°○ Leon ○°
Maria hatte noch viel geweint. Geschlafen hatte sie dann erst um drei. Und tat es noch.
Ich hatte hingegen die ganze Nacht über kein Auge zugetan. Nicht nur wegen der ganzen Geschichte gestern. Mir ging es auch so schon echt beschissen. Mein Kopf schien kurz vorm Platzen zu sein, mein Hals stand in Flammen und meine Nase wusste spätestens seit einigen Stunden überhaupt nicht mehr, ob sie jetzt verstopft sein oder laufen wollte.
Aber das Fieber war jetzt erst mal zurück gegangen - immerhin. Da hatte die kalte Dusche gerade eben gut bei geholfen.
Besser ich legte mich später noch mal bei Mehmet aufs Sofa, wenigstens für ein paar Stunden. Heute Abend würde ich dann Zuhause schlafen, dann könnte ich mich etwas um Minchen kümmern. Und aufpassen, dass ihr nichts passierte.
Es klopfte an der Tür, um einiges lauter, als notwendig wäre.
"Ja!", rief ich, beugte mich übers Waschbecken, spuckte die Zahnpasta aus und trank dann noch etwas Wasser nach. "Ich bin gleich soweit."
"Mach an da!", gab Luca zurück. "Ich muss pissen!"
"Ist mir doch egal!"
"Fick dich!" Ein Fausthieb gegen die Tür.
Ich verdrehte die Augen. Sollte er die Tür doch eintreten, wenn er unbedingt wollte, dachte ich, nahm mir ein Taschentuch von der Fensterbank und putzte mir die Nase.
Als ich kurz darauf das Jungsbadezimmer verließ, war Luca nirgends zu sehen.
War wahrscheinlich raus gegangen zum Pinkeln, überlegte ich, als mir im selben Moment eine Pfütze auffiel, direkt auf dem Boden vor der Tür. Und ich stand mitten drin.
Was für ein Wichser! Hätte mich wohl auch nicht wundern sollen, wenn er hier gleich hingekackt hätte!
Nur gut, dass ich schon meine Schuhe angezogen hatte!
Schnell stellte ich mich noch einmal kurz mit meinen Schuhen in die Dusche, um die Pisse von den Sohlen zu spülen. Dann nahm ich mir Lucas Zahnbürste vom Regal, tauchte sie ins Toilettenwasser und schrubbte damit noch etwas über die Innenseite der Schüssel, bevor ich sie schließlich wieder an ihrem Platz legte.
Das war schon ziemlich ekelig, aber ich bezweifelte, dass Luca von dieser Aktion überhaupt etwas mitkriegen würde. Das würde ja immerhin voraussetzen, dass er überhaupt mal irgendwas bemerkte.
Vor der Tür zu Marias Zimmer traf ich auf Susanne.
"Guten Morgen, Leon!" Sie lächelte.
"Guten Morgen!", begrüßte ich sie.
"Hast du gut geschlafen?"
"Wie ein Stein", log ich.
"Das ist doch gut." Sie nickte zu Marias Zimmertür. "Und was ist mit deiner Freundin? Schläft die noch?"
"Ich denk schon."
"Dann kannst du sie ja vielleicht mal wecken", meinte Susanne. "In einer halben Stunde haben wir es zehn und Maria muss noch duschen."
"Was ist denn um zehn?", fragte ich.
"Dann findet das Frühstück statt. Da nehmen Sonntags immer alle dran teil."
"Achso... Ja, ich guck mal, ob ich sie aus dem Bett bekomme", sagte ich, bezweifelte jedoch, dass ich das schaffen würde.
Gut, wenn es mir egal wäre, wie ich es anstellte, würde Maria schon innerhalb der nächsten fünfzehn Minuten aus dem Bett gekommen und frisch geduscht an ihrem Platz in der Küche sitzen. Aber so ein Arschloch war ich nicht.
Nicht so wie Richard.
Ich betrat das Zimmer, lief zum Bett und musterte Maria einen Moment. Wie friedlich sie aussah, wenn sie schlief. Eng zusammengekauert mit den Händen unter dem Kopf, die Decke zur Hälfte abgestrampelt.
"Süße?"
Ich setzte mich auf die Bettkante.
"Hey!", sagte ich leise, beugte mich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Guten Morgen!"
"Die hab ich ins Büro gelegt."
Scheinbar träumte sie noch, überlegte ich und begann ihr dann über den Kopf zu streicheln.
"Mach ich gleich...", murmelte Maria wieder. "Ja..." Sie seufzte. "Nach der Schule."
"Maria?", rief Susanne, deutlich lauter als ich. "Hast du gut geschlafen?"
Maria kniff die Augen zusammen.
"In ein paar Minuten gibt's Frühstück."
"Hmm..."
"Und vorher musst du noch duschen."
Nun gab Maria ein mürrisches Knurren von sich. "Heute geh ich nicht duschen."
"Natürlich gehst du duschen!"
"Nein!"
"Ab jetzt!", sagte Susanne, kam zum Bett, nahm dort erst die Decke herunter und zog Maria dann auch noch das Kopfkissen weg. "Vorher läuft hier gar nichts!"
"Lass mich!", jammerte Maria und rollte sich, soweit das überhaupt noch möglich war, noch enger auf der Matratze zusammen. "Ich bleibe heute im Bett!"
"Na gut." Susanne zuckte die Achseln. "Dann brauchst du das hier ja auch nicht", meinte sie und griff sich schnell Marias Handy vom Nachttisch.
"Was... Nein!", schimpfte Maria, die schien spätestens jetzt vollkommen wach zu sein. "Gib mir das wieder!"
Sie streckte dir Hand in Susannes Richtung aus, was komisch aussah - fast schon wie bei Twister - da sie zur selben Zeit immer noch als kleine Kugel zusammengerollt im Bett lag.
"Du kannst dir dein Handy später gerne wieder abholen."
"Aber ich-"
"Nachdem du geduscht, dich umgezogen und gefrühstückt hast", fiel die Betreuerin Maria ins Wort. "Also dann bis gleich!" Mit diesen Worten verließ Susanne das Zimmer.
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Vogelscheuche und Gürtelschnalle - Teil 2
Teen FictionEndlich hat Maria es offenbart. Das Geheimnis, welches so lange schon ihr Leben bestimmt. Jetzt ist alles anders. Aber ist es auch besser? *~~•~~* Fortsetzung von: Vogelscheuche und Gürtelschnalle, Teil 1: Offene Wunden *•~~• MARIA •~~•* Ich wollt...