Kapitel 1 - Ein Platz im Ministerium

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Die dicken Metalltüren schlugen mit einem Ruck zusammen, der Boden unter ihr erbebte kurz bis ein lautes „Pling" ertönte. Hermine Granger verließ den Aufzug, der sie zum ersten Stock des Zaubereiministeriums brachte, zügig. Sie griff ihre lederne Aktentasche etwas fester, ihre Absätze klackerten laut im leeren Flur. Zielstrebig schob sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und eilte zum hinteren Konferenzraum der Rechtsabteilung. Drei Jahre arbeitete sie nun in dieser Abteilung - mit Herz und Seele. Sie war es, die für mehr Freiheiten für Frauen, Muggelstämmige und alle Minderheiten kämpfen durfte. Doch ob und in welcher Form eine Gesetzesänderung verabschiedet wurde, das beschloss sie nicht alleine. Bei dem Gedanken an ihre Kollegen runzelte sie die Stirn. Sie war so entschlossen davon das Richtige zu tun und doch gab es Zauberer, die weiter an diesem veralteten Bild und ihren „Traditionen" festhalten mussten. Die Wut kochte schon bei dem Gedanken daran wieder hoch. Sie presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf - ‚nein, Hermine, jetzt nicht'. Bevor sie den Raum betrat, stricht sie noch einmal über ihren beigen Blazer und richtete einen Knopf. ‚Auf in den Kampf', flüsterte sie und trat näher. Sie stand vor einer großen hölzernen Tür mit Eisengriff. „Lex regit". Hermine sprach laut und bestimmt. Die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarren des alten Holzes und der verrosteten Scharniere. Der Innenraum war laut und belegt, ganz anders als der einsame Flur, der sie dort hingeführt hatte. Langsam trat sie ein - sie war spät, für ihr Verständnis von Pünktlichkeit, aber doch noch rechtzeitig angekommen. Eine langer, massiver Tisch erstreckte sich über den kompletten, schlauchförmigen Raum und zahlreiche Stühle umzingelten ihn. Hektisch bewegte sie sich durch das Gedränge, die einzelnen Gespräche drangen zu ihr in einem einzigen Lärm durch. Fast alle Stühle waren besetzt und da im Ministerium keine feste Sitzordnung herrschte - ‚oh, wie ich wünschte, es gäbe eine' - musste sich Hermine mit dem zufrieden geben, was sie bekam. Zwar erforderte das Ministerium eine gewisse Neutralität, doch war eine starke Gruppenbildung der verschiedenen Oppositionen doch nicht abzustreiten. So ließ sie sich, mit einem möglichst professionellen Gesichtsausdruck, gedanklich aber doch etwas widerwillig, neben jenen Kollegen nieder, die sie doch so gerne verspotteten. Auch, wenn der Krieg ein großes gesellschaftliches Umdenken bewirkte, so waren viele Zauberer doch wie sie eben waren: ‚Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht'. Traditionen waren, besonders für die doch so stolzen reinblütigen Zauberfamilien, ein wichtiger Teil ihrer Existenz. Hermine war es kein Anliegen, alte Traditionen und Bräuche zu vergessen (Omas Kürbiskuchen-Rezept tut ja auch keinem weh), doch sie setze sich stark für Menschenrecht ein. Immerhin hatte sie am eigenen Leibe erlebt, was der Hass der Reinblüterfamilien bewirken kann. Und da standen gewisse „Traditionen" dann doch etwas im Wege. Sie konnte sich nicht beklagen, viele Zauberer wurden bereits zum Umdenken bewegt - wie hätte sie sonst auch diese Stelle bekommen können? - aber nun sollten auch die letzten Zauberer dieser Art begreifen, warum sie falsch liegen. „Hey, Granger, rettest du heute wieder die Umwelt?", schallte es bereits aus der Ecke neben ihr. Genervt verdrehte sie die Augen. ‚Ignorier es einfach, Hermine, er will dich nur provozieren'. „Der war gut, Marty", sagte sein Kollege amüsiert und schlug ihr auf die Schulter. „Ist doch nur Spaß, Kleine, aber reißen kannst du damit doch nichts." „Danke, Mr. Langdon, aber ich weiß, wofür und warum ich kämpfe und wie relevant diese Themen für unser weiteres Bestehen sind". Die Männer brachen in Gelächter aus. ‚Was erwartest du von Menschen, die während eines beruflichen Meetings Papierkügelchen durch die Gegend werfen, Hermine?', fragte sie sich selbst. Sie atmete tief durch und blendete das kindliche Gehabe hinter ihr aus. Ihr Blick fiel zur Tagesagenda,  ihre Gedanken schweiften aber wieder ab als plötzlich neben ihr eine Stimme ertönte: „Relevanz? Für unser Bestehen? Meinen Sie nicht, Miss Granger, dass das eher etwas... pedantisch ist?" Sie zuckte zusammen, als sie den blonden Mann neben ihr erblickte. Er war ihr zuvor gar nicht aufgefallen. „Nein, Mr. Malfoy, meine ich nicht.", antwortete sie bestimmt. Lucius Malfoy erhob entzückt einen Mundwinkel. „Ich denke, dass doch wohl das Vererben unseres Blutes, unserer Fähigkeit der Magie, das ist, was unsere Existenz am Ende sichert. Meinen Sie nicht auch?", entgegnete er mit einem Glänzen in den Augen. Natürlich spielte er auf ihre Herkunft an - ihre Eltern waren Muggel. Er verachtete sie. Hermine versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. Sie zwang sich, den Blick wieder auf die Agenda zu richten. Sie kramte ihr Notizbuch hervor und rollte ihre Schreibfeder nervös zwischen den Fingern. Ein Moment verging im Schweigen. „Ich habe Sie hoffentlich nicht gekränkt. Ich bewundere ihre... Passion". ‚Oh, der alte Schleimer.', dachte sie sich, ‚wortgewandt und grazil. Wie könnte man ihm böse sein'. In der Tat war Lucius Malfoy ihr ein Dorn im Auge. Nicht nur seine Vergangenheit belastete sie, sondern auch seine Existenz im Ministerium. Er hatte für seine Taten büßen müssen, doch fand Vergebung. Sie konnte es nicht verstehen, aber es lag nicht in ihrer Macht, das zu bestimmen. ‚Lex regit', flüsterte sie wiederholt, ‚das Gesetz regiert'. Ihre Gedanken wurden durch ein lautes Klingeln durchbrochen - das Meeting sollte beginnen. Nun blickte sie zum dritten Mal auf die Agenda, sichtete aber das erste Mal wirklich, was der Tagesplan vorgab. Das übliche Prozedere.

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