Kapitel 12

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Kapitel 12

Luana hatte sich an Siennas Seite zusammengerollt und versuchte, mit dem, was geschehen war, klarzukommen. Die neuen Eindrücke hatten ihr geholfen die Dinge zu verdrängen, doch jetzt, wo sie einfach nur fuhren und nicht einmal viel sehen konnten, machte sie sich Gedanken.

Was hatte sich Beron nur dabei gedacht? Er hatte sie einfach verkauft. Ihr Herz schmerzte bei diesem Gedanken. Es war grausam, was er getan hatte und vermutlich hatte er das auch mit den anderen getan.

In den letzten Jahren waren immer wieder Wölfe aus den Rudeln verschwunden. Anfangs hatte man geglaubt, dass es Revierkämpfe waren und die anderen Rudel die Gefangenen einfach hingerichtet hatten. So wie es bei ihnen gewesen war.

Beron hatte die Gefangenen immer zu den Klippen gebracht und dort in die Tiefe gestoßen, wie es für ihr Rudel Brauch war, wenn die Gefangenen von ihrem Rudel nicht freigekauft wurden. Ihn hatten einige Wölfe begleitet, aber nicht alle und eigentlich auch nicht viele. Möglicherweise hatte Beron bereits diese verkauft, denn wenn sie so zurückblickte, dann hatte ihr Wohlstand erst nach dem ersten siegreichen Kampf gegen das Windfeldrudel begonnen.

Luana wurde aus ihren Gedanken gerissen, als es um sie herum lauter wurde. Sie löste ihren Blick vom Himmel und richtete diesen auf die Umgebung. Es schien, als würden sie sich einer Stadt nähern. Zumindest wurden die Leute um sie herum mehr.

Zuerst wollte Luana diese bitten ihnen zu helfen, doch da einige Menschen bereits hilfesuchend ihre Hände nach draußen steckten und dafür nur herablassende Blicke bekamen, ließ sie es bleiben. Was waren das nur für Wesen, die einfach so andere gefangennahmen und verkauften?

Luanas Herz klopfte heftiger, als sie ein großes Tor passierten. Es war von mehreren Wachen bewacht und wirkte irgendwie viel zu befestigt für eine Stadt. Allerdings hatte Luana auch keine Ahnung, wie eine Stadt eigentlich aussah. Sie kannte dennoch Stadtmauern. Davon hatte sie gelesen. Sie waren für den Schutz der Stadtbewohner. Als sie jedoch das Tor passiert hatten, bemerkte Luana, dass es hier keine wirklichen Häuser gab. Sie erkannte mehrere Barracken. Da lebte sogar ihr Rudel besser.

"Das sind die Sklavenquartiere", flüsterte Sienna. Diese Worte sorgten dafür, dass Luana sich fragte, ob Sienna damit schon Erfahrung hatte. War sie schon einmal hier? "Man wird uns dort einsperren und sobald morgen der Sklavenmarkt öffnet, werden wir den Käufern präsentiert", erklärte sie. Luana schauderte.

"Du warst schon einmal hier", bemerkte sie atemlos.

Siennas Lächeln war traurig. "Ja, ich bin schon mehrmals verkauft worden", gestand sie zögerlich. "Bisher gelang es mir immer zu fliehen. Daher auch das Halsband."

Luana wusste nicht genau warum, doch sie hatte das Bedürfnis Sienna zu umarmen. Sie dachte auch nicht lange darüber nach, sondern nahm sie in den Arm. "Das tut mir leid", flüsterte sie. Man sah es der Frau nur körperlich an, doch geistig schien sie noch nicht gebrochen. Sie wirkte sehr gefestigt. Vielleicht täuschte sich Luana da aber auch.

Zögerlich erwiderte Sienna die Umarmung.

"Bitte pass auf dich auf und tue nichts, was dich in Gefahr bringt", flüsterte Sienna. "Am besten du gehorchst, bis dein Meister dir vertrauen kann", fügte sie leise hinzu. Erst dann löste sich Sienna von ihr.

Luana entschied ihrem Rat zu folgen. Sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukommen würde. Sie war noch nie eine Sklavin gewesen und hatte demzufolge auch keine Erfahrung damit. Allerdings entschied sie sich, so schnell wie möglich zu fliehen. Sie musste ihr Rudel retten. Wer wusste schon, wen Beron noch alles verkaufte!

Schließlich hielt die Kutsche und der Mann mit den vielen Narben im Gesicht öffnete die schwere Eisengittertür. Statt etwas zu sagen griff er nach der ersten Frau in seiner Reichweite und zog sie grob nach draußen.

Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt