Mr. Superarm

376 28 13
                                    

"Hier drüben, Superarm!"

"Hilf mir hier mal, Muskelmann!"

"Hey Metalltyp, das da muss nach da drüben!"

So geht es schon den ganzen. Verdammten. Tag. Und die Namen werden immer schlimmer. Vorhin hat mich jemand sogar "Sexy Blechbüchse" genannt. Daraufhinn habe ich mich sofort ins Innere des Bootes verkrochen, um den neuen Motor zu fixieren. Und genau das tue ich jetzt immernoch, weil ich keine Ahnung von Booten habe und im Grunde die Hälfte der Zeit aufwende, um vorangegangene Fehler zu berichtigen.

"Hey Buck, Sarah holt gerade für alle Getränke, was möchtest du?"

Sam späht zu mir hinunter. Ich runzle die Stirn.

"Ist mir egal, so ziemlich alles wäre jetzt ein Segen."

Ich schraube energisch weiter herum. Selbst ich muss für diesen verdammten Motor all meine Kräfte aufwenden. Ich bemerke, dass Sam immer noch in der Tür steht und leicht abwesend auf meinen Bizeps starrt. Ich dachte der Metallarm ist ihm inzwischen egal?

"Ist noch was?" frage ich verunsichert. Er reißt seinen Blick von meinem Arm los und sagt nur "Nein, passt alles!" Er rennt geradezu von der Tür weg.

Ich entscheide mich, jetzt eine Pause einzulegen und verlasse einige Minuten nach Sam das Boot. Inzwischen ist auch Sarah mit den Getränken da.

"Na, B, wie läufts mit dem Motor?"

Gernervt verdehe ich die Augen, was ihr ein ehrliches Lachen entlockt.

"So schlimm also? Hast du Sam schonmal um Hilfe gebeten?"

"Naja, als wir das letzte Mal geredet haben ist er mehr oder weniger vor mir geflüchtet. "

"Tja, du kannst auch sehr einschüchternd sein."

Sarah grinst verschmitzt in sich hinein.

"Aber ich bin mir sicher, es hat nichts damit zu tun, dass er Angst vor dir hat, B. Frag ihn nach der Pause doch einmal mal richtig. "

Sie zwinkert mir zu und dreht sich um um mit Carlos und einigen anderen weiter die Netze zu flicken. Verwirrt von dieser seltsamen Unterhaltung greife ich mir einen Orangensaft und beginne nachdenklich ein paar Schlucke zu nehmen. Wenn sie nicht denkt, dass er Angst vor mir hat, was denkt sie denn dann, wie ich Sam einschüchtere?

Ich lasse meinen Blick über den Dock gleiten und finde was ich suche. Sam sitzt an einem geschlossenen Verkaufsstand auf einer Kiste und redet gerade wild gestikulierend mit seinen Neffen. Bei dem Anblick muss ich grinsen, verstecke mein Lächeln aber hinter der Flasche. Ich entschließe mich, zu ihnen dazuzustoßen.

"... und dann ist Zemo auf die Container geklettert, hat diese Schurken von hinter überrascht und-"

"POW!"

Sie schrecken alle entgeistert auf. Sam fällt fast von seiner Kiste. Und ich - ich lache mich einfach nur schlapp.

"Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen, Sam! Einfach köstlich."

"Ich hasse dich, du Idiot"

Aber er kann sich sein Grinsen nicht verkneifen.

"Mr. Superarm?"

Oje, Sams Neffen haben also diesen Spitznamen aufgeschnappt. Ich sehe sie erwartungsvoll an.

"Hm?"

"Onkel Sam sagt, du bleibst vielleicht über Nacht hier, kannst du uns dann vielleicht eine Gute-Nachtgeschichte erzählen? Seine sind voll langweilig."

AJ deutet anklagend auf Sam. Dieser vermeidet es tunlichst mich anzusehen und wirkt fast... als würde er erröten?

"Ach ja, hat er das gesagt? Dass ich vielleicht übernachte?"

Sie nicken eifrig, Sam findet das "GESCHLOSSEN" Schild des kleinen Verkaufsstands anscheinend gerade wahnsinnig interessant. Da ist irgendwie... süß. Mein Lächeln vertieft sich.

"Nun, wenn Onkel Sam das gesagt hat, dann wird das wohl stimmen! Überlegt euch doch bis dahin mal, was für eine Geschichte ihr gerne hören möchtet."

"Jeeey!"

Sie rennen glücklich plappernd gemeinsam davon während ich ihnen hinterher salutiere. Dann drehe ich mich langsam zu Sam um.

"Hey."

"Hey."

"Ich darf also bei dir übernachten?"

Ich ziehe leicht eine Augenbraue hoch und Sam wirkt schon wieder peinlich berührt und er sagt schnell: "Wir haben eine Couch!"

"Ach was du nicht sagst."

Wieso macht mir das gerade so viel Spaß? Er sieht inzwischen fast krank aus, so unangenehm scheint ihm das zu sein. Ich lasse mich erbarmen.

"Sarah meinte du könntest mir mit der Installation des Motors helfen?"

Jetzt sieht er endlich auf.

"Oh, na klar! Wieweit bist du denn schon gekommen?"

Ich fasse ihm knapp zusammen, woran ich die letzten zwei Stunden gearbeitet habe und je länger ich berichte, desto heftiger muss er lachen.

"Heilige Scheiße, Buck, du hast echt keine Ahnung von Motoren oder?"

Seine Augen beginnen schon zu Tränen. Beleidigt verschränke ich die Arme vor der Brust.

"Ich versuche doch nur zu helfen!"

"Ja schon gut, das kriegen wir wieder hin."

Er versucht seine Stimme im Zaum zu halten, scheitert aber erbärmlich. Und dass er sich dabei die Lachtränen aus den Augen wischt, hilft auch nicht wirklich.

"Okay Buck, ich gebe dir jetzt eine Liste mit Werkzeugen, die wir brauchen werden und die holst du von Carlos, in Ordnung? Ich sehe mir schonmal dein Chaos im Maschinenraum an."

Ich nicke ergeben und mache mich sobald die Liste fertig ist auf den Weg. Als ich im Maschinenraum ankomme, ist Sam schon mit dem Schraubenschlüssel beschäftigt, den ich habe liegen lassen. Er entfernt meine Schrauben wieder! Oh Mann.

"Hi, Buck, danke fürs Holen! Sieht ganz so aus, als bräuchte ich auch mal deine Kraft. Komm hier rüber, du musst den Motor für mich ein wenig anheben."

Sam deutet auf die Seite des Motors, die ihm gegenüber liegt. Der Maschinenraum des kleinen Boots ist ziemlich eng und da der Motor auf einer Seite an der Wand steht, muss ich mich direkt hinter Sam vorbeiquetschen, unsere Körper berühren sich fast. Im Vorbeigehen schnappe ich seinen Duft auf und kann nicht anders, als tief einzuatmen. Sam scheint dies bemerkt zu haben und dreht sich langsam zu mir um.

Mein Atem stockt. Sein Gesicht ist dicht vor meinem und ich spüre seinen Atem. So nah sind sich Kollegen nicht. Nicht mal Freunde. Ich sehe ihm ihn die schönen dunklen Augen und bemerke wie sein Blick langsam tiefer gleitet, zu meinen Lippen.

Doch so schnell wie der Moment gekommen war, war er auch wieder vorbei. Sam dreht sich wieder um und räuspert sich. Ich gehe schnell zur anderen Seite des Motors und begebe mich in Position.

"Okay Buck, anheben in 3, 2, ..."

Winterfalcon - wie du mir; so ich dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt