Kapitel 9
Luana trat auf Ragnar zu und griff ihn an die Schultern, um ihn leicht zu schütteln. "Was war das?", fragte sie mit schriller Stimme, denn sie war völlig verstört. "War das Seydon?", fragte sie fast atemlos. Sie wusste einfach nicht, was sie damit anfangen sollte. Was, wenn das wirklich Seydon gewesen war? Dann hatte man ihn entführt und von ihrem Planeten geschafft. Über ein Portal, das angeblich kaputt war.
Ragnar machte beruhigende Geräusche und legte eine Hand auf ihre. Er schien sich an ihrem kleinen Ausbruch nicht zu stören. "Das waren Auraspuren", erklärte er mit ruhiger Stimme. "Ich kann sie sichtbar machen. Ob es dein Bruder war, weiß ich leider nicht", entschuldigte er sich, während er ihre Hand streichelte.
Luana versuchte, Luft zu bekommen und sich zu beruhigen. Sie ließ sich am Boden nieder, weil sie keine Ahnung hatte, wie sie damit umgehen sollte. Was brachten ihr diese neuen Informationen? War Seydon entführt worden?
Sollte sie vielleicht zu Beron und ihn darauf hinweisen? Würde er ihr zuhören und glauben? Wahrscheinlich nicht.
Luana fuhr sich durch ihre blonden, völlig zerzausten Haare. Sie hatte diese nicht wieder gerichtet, seitdem sie geübt hatten. Es war ihr auch völlig egal.
"Wir könnten das Portal beobachten", schlug Ragnar vor, während er sie musternd anblickte.
"Denkst du, dass wir nicht bemerkt werden?", fragte Luana zögerlich. Sie wollte nicht, dass ihr Bruder etwas davon bemerkte.
Ragnar grinste, bevor er seine Hand bewegte. Luana traute ihren Augen nicht, denn er verschwand einfach. Als hätte er eine Art Schild vor sich aufgebaut, das die Umgebung darstellte.
Neugierig schnupperte sie in der Luft, doch auch sein Geruch war weg. Das was faszinierend und unglaublich gefährlich. "Was machst du?", fragte sie wissbegierig. Sie wollte unbedingt wissen, was Ragnar alles konnte und ob sie es lernen konnte.
"Ich nutze den Wind, um meinen Geruch nicht ausdringen zu lassen, während ich mit diesem ein Schild erschaffe, das die Illusion der Umgebung aufrechterhält", erklärte er. "Nur wirklich magisch versierte Wesen können diese Zauber bemerken", sagte er, während er wieder sichtbar wurde.
"Denkst du, ich kann das lernen?", wollte sie unschlüssig wissen.
Ragnar legte den Kopf leicht schief. "Ich denke schon, aber du bis noch nicht weit genug, um es in nächster Zeit zu können. Allerdings kann ich uns beide verstecken. Du musst es also nicht können."
Seine Worte ließen sie strahlen. Es war ihr egal, dass sie noch nicht bereit war, aber die Aussicht es irgendwann zu lernen, gefiel ihr gut. Damit hätte sie einen sehr großen Vorteil. So könnte sie in andere Rudel eindringen, ohne gesehen zu werden.
"Du würdest mir wirklich helfen, das Portal zu beobachten?", fragte sie zögerlich. Sie verstand nicht ganz, warum er das tun sollte. Gleichzeitig war sie froh über seine Hilfe, denn allein würde es ihr nicht gelingen.
Ragnar zuckte die Schultern. "Du hast mich behandelt. Warum sollte ich dir nicht helfen?", wollte er wissen und grinste. "Zudem mag ich dich irgendwie."
Luana konnte nicht verhindern, dass sie leicht rot wurde. Noch nie hatte ihr jemand gesagt, dass er sie mochte. Das war neu und weckte Gefühle in ihr, die sie nicht kannte.
Ihr Herz klopfte auf eine Art und Weise, die sie etwas nervös machte. Was genau war los mit ihr?
Um sich nicht mehr ihren Gefühlen widmen zu müssen, wechselte sie das Thema: "Können wir auch irgendwie verschleiern, dass wir hier waren?", fragte sie unsicher. Sie wollte nicht, dass ihr Bruder etwas davon erfuhr.
"Klar, kein Problem. Da ihr nur nach dem Geruch geht, kann ich diesen so zerstreuen, dass er nicht mehr so leicht zu wittern ist", erklärte Ragnar, für dem dies scheinbar sehr leicht war.
Er musste ein sehr bekannter und guter Magier sein. Luana glaubte, dass er vielleicht sogar eine Ausbildung gemacht hatte. Wieso sonst wusste er so viel über diese Art der Magie und hatte eigentlich immer einen passenden Zauber?
Wie alt war er eigentlich?
Luana rang sichtlich nach Worten. "Was ... was machen wir jetzt?", fragte sie, da sie etwas überfordert war. Weniger mit der Situation, aber mit Ragnars Hilfsbereitschaft.
Der Braunhaarige sah sie an und hob eine Augenbraue. "Verstecken und warten?", schlug er vor, wobei er klang, als hätte er eher von ihr erwartet, dass sie ihm sagte, was er tun sollte.
Langsam nickte Luana. Das war eine gute Idee. "Dann machen wir das", flüsterte sie verschwörerisch.
Ragnar grinste und deutete ihr an, ihm zu folgen.
Gemeinsam entfernten sie sich etwas von dem Portalplatz, blieben aber in der Nähe. So konnten sie ihn direkt beobachten, würden aber wahrscheinlich nicht im Weg stehen.
"Kommen hier eure Leute vorbei?", wollte Ragnar wissen, während er sich an einem Baum niederließ.
"Nicht unbedingt. Der Platz liegt nicht auf den offiziellen Routen", sagte sie, war aber noch unsicher, ob es gut war, ihm diese Dinge zu verraten.
Ragnar klopfte zu sich. "Setz dich zu mir, dann wirke ich den Zauber um uns", forderte er auf.
Luana ließ sich zu ihm nieder, bevor sie das Kribbeln spürte, das Zauber manchmal mit sich brachten. Obwohl sie nicht viel sehen konnte, hatte sie doch das Gefühl, dass sie unsichtbar wurden. Gleichzeitig wurde sie aber auch nervös.
Lange Zeit geschah nichts. Nur der Wind wehte durch die Baumkronen und die Tiere machten Geräusche, die sie ab und an aufschrecken ließ. Irgendwann gewöhnte sie sich aber auch daran und wurde müde. Ihr Kopf sackte auf Ragnars Schulter.
Sie musste wohl sogar eingeschlafen sein, denn Ragnars Flüstern zog sie aus ihrem Traum, der daraufhin komplett zerplatzte.
"Was ist?", murmelte sie verschlafen, bis sie sich wieder daran erinnerte, warum sie hier waren.
Es war tiefste Nacht, doch das störte Luana nicht. Der Mond war nicht voll, doch der leichte Schein reichte aus. Ihre Augen waren gut genug, um die Leute deutlich zu erkennen.
Sie betrachtete diese eingängig, doch sie konnte einfach nicht sagen, wer es war. Sie hatte die drei Männer noch nie gesehen. Dafür jedoch die Frau, die sie mit sich zogen. Sie war gefesselt und geknebelt. Mit Mühe versuchte die junge Frau, die Berons Annäherungen abgelehnt hatte, sich gegen die drei anderen zu wehren. Diese waren jedoch viel stärker.
Luana wollte sich erheben und auf die drei losstürmen, um Maria zu retten. Ragnar hielt sie jedoch zurück. "Sie sind viel stärker", zischte er ihr leise zu.
Obwohl Luana eine Erwiderung auf der Zunge lag, schwieg sie. Sie glaubte, dass Ragnar es durchaus mit ihnen aufnehmen konnte, doch vielleicht täuschte sie sich auch. Dennoch blieb der Wunsch, der sie noch immer zwang, vorzustürmen. Nur Ragnars Hand, die ihren Arm fest umschlungen hielt, hinderte sie daran.
Mühsam unterdrückte Luana ein Knurren, als sie sah, wie die drei Männer das Portal öffneten und schließlich mit Maria darin verschwanden. Der Stein, den sie dafür nutzten, blieb zurück, womit das Portal noch immer offen war.
Luanas Herz klopfte heftig. Das wäre ihre Gelegenheit. Sie sollte ihnen folgen!
"Wir nehmen den Stein, dann können sie nicht zurück und wir können hindurch, wann immer wir wollen", entschied Ragnar und Luana stimmte ihm widerwillig nickend zu. Sie wollte sofort hinterher, doch was dann?
Gemeinsam bewegten sie sich, ließen aber den Zauber nicht fallen. Sie kamen dem Portal näher, was dafür sorgte, dass Luana ein bekannter Geruch in die Nase stieg. Für einen Moment setzte ihr Herz aus. Warum war Berons Geruch an ihnen? Hatten sie etwas miteinander zu tun?
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Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)
Hombres LoboBEENDET Als die Werwölfin Luana im Dunkelwald einen fremden Mann findet, der ganz eindeutig nicht zu ihrem Rudel gehört, beginnt für sie eine Reise, die ihr einiges abverlangt. Sie deckt das Geheimnis ihres Rudels auf und alles, was sie kennt, brich...