Amber
Einatmen. Ausatmen. Ich saß in meinem Zimmer auf meinem Perserteppich und tat mein Bestes nicht auszuflippen.
verdammte Scheiße! Was zur Hölle war das gewesen!?
Nein, ganz ruhig, Amber! Zen und so...Ok, ich wurde also von einem fremden Vampir angegriffen und bedroht. Obwohl "bedroht" mir irgendwie nicht das richtige Wort zu sein schien. Na gut, er hatte mir versprochen mein Leben zu zerstören und mir ein Messer an die Kehle gehalten. Aber unter "bedroht werde" stellte ich mir ehr Sätze wie "Gib mir dein ganzes Geld oder ich schlitz dir deine Kehle auf" vor. Nichtsdestotrotz wurde ich gewissermaßen bedroht. Wenigstens hatte mein Vater nichts damit zu tun. Das wäre viel schlimmer gewesen. Und außerdem bin ich nicht verletzt worden.
Also konnte ich doch eigentlich froh sein, oder?
Er kannte deinen Namen!
Mein Magen verknotete sich. Er hatte mich "Amber" genannt. Und wenn er einfach nur ein zufälliger Kleinkrimmineller gewesen wäre, hätte er keine Ahnung gehabt, wie ich hieße. Mir wurde ein wenig schwummerig. Ich griff nach meiner Wasserflasche, die neben mir auf dem Boden stand und trank ein paar Schlucke.Ok, die Fakten waren: Jemand, der nichts mit meinem Vater am Hut hatte, hatte mich angegriffen und mir geschworen mein Leben zu zerstören. Dieser Jemand war ein Vampir und hatte offensichtlich Kenntnis über meinen Namen und wahrscheinlich auch meinen Arbeitsplatz, wenn man bedachte, dass er mich auf dem Weg von der Arbeit nach Hause abgefangen hatte. So weit so gut.
Wohl ehr so weit so schlecht!
Was wollte dieser Typ von mir? Und warum wollte er meine Leben zerstören? Hatte ich ihm etwas getan, an das ich mir aber nicht mehr erinnerte?Ich rekapitulierte das Ereignis gerade ein weiteres Mal, als mir etwas einfiel, dass er gesagt hatte. Er hatte mich gefragt, ob ich jemand bin, "der unschuldige Menschen tötet und sie vorher noch quält". Dachte er ich hätte jemanden gefoltert und umgebracht? Womöglich jemanden, der ihm nahegestanden hatte? Aber warum sollte er das glauben?
Ich wollte gerade noch einmal seine Worte analysieren, als es an meiner Zimmertür klopfte. "Ja?" rief ich und kurz darauf öffnete Heather die Tür. "Du bist ja noch wach! Habe ich dich etwa geweckt, als ich die Tür aufgeschlossen habe?" fragte ich.
Heather lächelte mir zu und schüttelte dabei den Kopf. "Nein, ich habe bis gerade noch ein Essay für die Uni geschrieben. Aber ich bin jetzt fertig und weil du jetzt erst von der Arbeit zurückgekommen bist, dachte ich mir ich komm mal rüber und frag dich, ob du noch Lust hast, eine Folge Suits mit mir zu schauen. Ich bin von dem ganzen Kaffee, den ich getrunken habe, total aufgeputscht und kann wahrscheinlich erst in einer Stunde einschlafen."
Ich warf einen Blick auf meine Wanduhr. kurz nach Zwei. Eigentlich müsste ich schlafen gehen, aber diese ganze Sache hatte mich mit Adrenalin vollgepumpt und ich bezweifelte, dass ich so bald einschlafen könnte.
Ich lächelte Heather an. "Ja klar, mach schon mal Netflix an. Ich hol uns ein paar Snacks."Heather machte einen kleinen Freudensprung und schlüpfte dann aus meinem Zimmer. Ich musste grinsen. Heather war, wie ich auch, ein Vampir. Außerdem war sie meine Mitbewohnerin und beste Freundin. Oder bessergesagt einzige Freundin. Aber sie reichte mir. Sie war super. Wir mochten die gleichen Serien, die gleiche Musik und das gleiche Essen. Nur bei Männern gingen unsere Geschmäcker auseinander. Und das machte es noch perfekter. Ich wusste alles über Heather. Und Heather wusste alles über mich. Naja, sie wusste alles über Amber Livingston. Über Amber Moldovan wusste sie rein gar nichts. Und wenn es nach mir ginge, würde das auch so bleiben. Denn Moldovan war Vergangenheit und Livingston meine Zukunft.
Beladen mit Schokolade und zwei Dosen True Blood kam ich ins Wohnzimmer. True Blood war synthetisches Blut, dass bei Vampiren genauso gut funktionierte wie echtes Blut. Für mich hatte ich eine Dose A- - meine Lieblingssorte – und für Heather eine Dose 0+ - ihre Lieblingssorte – aus der Küche geholt. Ja, auch bei synthetischem Blut gab es Unterteilungen. Das lag daran, dass alle Blutgruppen geschmacklich leicht unterschiedlich waren und jeder Vampir seine ganz eigenen Vorlieben hatte.
