Kapitel 17

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„Ich komme ja schon!“, rief ich Andrik zu, während dabei noch meine Jacke anzog. Dann machten wir uns auf den Weg zur Schule. Bald waren Winterferien und Weihnachten stand vor der Tür. Die Temperaturen sanken immer mehr, aber noch keine einzige Schneeflocke war vom Himmel gerieselt. Eigentlich liebte ich Schnee, aber je länger es nicht schneite, desto öfter konnten wir noch im Teufelstopf Fußball spielen. Überall an den Fenstern der Häuser konnte man Lichterketten sehen, da es noch nicht allzu hell war. Und auch als wir in der Pause vor Kälte zitternd zusammen standen, war der Himmel noch von Wolken bedeckt. „Dampfender Teufelsdreck, warum muss es nur so schrecklich kalt sein?“, schimpfte Markus und wir stimmten ihm alle zu. „Habt ihr heute schon was vor?“, fragte Juli nun in die Runde und wir alle schüttelten die Köpfe. „Na dann können wir ja heute zum Weihnachtsmarkt gehen.“, rief Joschka begeistert und seine Augen leuchteten. Wir alle stimmten ihm zu, da es jetzt sowieso zu kalt zum trainieren war.

Ich zog mir meine dicksten Anziehsachen an die ich hatte und band mir den weichsten Schal um, bevor ich auf dem Haus ging. „Warte!“, hielt meine Mutter mich auf, „Du hast dein Geld vergessen.“ Sie drückte mir mein Portemonnaie in die Hand und streichelte mir über meine Haare, bevor ich mich auf den Weg machte. Auf dem Weihnachtsmarkt angekommen, traf ich auch schon den Rest der wilden Kerle. Leon hatte seinen pechschwarzen Ball mitgenommen und wir schlenderten an den beleuchteten Ständen vorbei. Vor einem riesigen Tannenbaum, der nur so mit Schmuck übersäht war, blieben wir stehen und guckten staunend zu dem Stern auf der Spitze des Baumes empor. Was für einen wunderschönen Ausblick hatte man wohl von da oben? Man konnte bestimmt den ganzen Weihnachtsmarkt von da aus überblicken. Oder vielleicht sogar ganz Grünwald. „Was ist? Wollt ihr etwa in den Bastelverein für Weihnachtsschmuck eintreten?“, lachte Leon und schoss Joschka den Ball zu. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“, entgegnete dieser und passte ihn zu seinem Bruder. Jetzt fingen wir an, mitten auf dem Weihnachtsmarkt Fußball zu spielen. Wir dribbelten den Ball um die fremden Personen herum und schossen ihn über die Dächer der Stände. Während wir spielten, fing es doch tatsächlich an zu schneien. Immer mehr Schneeflocken rieselten nun vom Himmel, sodass dieser bald nichtmehr zu sehen war. Gerade, als ich zu Raban schoss, rutschte dieser aus. In letzter Sekunde berührte er den Ball und der flog direkt auf einen der Stände zu. Dort prallte er mitten in das Gesicht des Verkäufers. Raban riss die Augen auf und lief weg. Als wir sahen, dass der Mann auf uns zukam, taten wir es dem Jungen mit der Coca-Cola-Glas-Brille gleich. Wir fanden hinter einem der Stände Schutz und rührten uns nicht vom Fleck. Wir trauten uns noch nicht einmal, zu atmen. Wir hörten Fußstapfen und plötzlich kam der Mann mit dem schwarzen Bart wieder auf uns zu geeilt. Raban vergrub sein Gesicht in den Händen und bettelte: „Bitte nicht. Bitte tu‘ mir nichts!“ Joschka sprang auf. „Hadschi!“, rief er und lief unserem Verfolger direkt in die Arme, der ihn jetzt hochhob. „Ihr seid aber groß geworden. Ich wusste direkt, dass ihr den Ball geschossen habt. Niemand sonst würde auf die Idee kommen, auf einem Weihnachtsmarkt Fußball zu spielen.“, lachte er. Alle wilden Kerle begrüßten den Mann fröhlich. Nur noch ich saß da, an die Rückseite des Standes gelehnt und beobachtete die anderen. Als der Fremde dies bemerkte, kam er auf mich zu und beugte sich zu mir runter. „Und wer bist du, kleines Mädchen?“, lächelte er nett, „Gehörst du auch zu den wilden Kerlen?“ „J-Ja.“, stammelte ich, „Ich heiße Yara.“ „Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Ich bin Hadschi ben Hadschi-" „- Der beste Erfinder der Welt.“, unterbrach Joschka ihn und grinste stolz. Ich erinnerte mich an die Schlacht auf Camelot, von der Jojo erzählt hatte. Ich konnte es nicht glauben, dass Hadschi all die verschiedenen Kanonen erfunden hatte und sah ihn staunend an. Der Erfinder lud uns zu einem Kinderpunsch in seinem Stand ein, mit dem er sich etwas Geld dazuverdienen wollte.

Wir wärmten unsere Hände an den warmen Bechern, während wir zusammen im hinteren Teil des Standes saßen und Hadschi weiterhin an der Theke Getränke verkaufte. Mittlerweile konnten wir vor lauter Schneeflocken fast garnichts mehr sehen. „Ihr hattet echt Glück, dass ihr genau mich getroffen habt.“, rief uns Hadschi ben Hadschi zu. Leon, der sich seinen Ball nun wieder fest unter den Arm geklemmt hatte, nickte bedächtig. Als wir unseren Kinderpunsch ausgetrunken hatten, machten wir uns wieder auf den Rückweg. Die Bürgersteige waren mittlerweile auch ziemlich vereist, weshalb wir nur sehr langsam vorwärts kamen. Selbst, als ich schon in meinem Bett lag, schneite es noch so heftig, dass der Schnee durch mein Fenster mein ganzes Zimmer abdunkelte. Wenn es die ganze Nacht weiterschneien würde, würde bestimmt ganz Grünwald verschwinden. Lächelnd stellte ich mir vor, wie ich aus unserem Dachfenster krabbelte und nurnoch die Dächer sehen konnte. Dann würden wir alle endlich überall und unbeschwert Fußball spielen können.

Dafür leg ich meine Beine ins Feuer~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt