Glücksmomente

Petrichor

Endlich habe ich ein Wort für diese Sache, die ich schon als kleines Kind geliebt habe.

Den Geruch von Regen an warmen Sommertagen.

Ich bin vor zwei Stunden sanft von Regengeräuschen geweckt geworden - es war ein friedliches Aufwachen.
In mir herrschte Ruhe und Harmonie, wie immer, wenn es regnet.

Wenn es regnet und noch alles still im Haus ist, fühle ich so etwas wie Frieden in mir, wo sonst nur Kampf und Chaos tobt.

Und so bin ich aufgestanden, habe mir mein Handy und meine Box geschnappt, und bin raus.

Dort stand ich nun unter unserem Vordach und konnte den Regen noch intensiver hören.
Die Vögel hatten sich alle versteckt und zwitscherten auch nicht, wie sonst am Morgen. Das bedauerte ich einerseits, andererseits fühlte es sich richtig an, nur den Regen zu hören.

Aus meiner Box, die eher eine handgroße, metallene Schachtel für eine meiner seltenen Vergnügen war, zog ich eine Zigarette, zündete sie an und inhalierte den Rauch.
Ich rauche absolut selten. Ich würde mich noch nicht einmal als Gelegenheitsraucher bezeichnen, denn ich brauche dazu diesen inneren Frieden, den mir meist nur der Regen bringen kann und nur der Regen darf dann da sein. Keine anderen Menschen, ich muss für mich sein. Ich und der Regen.

Ich habe ihm mit geschlossenen Augen zugehört, ab und zu den Rauch inhaliert, das Brennen von diesem geschmeckt und war beseelt in diesem Moment.
Nach der Zigarette habe ich YouTube geöffnet und nach diesem einen Lied gesucht - Der Himmel reißt auf - aber ich habe es noch nicht angemacht.

Ich bin raus in den Regen getreten und habe meine Arme ausgebreitet, meinen Kopf in n Nacken gelegt, meine Augen geschlossen und den Regen gefühlt. Irgendwann habe ich auch angefangen zu summen - das kam irgendwie.

Und so stand ich draußen im Regen und habe gefühlt und in mir drin war es ganz still, andächtig, aber auch ein kleines Bisschen wehmütig. So zu fühlen habe ich mir lange versagt.

Die Tropfen auf meinen Wangen waren die Tränen, die ich nicht weinen konnte und es fühlte sich befreiend an.

Und als ich auch mit diesem Moment absolut im Reinen war, da habe ich die Lieder gestartet.

https://youtu.be/EpvdTWl5om0

https://youtu.be/cFv6j31AkIo

https://youtu.be/7cz82pwMClM

https://youtu.be/cRyZpLGE_9c

Ich hatte ein Lied nach dem anderen gefunden und tanzte nun mit ihnen und dem Regen.
Ich fühle mich wieder wie ein kleines Kind.
Wie damals, als alles noch unkompliziert und echt war.

Das habe ich gemacht, bis ich völlig durchnässt, aber glücklich war und ich konnte plötzlich wieder lächeln, ehrlich lächeln.

Ich streckte meine Zunge raus, denn ich wollte den Regen auch schmecken.
In mir drin formte sich ein Laut, dieses glucksende Kichern, welches Kinder machen, wenn sie bei etwas Verbotenem erwischt werden oder grade jemandem einen Streich gespielt haben.
Und auch das passte ganz gut, denn es fühlte sich verboten gut an, was ich tat.

Mein Kichern hatte jemanden angelockt und dieser Jemand strich mir nun um meine Beine, leise maunzend, dieses Geräusch, was ich nur von Katzenmütter kannte, wenn sie Junge hatten. Mein Kater war von seiner Nachtwache nach Hause gekommen.

Ich sitze jetzt hier, auf der Bank unter dem Vordach, mein Kater zu meinen Füßen, dicht bei mir, schaut auch er raus auf den Regen.

Und während ich das hier schreibe, denn irgendwie will ich es teilen mit jemandem, rieche ich den Regen.

Und nun werde ich mir noch eine Zigarette anzünden, meinen Kater auf meinen Schoss holen und gemeinsam den Vögeln zuhören, welche sich wieder rauswagen und zu Singen begonnen haben.
Der Regen ist nur noch ein Nieseln und so werde ich den Morgen noch genießen, ehe das Haus zum Leben erwacht.

25.o6.2o21, sechs Uhr in der Früh

Dieses Kapitel möchte crazytastyhazel widmen, die mir mit Max und Henry gezeigt hat, dass es keine großen oder aufwendigen Dinge braucht. Es sind die kleinen, scheinbar unscheinbaren Momente.