Erwischt zu werden gehörte nie zu meinem Plan. Einen geilen Streich durchzuziehen und damit in die Legende der Coral Springs High School eingehen, das schon eher. Und jetzt sass ich hier, mit eingesunkenen Schultern wie ein Häufchen auf dem unbequemen Schwitz-stuhl gegenüber Mrs. Catwright. Schwitz-stuhl, weil hier schon unzählige unschuldige Schüler um ihr Leben schwitzen müssten. Monstercat, unsere Schulleiterin sah eigentlich gar nicht wie ein richtiges Monster aus. Mehr wie ein Kätzchen, ein Schnittchen, wie mein grosser Bruder Juan gerne sagte. Sie war sogar sehr jung für eine Schulleiterin, höchstens 27. "Also Villegas, was haben Sie zu ihrer Verteidigung zu sagen?" Dutzende Armreifen klimperten als sie sich mit den Händen auf ihre Mahagonitischplatte stützte. "Darf ich rauchen?" Ein klitzekleines Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, das konnte ich nicht verhindern. Monstercats Gesicht bekam rote Flecken und man sah ihr an, dass sie sich nur mühsam beherrschen konnte. Eine Heiterkeit durchfuhr mich. Ja, es machte mir Spass meine Direktorin auf die Palme zu bringen, auch wenn ich dafür fast wöchentlich im Direktorbüro sass. Also konnte man eigentlich sagen, dass der meiste Schweiss hier von mir war.
Lässig steckte ich mir eine Zigarette an und blies den Rauch in schiefe Kringel. Ich wartete nur darauf, dass Monstercat in die Luft ging, doch stattdessen sah sie auf einmal erschöpft aus. Sie zwirbelte ihr blondes Haar zu einem strengen Dutt zusammen und erhob sich vom Stuhl. Sie strich sich den Rock glatt und stöckelte zu einem der grossen Fenster um es zu öffnen. "Ähm, Mrs. Catwright? Stürzen Sie sich jetzt aus dem Fenster?" Ohne auf meine Frage einzugehen kramte sie in ihrer teuren Guccitasche und hielt gleich darauf eine Zigarette zwischen den roten Krallen, die sie sich anzündete und von der sie einen genüsslichen Zug nahm. Überrascht beobachtete wie die hellen Rauchkringel sich mit der schwülen Luft draussen vermischten und dem blauen Himmel emporstiegen. Monstercat lehnte sich ans Fenster und wandte sich wieder zu mir. "In meiner gesamten Laufbahn als Schulleiterin musste ich das noch nie tun." Wovon sie wohl sprach? Ein ungutes Gefühl beschlich mich. "Und es tut mir aufrichtig leid, sogar bei dir. Aber Jasmine, ich muss dich von der Schule weisen?" Sie machte Witze. Sie musste Witze machen, sie konnte mich doch nicht einfach von der Schule schmeissen!
Tja konnte sie doch. Viele halbherzig bedauernde Worte und ein Telefonat mit meinem padre später stand ich auf dem leeren Schulhof. Die Nachmittagssonne schien durch eines der Fenster und machte meine Freundin Inés sichtbar, die hektisch mit den Händen gestikulierte und einen verwirrten Gesichtsausdruck zur Schau trug. Frustriert kickte ich in einen Stein, der gegen das Gemäuer rollte. Genug, ich hatte genug von dieser Hölle, die sich als Bildungsinstitut verkleidet hatte. Eine widerspenstige schwarze Haarsträhne wehte mir ins Gesicht; ich strich sie wütend weg. Die Wut kribbelte in meinem ganzen Körper und schnell schmiss ich meine Maschine, eine 750er Honda in glänzendem rot mit silbrig verkleideten Griffen an und reihte mich in den abendlichen Verkehr von Santa Elena ein. Die Sonne knallte erbarmungslos auf die Autodächer vor und hinter mir. Der Staub der Strassen legte sich auf meine Sonnenbrille, doch ich genoss es. Das war mein Zuhause, die Stadt Santa Elena in der Provinz Buenos Aires. Ich lebte hier bei meiner Freundin Lucìa Santos. Es war nicht so, als hätte ich keine gute Verbindung zu meiner Familie oder so. Oder das was ich von ihr noch hatte. Mi madre war, als ich 6 war mit irgendeinem Mexikaner durchgebrannt, seitdem hatte ich sie nicht mehr gesehen. Gut, sie rief regelmässig an und schrieb mir auch Briefe, doch ich wollte nicht mit ihr sprechen. Sie hatte uns alle betrogen und fallen gelassen, warum sollte ich Kontakt mit ihr haben wollen? Mein Vater und meine beiden grossen Brüder Juan und Adrián lebten in Chicago bei der neuen Frau von Papá. Er überlegte schon länger, mich zu sich zu holen, doch ich hatte mich immer mit Händen und Füssen gewehrt. Ich fühlte mich wohl hier. Ich wollte nicht weg von Argentinien, weg aus meiner Heimat. Ich bin nicht wie mamá, ich haue nicht ab.
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Musik an, Welt aus!
FanfictionBethany liebt Alex, Alex liebt Bethany. Die beiden sind das perfekte Paar. Das frischgebackene Ex-Gangmitglied könnte nicht glücklicher sein mit der ehemaligen Königin der Schulflure, die sich selbst gestürzt hat. Aber man tritt nicht einfach aus ei...