4 - Andrey in Vaterrolle

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„Komm schon! Ich bin Pazifist, okay?", sprach ich mit erhobenen Armen. Ein verschmitztes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Ja klar, ich und ein Pazifist. Nie im Leben. Ich hing gerade mit Embry ab. Er hatte mich bei mir daheim besucht. Mir war langweilig und ihm auch, da hab ich ihn angerufen und nun saßen wir in meinem Zimmer. Ich hatte ihn gestichelt, bis er es mir heimzahlen wollte und dann bedrohlich auf mich zukam. „Ach ja? Bei deiner kleinen Geschichte vor ein paar Tagen, sah das noch ein bisschen anders aus", sprach er und ich lachte nervös. „Tja, wie schnell man sich ändern kann".

Bevor er mich schnappen konnte, wich ich aus, hüpfte über das Bett und trampelte lachend die Treppen herunter. „Hey!", rief er und rannte mir ebenso lachend hinterher. Kurz bevor er mich schnappen konnte, lief ich um den Esszimmertisch herum und schaute ihn herausfordernd an. „Wag es dich! Ich weiß ganz genau was du machen willst!", sagte ich und versuchte ernst zu bleiben, doch das Grinsen wollte einfach nicht verschwinden. Er hatte schon vorher versucht mich zu kitzeln. Er rannte um den Tisch herum, doch da stand ich schon wieder auf der anderen Seite.

Der Spaß verging, als ich das zuknallen der Haustür hörte. Das Grinsen verging mir als Andrey im Türrahmen erschien und uns mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete. „Was geht denn hier ab?", fragte er misstrauisch und verschränkte streng die Arme vor der Brust. „Andrey, das ist Embry, ein Freund", stellte ich meinem Bruder meinen neuen Kumpel vor, gab ihm mit meinem Kopfnicken ein Zeichen, dass er mir folgen sollte und verschwand mit ihm wieder in meinem Zimmer. Andrey seufzte nur und ging kopfschüttelnd in die Küche.

Embry starrte immer wieder verwirrt hin und her. „Was war das denn?", fragte er mich und setzte sich zu mir auf das Bett. „Das war mein Bruder, Andrey", meinte ich nur und versuchte dem Thema auszuweichen, doch er ließ nicht locker. „Du scheinst ihn ja nicht gerade toll zu finden". Ich seufzte. Sollte ich es ihm erzählen? Auch wenn es nur ein bisschen wäre, das ganze muss er ja nicht unbedingt erfahren, schließlich kannte ich ihn kaum. So schnell würde ich jemanden nicht wieder so etwas erzählen. „Er ist damals plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht und hat mich dann aus meinem Zuhause gerissen und hierhergeschleppt", sprach ich, nahm mein Handy und versuchte mich irgendwie abzulenken, doch er war hartnäckig. „Das versteh ich nicht, warst du vorher in einem Heim, oder wie? Lebst du nicht bei deinen Eltern?", fragte er und rutschte von der Kante neben mich. Nur ein Kopfschütteln bekam er als Antwort von mir. „Bitte, lass uns über irgendwas anderes reden", bat ich ihn und schaute ihm ins Gesicht. Mein Atem und selbst meine Hände zitterte ein wenig vor Aufregung. „Tut mir leid, ist schon in Ordnung", antwortete er hastig und bemerkte die Bewegungen meiner Hände. Vorsichtig nahm er sie in meine und schaute mich ein wenig schuldbewusst an. „Beruhige dich, alles gut. Ich werde es nicht nochmal ansprechen", entschuldigte er sich und strich mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Das ließ mein Herz laut pochen und ich blickte ein bisschen beschämt zur Seite. Ein brummendes kichern war von ihm zu hören, was das Ganze nicht gerade besser machte.

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Embry blieb nicht lange, nachdem mein Bruder nach Hause gekommen war. Ich musste ihm versprechen, dass wir in ferner Zukunft mal zusammen Motorrad fuhren, wenn er sein eigenes hatte. Zum Abschied hatte er mich sogar umarmt und ich musste mich deswegen nochmal mit meinem Bruder auseinandersetzen. Er nahm seine Vaterrolle ziemlich ernst, worüber ich einfach nur lachen konnte. Es konnte nie wieder einen zweiten Vater für mich geben, als Steven. Ich hatte ihm klar gemacht, dass wenn er sich eher wie ein Bruder verhielt, ich ihn vielleicht mehr und leichter mögen würde. Das klang vielleicht total absurd, aber ich ertrug es einfach nicht wie er sich verhielt.

Andrey wollte natürlich wissen wer Embry genau war und in welcher Beziehung ich zu ihm stand. Ich hatte einfach nur mit den Augen gerollt. Ich fand, dass es ihn als Bruder nichts anging. Doch ich sah ihn nicht als Bruder an, geschweige denn als Vater, sondern eher als Fremden, der alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Ich versuchte ihn als Bruder zu sehen und mit ihm auszukommen, doch dann erinnerte ich mich immer daran, warum ich hier war, und alles verflog. Es nervte mich, doch ich konnte irgendwie nichts dagegen machen. Ich vermisste meine Familie noch zu sehr, um mich jetzt schon mit einer anderen anzufreunden. So lange war es noch nicht mal her, dass sie ... mich verlassen hatten.

In der Schule entschuldigte ich mich bei Jessica. Ich hatte keine Lust auf Streit, der stresste mich und auf noch mehr Stress konnte ich verzichten. Sie entschuldigte sich auch, aber man merkte, dass sie immer noch ein bisschen beleidigt war. Da das alles nun geklärt war, konnte ich ohne schlechtes Gewissen, bei denen am Tisch sitzen, quatschen und mich vollfressen. Angela brachte ich nach jenem Tag öfter nach Hause. Trotz ihrer Angst fand sie trotzdem Gefallen daran und krallte sich nach und nach nicht mehr so fest an mich. Ich machte sie noch zu einer richtigen Bikerbraut. Bald lief sie mit Piercings und Tattoos durch die Gegend und rauchte eine Kippe nach der anderen. Diese Vorstellung, dass die süße kleine Angela zu so einem Badgirl wurde, war einfach nur urkomisch.

Ich begleitete Bella des Öfteren zu Jacob und der lud natürlich seine zwei Freunde ein. Man sah Jacob an, dass er richtig vernarrt in Bella war, doch von unserer kleinen Gruppe aus der Schule, hatte ich erfahren, dass Bella nur ihren Exfreund Edward so liebte und sonst keinen in dieser Richtung an sich ranließ. Vielleicht war die Sache mit Jacob ja anders und er half ihr dabei, die Sache mit Edward zu überwinden und sich auf jemand neues einzulassen. Ich würde sie in jeder Hinsicht unterstützen. Sie war schließlich meine Freundin und ich sah wie sehr sie unter dieser Trennung litt. Die Verbindung der Beiden muss wohl sehr stark gewesen sein und ein bisschen fing ich an sie zu beneiden. Ich hatte mir immer gewünscht, eine solch starke Bindung zu jemanden zu haben, egal zu wem. Denn ich hatte immer gedacht, ich wäre nicht fähig richtig zu lieben. Und das hat sich nicht geändert.

𝐕𝐞𝐫𝐠𝐚̈𝐧𝐠𝐥𝐢𝐜𝐡 - twilight FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt