Kapitel 102

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Gegen halb elf stehe ich also vor der Tür meiner besten Freundin, klingle und keine zehn Sekunden später liegt meine Zola in meinem Arm.
„Wieso lerne ich nur Ärsche kennen" schluchzt sie.
Ich schiebe sie dann sanft in ihre Wohnung und trete die Tür vorsichtig zu, um dann erstmal meine Tasche fallen zu lassen und sie richtig in den Arm nehmen zu können.
„Sh... Hey Süße, was ist denn passiert?"
„Er hat mich komplett verarscht! Ich hab mich in ihn verliebt und er hat mich einfach von vorne bis hinten verarscht!"
„Komm, wir setzen uns jetzt erstmal auf deinen Balkon, du beruhigst dich ein wenig und dann erzählst du mir ganz in Ruhe, was passiert ist, okay?"
„Okay" murmelt sie nur und löst sich ein wenig von mir.
Wir setzen uns also auf den Balkon, wobei sie sich wieder ein wenig an mich kuschelt und ich sie erstmal eine Weile festhalte, bis sie langsam anfängt zu erzählen.
„Jan... er war einfach zu perfekt, als dass es wahr sein könnte" murmelt sie.
Ich warte erst etwas, aber als sie anscheinend nichts mehr sagen will, harke ich nochmal nach.
„Hat er doch eine Freundin?"
„Nein..."
„Was dann? Womit hat er dich so verletzt?"
„Er ist 17 Jahre alt."
„Was?"
„17 Jahre. 2003 geboren. Minderjährig. Ich hab mich im Prinzip strafbar gemacht!"
„Ach Maus" seufze ich.
„Er ist fast noch ein Kind! Wie konnte ich das nur nicht mitbekommen? Ich meine, wir haben uns immer besser kennengelernt, wir waren miteinander im Bett und ich hab das nicht mitbekommen? Ich meine, wie?! Wie zur Hölle konnte ich nicht checken, dass er acht Jahre jünger ist als ich. Das... das ist doch nicht fair! Ich verlieb mich einfach immer in die falschen Typen!"
Ich merke, dass ich jetzt definitiv genau das Falsche sagen würde, weswegen ich sie einfach fester in den Arm nehme.
„Zola..." beginne ich dann doch, als ich all die Infos verdaut habe „Wie hast du es erfahren? Warum hat er es erst jetzt gesagt?"
„Vorhin war er hier und hat es mir gestanden... Seine Eltern haben irgendwie erfahren, dass es mich gibt und keine Ahnung... ab dem Satz ‚Ich bin siebzehn' hab ich nichts mehr verstanden."

Wir verschanzen uns also beinahe den ganzen Tag hier auf dem Balkon, bestellen uns sowohl zum Frühstück, als auch zum Mittag einfach irgendwas und wechseln immer wieder zwischen Reden, Netflix und einer Mischung aus beidem. Immer wieder schaue ich sie auch einfach nur an, einfach um zu wissen, ob es ihr einigermaßen geht. Naja, sie ist echt unnormal ruhig, was man von ihr einfach nicht gewohnt ist.
„Ich will ausgehen" kommt es dann am frühen Abend von meiner besten Freundin.
„Süße, wir gehen jetzt definitiv nicht feiern! Du wirst dir nur nen Typen suchen und den Schmerz so verdrängen. Dafür wirst du dich danach nur noch beschissener fühlen."
„Man, doch nicht feiern gehen, ich weiß, dass das ne scheiß Idee wäre, aber einfach etwas durch die Stadt gehen, vielleicht ins Kino, vielleicht nen Eis essen, keine Ahnung. Auf jeden Fall nur wir beide, keine Typen."
„Okay, ich will mir nur schnell was frisch machen gehen."
„Muss ich auch mal, so kann ich nicht auf die Straße."
„Geh einfach mal kurz duschen, ich zieh mir schonmal was frisches an."
Somit verabschiedet Zola sich erstmal ins Badezimmer, während ich die Kartons, in denen die Veggieburger und Pommes drinnen waren, wegbringe, bevor ich mir aus meinem Koffer was zum Anziehen suche und dann doch erstmal kurz Wincent zurückrufe, in der Hoffnung, er hat grade mal kurz fünf Minuten Zeit.
„Hey, hab nicht viel Zeit, muss in ner Stunde auf die Bühne."
„Hab ich mir schon fast gedacht, ich hab auch nicht unbedingt viel Zeit, aber ich wollte mich wenigstens mal kurz melden, könnte morgen auch nochmal echt knapp werden..."
„Alles okay, ist was mir deinem Vater?"
„Nein, dem geht's zum Glück ganz gut, gebrochenes Herz bei meiner besten Freundin. Ich muss grade echt für sie da sein und will ihr dabei nicht unbedingt unter die Nase reiben, dass es mit dir gerade so gut läuft."
Auch wenn sie es nie zugeben würde und sie sich auch definitiv ehrlich für mich freut, würde es ihr doch wehtun.
„Du bist echt ne tolle Freundin... Dafür liebe ich dich, wirklich."
„Du bist süß... Du, ich wünsch dir gleich ganz viel Spaß, ich liebe dich."
„Ich dich auch."

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