Meine beste Freundin hatte es sich bereits gemütlich gemacht. Halb saß, halb lag sie eingekuschelt in eine Decke auf dem Sofa. Ich legte die Snacks auf den Couchtisch und ließ mich dann ebenfalls aufs Sofa plumpsen. Nachdem ich es mir gemütlich gemacht hatte, startete Heather Suits.Eine Weile lang schauten wir einfach nur die Serie, bis Heather das Schweigen brach. "Ich hätte auch gerne einen Harvey Specter!" seufzte sie und ich musste schmunzeln.
"Dann leg dir doch einen zu!" entgegnete ich.
Sie schnaubte. "Als würde ich mich jemals trauen, einen Mann anzusprechen!"Da hatte sie allerdings recht. Heather war keine scheue Person, aber wenn es um Männer, die sie attraktiv fand, ging, wurde sie zu Miss Schüchtern höchstpersönlich. Irgendwie traurig, dass ihr diese Gehemmtheit diesen Teil des Lebens versperrte. Vor allen Dingen hätte sie, wenn sie es drauf anlegen würde, sicher keine Probleme ein Haufen Verehrer an Land zu ziehen. Denn Heather war unglaublich schön. Sie hatte Erdbeerblondes Haar und ganz viele, süße Sommersprossen im Gesicht. Wie ich auch, war sie nicht besonders groß. Aber ihr Körper war ein wenig schlanker. Sie war geradezu grazil.
"Weißt du, du musst einfach mal "Fuck it" sagen und dich einfach trauen!" schlug ich ihr vor.
Heather wandte mir ihr Gesicht zu und zog eine Augenbraue in die Höhe. "Wenn es bloß so einfach wäre... Ich wünschte ich könnte so selbstbewusst auf Männer zugehen wie du!"
"Du musst einfach über deinen Schatten springen und es versuchen!"
"Naja, vielleicht kommt irgendwann ein Typ, der mir gefällt und bei dem ich nicht so verklemmt und unsicher rüberkomme." sagte sie, klang dabei aber wenig optimistisch.
"Das wird schon! Weißt du, vielleicht gehen wir mal wieder aus und ich helfe dir einen Typen aufzureißen!"Heather schien skeptisch, nickte dann aber langsam. "Na, gut. Aber jetzt will ich nicht mehr über meine Dating-Probleme sprechen! Wie war die Arbeit heute so?"
"Wie immer. Viel los, aber zum Glück nicht so viele Typen, die denken, dass ihre sexuellen Belästigungen als flirten durchgehen!"Heather schaute mich mitfühlend an, aber dann erregte etwas an meinem Hals ihre Aufmerksamkeit und Sorge füllte ihren Blick. "Was ist das? Hast du dich geschnitten?"
Kurz war ich verwirrt. Dann fiel mir wieder der Angreifer und sein Messer ein. Anscheinend hatte er mich doch leicht geschnitten. Ich nahm mein Handy und öffnete die Kamera-App. Tatsächlich. An meinem Hals befand sich eine kleine, aber deutlich sichtbare Schnittverletzung. Sie blutete nicht mehr. Es war nur ein wenig angetrocknetes, schwarzes Blut zurückgeblieben. "Ach, das ist nichts. Vorhin in der Bar ist ein Glas kaputt gegangen und irgendwie kam es, wegen dem großen Ansturm, zu einem chaotischen Durcheinander. Anscheinend habe ich mich dabei geschnitten. Mir ist es bis jetzt gar nicht aufgefallen." log ich.Heather wirkte immer noch besorgt, aber sie schien mir zu glauben. Es war nicht so, dass ich sie anlügen wollte, aber es ging nicht anders. Klar könnte ich ihr von dem Angriff erzählen, aber sie würde sich nur Sorgen machen. Und sie würde nicht verstehen, warum ich nicht zur Polizei gehen wollte. Denn dort konnte ich auf keinen Fall hin. Wenigstens nicht, wenn ich nicht wollte, dass mein Vater mich fand.
Wir schauten noch die Folge zu Ende, aber dann zogen wir uns beide in unsere Zimmer zurück, weil Heather endlich müde war und ich nicht allein weiterschauen wollte. In meinem Zimmer ließ ich mich auf mein Bett fallen. Was für ein Tag! Ich entschloss mich, es mit dem Schlafen wenigstens zu versuchen. Also schaltete ich das Licht aus und ging zum Fenster. Nach einem kurzen Blick nach draußen, schloss ich die Vorhänge. Ich legte mich in mein Bett und kuschelte mich in die weiche Decke. Aber ich wusste, dass ich nicht schlafen können würde. Mich hatte erneut eine latente Panik gepackt und meine Gedanken waren voller Fragen. Denn ich könnte schwören, dass ich gerade eben auf der anderen Straßenseite eine Gestalt im Schatten gesehen hatte.
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My favorite Stalker by Carla Bruin
VampirosPartville nahe Chicago, illinois, Vereinigte Staaten von Amerika Vor 199 Jahren wurde das Friedensabkommen von Caracas, zur Wiederherstellung des öffentlichen Friedens zwischen den Menschen und den Vampiren, von den machthabenden Parteien unterschri...