Ryder
Ich atmete ein. Als ich wieder ausatmete stieg eine Rauchwolke auf. Mein Hals kratzte. Ich hatte nach der fünften Kippe aufgehört zu zählen, aber das Brennen meiner Lunge sagte mir, dass ich aufhören sollte. Mir war es egal. Ich brauchte das gerade. Es beruhigte mich. Wenn auch nur für kurze zehn Minuten, bis ich wieder in meine Jackentasche griff und mir eine neue Zigarette anzündete. Ich nahm also in Kauf, dass mein Hals kratzte. Und wenn ich ganz ehrlich war, gefiel es mir. Denn ansonsten spürte ich nichts. Obwohl das nicht vollkommen wahr war, aber ich redete es mir gerne ein. Dann war es einfacher. Momentan spürte ich allerdings wenig. Eigentlich nur eines. Hass. Alles-verbrennenden, lebensbedrohlichen Hass. Und dieser war ganz allein auf sie gerichtet. Sie. Und sie würde ihn zu spüren bekommen. Denn niemand kommt mit dem, was sie getan hat davon. Jedenfalls nicht ohne gelitten zuhaben. Und ich hatte vor sie so sehr leiden zu lassen.
Ich schaute vom Dach hinab auf die Straße. Von hier aus hatte ich eine gute Sicht auf das McIntyre. Nachdem ich herausgefunden hatte, wo sie lebte, hatte ich sie Wochen lang beobachtet. Amber Linvingston war ein Vampir und gerade mal 24 Jahre alt. Ihre Mutter war ein Mensch. Montag bis Donnerstagnachmittag hatte sie Seminare und Vorlesungen an der Uni bis drei. Außer dienstags. Da blieb sie länger und half als Assistenz einem ihrer Professoren. Mittwochs ging sie nach der Uni ins Baylock Tierheim und arbeitete dort als Freiwillige. Donnerstags, freitags und samstags arbeitete sie in dem Irish-Pub, in das ich gerade hinabstarrte. Ihre Schicht endete um eins. Es war Freitag. 00:47. Ich hatte mir Zugang zum gegenüberliegenden Haus verschafft, um sie auch während der Arbeit unbemerkt beobachten zu können. Ich wusste was sie tat, wann immer sie es tat, wo auch immer sie es tat. Und jetzt konnte ich beginnen.
Um zehn nach eins verließ sie den Pub und lief Richtung Westen. Nach Hause. Gut so. Ich verließ das Dach und lief die vier Stockwerke nach unten. Ich hatte es nicht eilig. Schließlich wusste ich ganz genau, wo hin sie wollte. Als ich aus der Haustür trat, griff ich in meine Jackentasche und zog eine neue Kippe heraus. Nachdem ich sie angezündet hatte, setzte ich mich in Bewegung. Sie war noch nicht weit gekommen. Ihre offensichtliche Erschöpfung und ihre geringe Körpergröße verhinderten, dass sie schnell vorankam. Ich hielt mich im Dunklen. Meine jahrelange Erfahrung verhinderte, dass ich irgendwelche Geräusche machte.
Während sie lief, schwangen ihre Hüften. Nicht so sehr, wie sie es bei Stripperinnen tun würden. Aber genug, dass es mir auffiel. Ich müsste auch blind sein, um ihre Schönheit zu übersehen. Sie war schlank, aber kurvig. Durchtrainiert. Kein Wunder, da sie jeden Morgen laufen ging. Ihre Haare waren schwarz, lang, und glatt. Aber nicht aalglatt, sondern mit einer leichten Welle. Es war ihre natürliche Haarfarbe. Sie hatte sie von ihrer rumänischen Mutter geerbt. Ihre Augen waren Blau und ihre Haut hell. Fast schon weiß. Das hatte sie höchstwahrscheinlich von ihrem Vater geerbt. Aber ich wusste nicht wer ihr Vater war. Nur, dass er ein Vampir sein musste, da ihre Mutter menschlich war.
Ja, ihre Schönheit glich der Sonne, aber ihre Seele war schwarz.
Sie bog um eine Ecke und verschwand für einen Moment aus meinem Sichtfeld. Zehn Sekunden später lag mein Fokus erneut auf ihr. Ich legte an Tempo zu, denn sie hatte den Ort des Geschehens fast erreicht. Ich war diese Strecke so oft entlanggelaufen, dass ich jeden Zentimeter auswendig kannte. Und gleich würde sie an einer kleinen Gasse zwischen zwei Wohnhäusern vorbeilaufen.
Ich hoffe, du bist kein ängstlicher Mensch, denn gleich komme ich und hole dich. Und, glaub mir, das ist erst der Anfang, Amber.
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My favorite Stalker by Carla Bruin
VampirePartville nahe Chicago, illinois, Vereinigte Staaten von Amerika Vor 199 Jahren wurde das Friedensabkommen von Caracas, zur Wiederherstellung des öffentlichen Friedens zwischen den Menschen und den Vampiren, von den machthabenden Parteien unterschri...