Kapitel 11 -Ein nie abgeschickter Brief, aus seiner Feder-

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Alexia:

„Geliebte Mutter, nun sitze ich wieder hier im Gemeinschaftsraum, spät in der Nacht. Eine einzelne Kerze erhellt meine Sicht, um diesen Brief zu schreiben. Es wird mein letzter Brief an dich werden. Der letzte Brief, den ich gedenke, je zu schreiben. Ich kann nicht länger in dieser Welt der Grausamkeiten leben. Meine Taten fressen mich von innen heraus auf. Ich bin nicht in der Lage, Dumbledore zu töten. Und wenn ich es weiter versuche und nicht schaffe, wird der dunkle Lord nur noch wütender werden. Auch beim Spiegelkabinett bin ich an meine Grenzen gelangt. Das Glück hat mich nun gänzlich verlassen. Die Dunkelheit um mein Herz und der ersehnte Schlaf ziehen mich immer mehr in ihrem Bann. Ich hoffe auch wenn Vater mich nie wirklich geliebt hat, dass euch beiden, durch mein Versagen keine Strafe oder Bürde auferlegt wird. Bitte verzeih mir Mutter. Ich liebe dich. Lebwohl! In Liebe dein"

Der Brief war nicht unterzeichnet gewesen, diesen Brief hatte nie jemand abgeschickt. Sie wusste nicht einmal, wer dieser Junge gewesen war, doch sie sah ihn deutlich vor sich in ihrer Erinnerung. Sie sah einen Gemütlichen in Grün gehaltenen Gemeinschaftsraum, der im Dunkeln lag. Einen Kamin, in dem kein Feuer brannte, Bullaugen, die nur ins schwarze Nichts hinauswiesen. Und diesen schlaksigen jungen Mann mit weißblondem Haar, hängenden Schultern. Er war in Schwarz und Grün gekleidet. Das Rever seines Umhangs zierte ein Zeichen mit einer Schlange. Sein Körper bebte leicht beim Schreiben, und sie erinnerte sich, dass einige Zeilen auf dem Pergament verwischt waren.

Tränen! Am liebsten wäre sie nun zu ihm gestürmt, hätte ihn in ihre Arme geschlossen und ihm liebevoll über den Rücken gestreichelt, doch sie konnte sich nicht bewegen. Irgendetwas hielt sie von ihm fern. Ihr schlafender Körper wollte sich nicht rühren und dann stand der Junge mit dem weißblonden Haar auf und drehte sich zu ihr um.

Er drehte sich zu ihr um, und sie erkannte, dass dieser, nie abgeschickter Brief aus seiner Feder stammte. Aus der Feder des jungen Mannes, der im Café auf sie unfreiwillig wartete.

Das brennen ihrer Wange, riss sie aus dieser Erinnerung, diesem Schlaf und ruckartig richtete sie sich auf, sog die staubige Luft ein und hustete wie verrückt, als sich der Staub auf ihre Lunge legte. Sie brauchte eine Zeit, bis sie sich beruhig hatte und die Orientierung wiederfand. Sie war wieder in den Räumlichkeiten von Itzenspitz dem Kobold.

Florentina:

Sie musste mit ansehen, wie ihre Freundin kraftlos zusammenklappte, als der letzte Brief in ihre Hände und anschließend auf ihren Schoss glitt. Der von Magie entfachte Sturm ebbte ab und versiegte. Die in Grün gehaltene Schrift des letzten Briefs sickerte in Alexias Haut und verschwand gänzlich. Das Pergament zerfiel zu Staub. Der Turm begann bedrohlich zu knarzen und die ersten Steine rieselten in das dunkle Innere hinab. Die Eulen waren verschwunden, als hätten sie nur auf den Abschluss gewartet. Sie beiden waren das Einzige, leben in diesem Turm, der nun begann, endgültig zu zerfallen.

Hatte er nun seine Aufgabe erfüllt? Würde er nun wie alles andere in dieser unendlichen Welt einfach verschwinden, jetzt, wo er keine Daseinsberechtigung mehr besaß? Wie aufs Stichwort brach die Decke hinunter und nur mit Mühe und Not schaffte sie es erneut mit Alexia zu abparieren. Die Bücher vergaß sie in ihrer Eile einfach dort oben.

Doch kaum war sie in den Räumlichkeiten des ekligen Kobolds Itzenspitz, da sah sie den garstigen Gesellen schon die beiden Bücher zurück auf ihren Platz legend. Hatte dieser Wicht etwa gewusst, dass der Turm zusammenbrechen würde? Schon beinahe rot vor Wut und Zorn leuchtete plötzlich etwas in Alexias Jackentasche auf, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Verwirrt griff sie hinein und zog das Pergament heraus, was sich dort drin als einziges befand. Der zweite Punkt auf der Liste war abgehackt.

Und daneben waren die Worte Bonus für besondere Verdienste erschienen.

Doch was dieser Quatsch sollte, erschloss sich ihr nicht, weshalb ihre Stirn sich erneut in Falten legte und sie das Pergament achtlos zurück in die Jackentasche stopfte. Sie hatte nun andere Probleme. Vorsichtig beugte sie sich über Alexia, befühlte ihren Puls, kontrollierte ihre Atmung. Fieber hatte Alexia keins. Sie war lediglich bewusstlos.

Eine Bewusstlosigkeit, die von Erschöpfung herrührte, so vermutete Flora. Doch erklären konnte sie es sich nicht. Ihre Freundin schien war mehr als nur eine einfache Squib. Wenn sie bis jetzt nicht zu hundert Prozent davon überzeugt war, so war sie es jetzt nun. Was für eine Form von Magie, dass im Turm auch gewesen sein mochte. Konnte Alexia sich vielleicht deshalb nicht an ihre wahre Vergangenheit erinnern? War sie ein magisches Geschöpf oder selbst sogar eine Hexe?

Lag der Zauber auf Alexias Erinnerungen und manipulierte diese, weil sie es so wollte? Drehte sie vielleicht gerade durch oder verlor sich selbst in ihren Gedanken? Gab es überhaupt, antworten auf ihre Fragen? Wenn ja, würde sie diese jemals erfahren? Fragen über Fragen ließen Florentinas Gedanken immer mehr abschweifen. Besorgt trat sie von ihrer Freundin und besah sich stattdessen ihre Hände.

Heute war ein recht langer Tag gewesen und sie konnte nicht sagen, wann sie zuletzt so viel Magie verwendet hatte. Ihre Hände hatten das Holz ihres Stabes vermisst. Die kleinsten Berührungen über das geschnitzte Mahagoniholz hatte sie verzückt. Dennoch war diese Freude nicht von Dauer. Sie wusste, dass Magie auch ihre Tücken hatte. Die Menge, die sie heute einsetzte, würde sicherlich demnächst die Auroren auf den Plan rufen.

Nach Askaban konnte und wollte sie jedoch nicht. Lieber würde sie bis zum Schluss für ihre Freiheit kämpfen.

Doch wollte sie das eigentlich noch? Des Kämpfens war sie schließlich überdrüssig. Selbst nun ihre eigene Erschöpfung erkennend, wand sie sich Itzenspitz zu. Galle kroch ihrem Magen hinauf und der säuerliche, ätzende Geschmack legte sich auf ihre Zunge.

Sie hasste diese Kobolde mit ihrem verschlagenen Wesen. Dennoch war ihr nichts Besseres eingefallen, als ausgerechnet hierher zu abparieren. Das Mal würde ihn vom Reden abhalten, zumindest fürs Erste. Drohungen, so gut sie bei so jemanden wie Itzenspitz auch wirkten, passten schon lange nicht mehr zu ihr.

Immer wieder dachte sie daran, warum sie überhaupt heute so viel Magie genutzt hatte, warum sie sich ausgerechnet für jemand andern als sich selbst einsetzte. Vielleicht sogar so weit ging, enttarnt zu werden.

Ungeduldig lief sie in dem staubigen Vorraum auf und ab und sah immer wieder zu dem kleinen Sofa, auf dem Alexia schlief. Als sie es nach knapp einer Viertelstunde einfach nicht länger aushielt und Itzenspitz wirkte, als würde er seine Bedenken, sie zu verpfeifen verlieren, schlug sie einfach zu. Eine Ohrfeige, die es in sich hatte, traf Alexias Wange. Sogleich leuchtete die Stelle rötlich auf. Etwas Farbe auf dem blassen Hintergrund, dachte sich Flora, als Alexia endlich wieder zu sich kam.

Etwas Grünes blitzte in Alexias Pupillen auf und verblasste. Unbewusst griff Flora nach ihrem Zauberstab, der sich kühl an ihre Finger schmiegte. Dann kam die Erinnerung an den letzten Brief im Turm, der mit grüner Tinte beschrieben war und dessen Inhalt in Alexias Körper sickerte, als wäre sie ein Schwamm. Als ihre Freundin jedoch aus Leibeskräften anfing zu husten, war auch dieser Gedanke erneut vergessen und etwas abseits sah sie Alexia abschätzend an. Konnte sie es riskieren, ein letztes Mal für heute Magie anzuwenden und mit ihr zu abparieren?

Draco Malfoy FF - Unsterbliche Seelen ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt