1.6 - Krank?

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Die Woche verlief so weiter und Harry fand sich langsam mit Max Verhalten ab. Nicht, dass er es gut fand. Ganz im Gegenteil. Es machte ihn jedes Mal unsicherer. Jedes Mal, wenn er auch nur kurz mit Max, Tobias und Tim alleine war, fingen diese sofort an ihn zu necken. Aber er fand sich in dem Sinne damit ab, dass er verstand, dass sie ihr Verhalten nicht ändern werden. Also stellte er sich schon darauf ein. Er tat immer alles, um eben nicht mit ihnen alleine zu sein, was jedoch nicht immer klappte.

Als Liam ihn Freitag zur Schule brachte und Harry in die Klasse ging, wollte er am liebsten gleich wieder raus laufen. In der Klasse saßen nur Max und Tim, die sich unterhielten. Als Harry dann in die Klasse kam, sahen sie beide zu ihm. Harry schluckte ein Mal und er merkte, wie sein Herz zu rasen anfing. Er überlegte kurz, ob er die Klasse wieder verlassen sollte. Liam konnte noch nicht weit sein. Er wollte einfach wieder mit ihm nach Hause. Dann entschied er sich jedoch dagegen. Er wollte Liam immer noch nicht davon erzählen. Zu groß war seine Angst, dass Max und seine 'Gang' dann noch gemeiner zu ihm sein werden.

Harry stand immer noch vorne an der Tür. Seinen 'Fluchtweg' wollte er noch nicht verlassen. ,,Ha, der Zwerg ist auch da.", sagte Max dann lachend. ,,Willst du dich nicht hinsetzen?", fragte Tim darauf. Harry wusste nicht, was er sagen sollte. War es überhaupt eine richtige Frage, die er beantworten sollte? Er fing einfach an auf seiner Unterlippe rum zu kauen. Unsicher, was jetzt das Richtige zu tun sei. Wenn er zu seinem Platz möchte, muss er zwischen Max und Tims Tischen lang gehen. Und das wollte er wirklich nicht. ,,Jetzt setzt dich doch hin. Ist doch nicht so schwer. Oder hast du vergessen wie das geht?", fragte Max dann lachend. Harry schluckte ein Mal und ging dann los. Kopf dabei gesenkt. Als er an Max vorbeigehen wollte, bestätigte sich Harrys Befürchtung. Max schubste ihn von der Seite, sodass Harry ins stolpern kam. Durch den schweren Schulranzen konnte Harry sein Gleichgewicht nicht wieder halten und er fiel auf den Boden. Er war froh, dass er sich nicht den Kopf an einem Tisch stieß. Die Tränen, die sich sofort in seinen Augen bildeten, versuchte er schnell mit seiner Hand weg zu wischen. ,,Jetzt heul hier nicht so rum. Das ist doch alles nur Spaß, oder Tim?", fragte Max dann seinen Kumpel. Dieser nickte sofort. Harry hatte aber überhaupt keinen Spaß. ,,Brauchst du etwa deine Mama zum trösten? Was für ein Baby!", fügte Tim dann noch hinzu, worauf Max ihm ein High-Five gab. Bei dem Gedanken an seine Mutter, begann er nur noch mehr zu weinen. Max und Tim wussten gar nicht, was für Erinnerungen sie mit dem Kommentar über seine Mutter zurückholten. Jetzt wollte Harry noch weniger als zuvor hier sein. Er versuchte seine Atmung zu kontrollieren, so wie es Liam ihn immer sagt, wenn er weint. Dann wischte er schnell seine Tränen weg und stand auf. Ohne erneut auf die beiden Jungs zu schauen, ging er aus dem Klassenraum.

Er wollte einfach nach Hause gehen. An den Weg kann er sich, denkt er zumindest, erinnern. Also ging er in Richtung des Ausgangs. Auf dem Weg dahin kam ihn Lisa und ihre Mutter entgegen. Er bemerkte die beiden gar nicht, bis Lisa sagte: ,,Harry, wo willst du denn hin?" Harry blieb stehen und sah zu den Beiden rüber. Er hatte bereits aufgehört zu weinen und hoffte einfach, dass er nicht zu verheult aussehen würde. Bevor er antworten konnte, hockte sich Lisas Mutter vor ihn hin und fragte: ,,Geht es dir gut Harry? Du siehst ganz schön blass aus." Harry ging einen Schritt zurück, etwas eingeschüchtert von der Frau, die zwar nicht wirklich fremd war, aber auch nicht 100% bekannt für ihn. Er zuckte darauf einfach mit den Schultern. Die Frau legte dann vorsichtig ihre Hand gegen Harrys Stirn, so wie es Liam sonst immer macht, wenn er ein Fieber bei Harry vermutet. ,,Du bist etwas warm. Wollen wir dich mal lieber zum Lehrerzimmer bringen, dann können die bei dir zuhause anrufen, damit dich jemand abholt.", schlug sie dann Harry vor. Wieder abgeholt zu werden, hörte sich für Harry sehr gut an. Er wollte gerade nichts mehr als dies. Harry nickte also leicht zögerlich und die Frau lächelte ihn mitfühlend an.

Sie brachten zuerst Lisa zum Klassenraum, die Harry eine 'Gute Besserung' wünschte. Dann ging die Frau mit Harry weiter zum Lehrerzimmer. Dabei nahm sie ihn an die Hand, damit sie ihn im Gewusel hier nicht verlieren könnte.

Mein Kleiner Bruder Harry 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt