wenn nötig, töte die autorin 𝘐𝘐

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Die acht Halbgötter haben es auch endlich mal geschafft, Platz zu nehmen. Während das grauäugige Mädchen und der Junge mit der Brille sich gerade hinsetzen, wirft sich das Mädchen mit dem geflochtenen Zopf elegant der Länge nach auf ein weiches Sofa. Die anderen lümmeln sich in die Sitzmöbel, ohne jegliche Scheu vor der Kamera. Der Junge mit der stilvoll gebundenen Krawatte gammelt kopfüber auf einem Sitzsack, mit den langen Fingern auf dem Boden heruntrommelnd.

Die Moderatorin räuspert sich. Da hat jemand das „Fühlt euch doch wie zu Hause" etwas zu ernst genommen, aber in einer Satire-TalkShow ist das in Ordnung. Nur ungewohnt, denn normalerweise sind die Gäste - zumindest zu Anfang - noch etwas steif. Aber die hier würden wahrscheinlich sogar mitten im Raum anfangen zu strippen, so wenig unwohl scheinen sie sich zu fühlen.

 Obwohl, besser nicht. Die Sendung sollte schließlich jugendfrei bleiben.

„Wenn wir jetzt alle sitzen, fangen wir doch bitte erstmal mit einer kleinen Vorstellungsrunde an. Unser Publikum weiß noch nicht, wer ihr seid." Sie lacht verlegen. „Und ich ehrlich gesagt auch nicht so wirklich."

Die Jugendlichen auf den Sesseln und Sofas wechseln Blicke. Scheinbar ohne zu sprechen haben sie eine Vereinbarung getroffen, wer zu sprechen beginnt. Das blonde Mädchen setzt an. 

Sie scheint der kluge Kopf der Bande zu sein. Was man ziemlich schnell erkennen kann, denn die  drei etwas älteren Jungs werfen sich gerade mit unreifen Weintrauben ab. Wissen die Götter, wo sie die herhaben.

„Ich bin Annabeth." Sie zieht eine Augenbraue hoch. „Du scheinst deine Karteikarten nicht gelesen zu haben, also erkläre ich mal, wer, beziehungsweise was wir alle sind.

Wir sind Halbgötter, das heißt unsere Mum oder unser Dad ist ein Gott. Wir sind Töchter und Söhne von Athene" Sie deutet auf sich selbst, was sie bei der Nennung der Götternamen passend fortsetzt. „ von Poseidon, Hades, Apollo, Aphrodite, Jupiter, Atlas und Hephaistos."

„Wow", staunt die Moderatorin. Das hat sie nicht erwartet. Alles — sprechende Katzen und Gummibärchensüchtige — hatte sie schonmal da gehabt. Aber Halbgötter, das ist was Neues.

Sie reißt sich aber schnell wieder zusammen (natürlich nur im übertragenen Sinne) und setzt eine professionelle Miene auf. „Nun gut, das war natürlich zu erwarten"

„Natürlich", spottet der Sohn des Hades leise, woraufhin ihm sein blonder Freund einen sanften Klaps auf den Hinterkopf verpasst. Einen warnenden Blick á la ‚Wir hatten einen Deal: Fang keinen Stress an!' später grummelt er nur noch in seinen nicht vorhandenen Bart.

Die Moderatorin beobachtet das mit blinkenden Herzchenaugen. Hach, die beiden sind wirklich ein Herz und eine Seele. Ihre Maske der Professionalität ist schon längst wieder heruntergefallen. Na toll.

Innerlich gibt sie sich eine heftige Backpfeife, damit sie jetzt endlich mal das Interview starten kann (worauf auch die Leser*innen schon ungeduldig warten, weil die Autorin es mal wieder nicht auf die Reihe kriegt, einfach mal anzufangen und den Übergang Übergang sein zu lassen).

Sie strafft ihre Schultern, lehnt sich unter größter Anstrengung nach vorne und schnappt sich die Karteikarten vom Tisch, auf dem Percy auch schon seine Quadratlatschen platziert hat. Es herrscht allgemeine Freude darüber, dass seine Füße gewaschen sind und auch seine Schuhe nicht dieselben sind, in denen er bei der Schlacht mit dem Koloss in Mrs O'Learys Pisse ausgerutscht ist.

Kurz liest sie das oberste Kärtchen durch und während bis jetzt alles eher aus ihrer Sicht beschrieben wurde, wechseln wir nun mehr oder weniger elegant in Nicos (und ab und zu auch mal Wills) Sicht der Dinge.

solangelo - one-shots Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt