dass sie es ernst meinte. Ich schaute sie immer noch weiterhin an und fühlte mich so unendlich frei, obwohl es nur die Worte eines Mädchens waren. Ich stand nun auf, denn ich hatte die Bestätigung, die ich brauchte. "Grace, wir versprechen es! " , kam es von Blaise und auch Caitlyn und Alice sprachen die Worte aus. Ich schloss die Tür und lächelte. Ich ging nun die große Marmortreppe hinauf und noch immer waren meine Gedanken bei meinen Freunden. Ich liebte sie und ich brauchte sie. Plötzlich erkannte ich vor mir eine Person. Es war Harry! Schnell versteckte ich mich hinter einer Statue und beobachtete ihn. Harry stand ebenfalls hinter einer Ecke und sein Blick schien etwas zu verfolgen, was ich nicht sehen konnte. Schnell ließ ich meiner Kraft freien Lauf und im nu stand ich unsichtbar neben Harry. Ich schaute in seine Richtung, und was ich sah, war Draco. Harry lief langsam los, als Draco sich entfernte. Panik stieg in mir auf und fast verlor ich die Fassung um meine Unsichtbarkeit zu behalten. Ich lief hinter Harry her, der schon ganz oben angekommen war. Draco lief unbekümmert zum Raum der Wünsche, lief drei Mal hin und her, schaute sich nochmal um, doch Harry hatte sich versteckt. Die Tür erschien und Draco verschwand. Harry holte die Karte des Rumtreibers hinaus und siehe da, Draco war nicht zu sehen. Neue Panik breitete sich in mir aus. Er könnte auch mich sehen, ohne mich zu sehen. Ich machte mich wieder sichtbar und in dem Moment drehte Harry sich zu mir um. Verwirrt schaute er mich an kam jedoch dann auf mich zu.
"Ich hab dich gar nicht bemerkt."

"Ich bin eben gut im verstecken.", sagte ich ein wenig lachend. "Was denkst du macht er da? "

"Ich weiß es nicht Harry. Ich habe dich gesehen und bin dir gefolgt, wie auch ihm. " Ich nickte in Richtung des Raumes. "Wir werden das noch heraus finden. Er verbringt jeden falls manchmal Stunden dort drin. "

"Ach wirklich? Wie lange beobachtest du ihn denn schon?", fragte ich ein wenig nervös. "Schon eine ganze Weile." Er schaute zum Raum der Wünsche."Kommst du wieder mit runter? "
"Ich? Nein, geh du Mal, ich warte, ob er nicht doch gleich wieder raus kommt. "

"Sagst du mir dann bescheid? "

"Natürlich, Harry. " Harry ging die Treppen hinunter, doch ich wartete noch eine ganze Weile draußen. Harry könnte noch immer auf seine Karte blicken und sehen, dass auch ich auf der Karte verschwand. Nach einer Ewigkeit ging ich los und trat zur Tür hinein, die erschien.

"Harmonia Nectere Passus" , hörte ich Dracos Stimme von hinten. Schnell versuchte ich durch die mich herum gestellten Möbel zu gelangen. Als ich bei ihm war, hielt Draco einen seiner grünen Äpfel in der Hand. An der Situation war etwas merkwürdiges. Draco betrachtete den Apfel voller Trauer und Reue. "Draco?"
Er drehte sich zu mir um, und ich sah die Tränen in seinen Augen. "Er hat in den Apfel gebissen. Das Kabinett... es.." Doch weiter sprach er nicht. Die Tränen liefen ihm nun über die Wangen und ich verstand ihn auch so. Das Verschwindekabinett hatte funktioniert. Ich lief auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Er fing nun an zu schluchzen. Immer heftiger zitterte er und bebte förmlich. "Ich will das nicht Grace. Ich kann nicht. Ich will nicht zu ihnen gehören. Ich.."
Behutsam strich ihm über den Rücken. Auch mir liefen nun die Tränen über die Wange. Wenn ich ihn so reden hörte, so weinen sah, dann brach es mir das Herz. "Grace, ich will nicht zu einem noch schlechteren Menschen werden." Mit diesen Worten hatte ich nicht gerechnet, doch es schmertzte so sehr, die Worte aus seinem Mund zu hören. Ich musste etwas tun. Ich musste nicht nur ihm, sondern auch mir neue Kraft schenken. Vor mir erschienen meine Eltern, selbst Dumbledore und sofort wusste ich, was ich sagen sollte.

"Hör mir jetzt ganz genau zu. " Ich stieß ihn sachte von mir weg, sodass sich unsere Blicken kreutzten. "Die Welt ist nicht in gute Menschen und Todesser aufteilt. Du und ich, wir sind keine schlechten Menschen. Wir, und vor allem du, kannst großartiges vollbringen. Mit Licht und Dunkelheit vereint. Was wirklich zählt, ist auf welcher Seite man steht. Für was sein Herz schlägt, verstehst du? Ich liebe dich genau so wie du bist, und du solltest lernen auch dich selbst zu lieben." Er nickte schwach. Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen, küsste ihn und drückte ihn ganz fest an mich. Nie wieder sollte er von solchen Gedanken geplagt werden.

𝖂𝖆𝖗 𝖔𝖋 𝖍𝖊𝖆𝖗𝖙𝖘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt