Eine wahre Geschichte?

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Es war Freitag Abend und im Gruppenraum auf der Couch saß Lucian mit der Frau, die sich als Senna vorgestellt hatte. Außer den beiden und mir war niemand im Zimmer zu sehen oder zu hören, außer dieser Hobbit-Typ aus Herr der Ringe, der im Fernseher vor sich hin redete. Wie hieß der nochmal? Ich glaube Frodo, ach ist auch egal.

Freudig sprang ich durch den Raum zu den beiden, warf mich auf die Couch und grinste beide an. "Also du bist Senna, hm?" Während ich das sagte konnte ich nicht anders als den Blick zwischen den beiden hin und her wechseln zu lassen. Das ganze war mir so suspekt, dass es schon wieder logisch war. Die Zahnräder ratterterten in meinem Kopf, als Lucian mit einem Seufzen zu Senna sah, die ihm nur leicht zunickte.

"Ja, das ist meine Frau Senna." Es herrschte kurze Stille und ich musterte Senna. Sie hatte leere grüne Augen und irgendwas an ihr wirkte surreal, nicht echt. Nicht wie bei anderen. "Das was ich erzählt habe... Dass meine Frau verstorben und auferstanden ist... Das ist wahr." Mir fiel die Kinnlade runter. "Warte... WAS?"

Senna kam zu Wort und nahm Lucians Hand in ihre. "Wir kämpfen gegen Schattengeister und dabei ist es passiert... Ich wurde von einem Geist namens Thresh getötet... Allerdings kam meine Seele wieder frei und fand den Weg in meinen Körper zurück." Sie schluckte schwer und Tränen traten in ihre Augen. Ich konnte ihr ansehen wie hart es für sie sein musste einer Fremden davon zu erzählen, also schenkte ich ihr kurz einen mitfühlenden Blick, bis sie sich gefasst hatte.

"Das ist einige Jahre her", murmelte Lucian und sah betreten auf den Boden. "Ich hab vor geraumer Zeit Shen kennengelernt, und als er meine Geschichte hörte glaubte er nicht und ließ mich zwangseinweisen mit der Aussage, ich hätte eine Psychose die mich selbst und andere in Gefahr bringen könnte." Ungläubig starrte ich ihn an, dann zu Senna. "Aber... Da sitzt der lebende Beweis!" Lucian schüttelte leicht den Kopf. "Wir haben schonmal versucht sie zu überzeugen, aber ich kann und will Senna das nicht antun." Er legte seine verbliebene Hand auf Sennas und seine verschränkten Hände. "Am Ende würde sie auch noch eingewiesen werden. Das will ich ihr nicht antun." Sennas Augen waren mit Tränen gefüllt und sie wandt den Blick ab.

Akali kam um die Ecke und sah uns drei auf der Couch, trat zu uns und murmelte leise: "Die Besuchszeit ist um." Senna nickte stumm, stand auf und löste ihre Hand aus Lucians. "Es tut mir Leid", wisperte sie so leise, dass nur Lucian und ich sie hören konnten, küsste Lucian sanft auf die Stirn und verließ gemeinsam mit Akali den Raum.

"Scheiße...", murmelte ich und ließ mich in die Couch sinken. Lucian nickte leicht, stellte den Fernseher aus und stützte seinen Kopf in seine Hände. "Ob du's glaubst oder nicht... Mit der Zeit lernt man mit jeder Scheiße zu leben. Mit jeder." Ich schluckte laut und starrte ihn an. Was meinte er damit? Ich konnte mir nicht vorstellen je jemanden wirklich zu mögen, geschweige denn für diese Person viele Lügen und viel Last auf mich zu nehmen. In diesem Moment bewunderte ich ihn, wirklich! So komisch wie die ganze Geschichte auch war, so stark musste er doch sein das alles mitzumachen und nicht auf zu geben.

"Interessant", hörte ich eine tiefe Stimme. Schnell drehte ich mich um und sah diesen komischen Masken-Typ im Türrahmen stehen, genau wie bei seiner Ankunft. Arroganter Dreckskerl! "Oh, es spricht", gab ich zurück und sah ihn giftig an. Er lachte nur amüsiert. "Es, ja? Ich wär an deiner Stelle vorsichtig." Wie konnte man nur so verdammt eingebildet sein? Genervt stapfte ich auf ihn zu und deutete an, ihn zu treten. Er verzog keine Miene.

"An deiner Stelle wäre ich auch vorsichtig", grummelte ich und sah ihn direkt an. Durch seine Maske konnte ich seinen Blick nicht deuten, allerdings wirkte er auf mich deutlich ruhiger als ich je zuvor in meinem Leben war. Aber wann war ich auch mal ruhig und ausgeglichen... Jedenfalls stand er schweigend weiter da, sagte kein Wort, rührte sich nicht. "Ich eh... lass euch mal allein", hörte ich Lucian leise hinter mir murmeln, dann Schritte, schon war er an uns vorbei und weg. Verdammt, über das ganze Theater mit diesem Ekelpaket hatte ich Lucian total vergessen...

Jinx - In Scherben gespaltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt