Jisung.
»Aber sag mal, Chan... was für einen Ruf haben Minho und Changbin auf dieser Schule?«
Es war bereits einige Zeit nach der ersten Pause vergangen und ich saß wieder im Klassenraum und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren, dies jedoch gelang mir eher weniger, da meine Interesse und Neugier bei ganz anderen Dingen war –wohl eher anderen Personen.
Chan neben mir schwankte ab und zu mit seinem Kopf zu mir, um mir flüsternd meine Fragen zu beantworten, doch nun kicherte er vor sich hin. »Nun ja... wie soll ich das am besten für dich zusammenfassen?«, er lehnte sich ausatmend an die Stuhllehne, seinen Kopf in den Nacken geworfen. Ich musterte ihn bloß abwartend.
Plötzlich stieß er sich wieder von der Lehne, stützte sich nun auf den Tisch und hatte seinen Kopf zu mir gedreht. Voller Elan begann er zu sprechen: »Es ist schon fast unvorstellbar! Beinahe wie in einer dieser Teenie-Klassiker, welche man einfach aus Prinzip immer mal wieder schaute, weil man nichts besseres fand.«, er legte eine kurze Pause ein und sprach dann weiter. »Minho, der ist nämlich der beliebte Schüler, für den jedes Mädchen nur so schwärmt. Er wird von ihnen behandelt, wie ein Gott, dem man nichts verbieten, noch ausschlagen konnte, und genau das nutzt er tadellos aus.«
Ich lauschte Chans Worten, versuchte ihm zu folgen so gut es ging; wünschte seine Worte wären bloß von ihm dramatisch dargestellt, doch musste mich schon selbst von etwas anderem überzeugen.
»Minho tut was er will und das heißt oftmals nicht einmal was gutes. Oft spielt er bloß mit den Mädchen, verarscht sie und bricht ihre Herzen, weil es ihm Spaß bereitet. Und eine Beziehung... die hatte er auch noch nicht. Zumindest keine richtige.«, bei den letzten Worten schmunzelte mein Nachbar plötzlich. »Wundert mich nicht bei seinen narzisstischen Verhaltensweisen.«
Somit beendete Chan seinen kleinen Vortrag und fing an weiter von der Tafel abzuschreiben, welche ich schon komplett ausgeblendet hatte. Diese Informationen waren eine Menge zum einstecken, doch nachvollziehen konnte ich sie schnell, schließlich sah ich einige Bruchstücke bereits mit eigenen Augen.
»Verstehe.«, gab ich nur trocken als Antwort, Chan nickte darauf bloß und für eine Weile schrieben wir einfach nur still vor uns hin, doch es dauerte nicht lange, da kam mir eine andere Frage in den Kopf, welche Chan noch nicht beantwortet hatte.
»...Und was ist mit Changbin?«, ich versuchte sehr leise zu sprechen, denn langsam fing Herr Lee an mich skeptisch zu mustern.
Bei dem Namen sah ich Chan auf einmal komisch zusammenzucken, als hätte ich etwas unangenehmes erwähnt. Ich dachte mir jedoch nicht viel dabei; ich wusste zu dem Zeitpunkt noch viel zu wenig.
»Er... Changbin ist erst seit einem Jahr mit Minho befreundet.«
Meine Augenbrauen fuhren verwirrt hoch. Der Lockenkopf war plötzlich so kalt und sagte nicht einmal mehr als einen Satz. Anschauen tat er mich ebenso nicht, er drückte bloß den Bleistift in seiner Hand, dass seine Fingerspitzen etwas roter wurden.
»Wie meinst du das? Sie waren nicht von Anfang an beste Freunde?«, hakte ich weiter nach, was ich im nächsten Moment bereute.
»Es ist kompliziert, okay? Am Ende weiß ich auch nicht die Details... ich bin bloß Nebenakteur in ihrer Geschichte.«, seine Stimme war mit einem genervten Ton unterlegt, der sich aber schnell wieder legte, als er seufzend zu mir blickte und sich ein leichtes Lächeln aufzwang. »Es ist besser, wenn wir uns erstmal auf den Unterricht konzentrieren. Wir werden noch eine bessere Gelegenheit zum sprechen finden.«
Damit drehte er sich wieder nach vorne, jedoch signalisierte er mir diesmal auch mit seiner ganzen Körpersprache, dass er das Gespräch für beendet hielt, weshalb ich es dabei beließ.
Dabei hätte ich schon gerne mehr erfahren, denn es war mehr als nur auffällig, dass Chan mehr wusste als er preisgab.
Jedoch, je länger ich schwieg und die Informationen, die Chan mir gegeben hatte, verinnerlichte, desto mehr begann ich Schuldgefühle zu bekommen. Schließlich konnte man deutlich aus Chans Erzählung deuten, dass er kein großer Fan der beiden Jungs war, doch da erinnerte ich mich noch nicht daran, dass ich nicht viel besser in meiner Vergangenheit gewesen war. Auf meiner vorherigen Schule war ich kein Stück besser gewesen.
Ich versuchte diese Gedanken schnell wieder abzuwimmeln.
»Denke, ich weiß wem ich demnächst aus dem Weg gehen sollte.«, versuchte ich, mit einem unehrlichen Schmunzeln, während ich leicht gegen Chans Schulter stupste, die Stimmung wieder etwas zu lockern. Darauf blickte er wieder etwas entspannter zu mir rüber und erwiderte: »Ich denke, dass ist keine so schlechte Idee.«
Ich lächelte und wollte wieder zum sprechen ansetzen, als mich plötzlich Herr Lee wütend unterbrach.
»Ich weiß, es ist dein erster Tag hier und alles ist ziemlich gewöhnungsbedürftig, aber ich dulde keine Störungen des Unterrichts. Also wenn ihr beide nun leise sein könntet, meine Herren?«, er musterte Chan und mich mit hochgezogener Augenbraue, fügte seiner Aussage ein »Mhm?!« hinzu, was seine Autorität verdeutlichte.
Darauf antworteten der Lockenkopf und ich bloß mit einem beschämenden »Entschuldigung«, was die Klasse leicht kichern ließ.
Doch als wollte er mich besonders dumm fühlen lassen, hörte ich Minho mit seinem Kumpel aus den hinteren Reihen noch lauter lachen als alle anderen im Raum – Und natürlich, dagegen machte niemand irgendwas.
Mein Blick wanderte wie automatisch nach hinten und da sah ich ihn provokant mit seinen Augenbrauen wackeln; ein Grinsen über seiner ganzen Visage und seine Schadenfreude in sein Gesicht geschrieben.
Darauf verzog ich angewidert und völlig genervt mein Gesicht, ehe mein Blick wieder nach vorne huschte. Doch selbst wenn ich es lassen wollte, um ihm diesen Triumph nicht zu schenken, musste ich ihn dennoch aus dem Augenwinkel beobachten. Ich konnte nicht anders als dieses blöde Spielchen mitzuspielen.
»Was grinst der denn so behämmert?«, murmelte ich fast tonlos vor mich hin und begann nervös wirres Zeug auf meinen Block zu kritzeln.
Schien als hätte Minho dieses Mal gewonnen.
—
𝟗
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1 MONTH ・ minsung
Fanfic➠ Eine Wette, eine Aufgabe und genau ein einziger Monat; das war es anfangs für den berüchtigten Minho gewesen, den beliebtesten Jungen der Schule und der Schwarm aller Mädchen, die ihm nur so zu Füßen lagen. Doch woher sollte dieser schon wissen...