Kapitel 13 - Ein Kuss für den Falschen

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Ich drehte mich zur Straße, links von mir und sah Dylan auf seinem Motorrad. Er grinste mich spöttisch an. Ohne anzuhalten, antwortete ich auf seine Frage:"Nein. Lieber Laufe ich als von dir gefahren zu werden." Demonstrativ verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Am liebsten hätte ich ihm noch mehr Beleidigungen an den Kopf geworfen, doch ich verkniff es mir. Ich wusste auch nicht, wo meine plötzliche Wut auf ihn herkam.
"Oh man... Da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden."
Jetzt blieb ich doch stehen, drehte mich nach hinten, er hatte sich noch nicht vom Fleck bewegt, und giftete ihn an.
"Frag doch lieber Lucy, ob sie mitfahren will. Dann kannst du die Chance gleich nutzen, um weiter mit ihr rumzumachen."
Am liebsten hätte ich mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Jetzt würde Dylan sicher denken, dass...
"Bist du eifersüchtig?"
Genau das...
Ich schaute hoch in sein Gesicht und musste mich beherrschen, ihm sein dreckiges Grinsen nicht aus dem Gesicht zu schlagen. Ich ging mit wütenden Schritten auf ihn zu, doch bevor ich noch etwas sagen konnte, setzte Dylan seinen Helm ab und mir auf. Gerade als ich protestieren wollte, zog er mich am Handgelenk auf sein Motorrad.
"Halt dich gut fest, aber du weißt ja schon wie das läuft.", waren seine Worte, bevor er los brauste. Natürlich konnte er sich eine Anspielung auf diese blöde Party von Blake mal wieder nicht verkneifen.
Schnell krallte ich mich an seinen Rücken. Auf gar keinen Fall wollte ich runter fallen. Da saß ich doch lieber mit ihm auf der Machine.

Nach kurzer Fahrt hielt er vor meinem Haus an. Etwas ungraziös stieg ich ab.
"Danke.", flüsterte ich so leise, dass ich schon dachte, er hätte mich nicht verstanden. Als ich jedoch zu ihm hoch schaute, erkannte ich das Lächeln auf seinen Lippen und wusste, dass er es verstanden hatte. Leider war die Fahrt auf Dylans Motorrad viel geiler als im muffigen Bus.

Ich wollte schon gehen, als Dylan mich zum stehen bleiben brachte.
"Lucy und ich verstehen uns gut, aber ich will nicht das Gleiche von ihr, wie sie von mir möchte."
"Ach ja? Und was will sie von dir?", fragte ich noch, aber Dylan hatte sich schon den Helm aufgesetzt und fuhr wieder weg.
So ließ er mich völlig verwirrt zurück. Was sollte das bedeuten? Sie wollten auf jeden Fall unterschiedliche Sachen voneinander, so viel war mir klar. Die Frage war jedoch: Was wollte Lucy von Dylan? Wollte sie eine Beziehung? Ich weiß nicht... Lucy und eine Beziehung? Hatte sie eigentlich jemals eine? Und was wollte Dylan dann? Einfach nur Sex?Plötzlich stellte ich mir Fragen über die ich noch nie zuvor nachgedacht hatte. Lucy und ich hatten auch noch gar keine Gespräche über Jungs, so wie beispielsweise Rose und ich, auch wenn es dabei meist um Rayn ging. Da fiel mir der neue Plan auch wieder ein. Ich musste noch mit ihr darüber sprechen...
Jedenfalls kenne ich Lucy seit dem ich auf ihre Schule wechselte, circa sechs Monate, aber sie hatte noch nie Interesse an irgendeinem Jungen gezeigt. Jedoch hatte ich das auch nicht direkt und trotzdem ging mir dieser Junge jetzt nicht mehr aus dem Kopf...

Als ich in meinem Zimmer ankam, leitete ich also gleich den zweiten Teil von Rayns Plan ein. Ich nahm mein Handy und wählte die Nummer von Rose.
"Brooke, was gibt's?"
"Rose. Schön dich zu hören. Du warst die letzten zwei Tage nicht in der Schule und ich wollte wissen, wie es dir geht?" -Na gut... Das war nicht die volle Wahrheit, trotzdem interessierte es mich.
Wir unterhielten uns kurz und Rose meinte, sie würde den Rest der Woche noch Zuhause bleiben, weil es ihr nicht gut ginge. Das damit verbunden wohl die Sache mit Rayn stand, konnte ich mir auch denken, ohne das sie es ansprach. Plötzlich kam mir ein Gedanke.
"Wenn es dir so schlecht geht, dann kannst du am Samstag ja gar nicht mit zum Bowling kommen. Wie blöd!" -Okay. Sicher war das nicht die feine englische Art, aber es führte mich ans Ziel.
"Nein, ich habe Blake schon gesagt, dass ihr euch lieber einen schönen Tag zu zweit machen sollt."
Augenblicklich wurde ich rot. Ich musste an Blakes und mein Gespräch von gestern denken.
Rose und ich unterhielten uns noch ein wenig und spät am Abend legte ich dann endlich auf. Während dem Gespräch hatte ich völlig die Zeit vergessen. Rose war so eine liebevolles, zartes Persönchen. Ich hoffte Rayn würde das mit ihr wieder hinbekommen.

Als ich schon längst im Bett war, hörte ich wie unten die Tür aufging und meine Eltern rein kamen. Ich schaute auf die Uhr und erschrak, als ich sah, wie spät es schon war. Meine Eltern waren mit ihren vielen verschieden Berufen einfach völlig überfordert und das alles nur, weil sie mir ein schönes Leben ermöglichen wollten.
Bald schon durfte ich ja auch im Kiosk arbeiten, für eine ganze Woche. Meine blöde Bestrafung, weil ich mich damals raus geschlichen hatte. Damals... Als wäre es schön eine Ewigkeit her.

Am nächsten Morgen freute ich mich, dass schon Donnerstag war. Morgen würden wir endlich Ferien bekommen. Wenn auch nur für eine Woche. Und auch wenn ich in dieser Arbeiten musste. Alles war besser als Schule.
Jedoch musste ich dort nun hin. Ich nahm wieder den Stinkebus und war nach einer 20 Minütigen Fahrt zum Glück schon da.
Wieder an der frischen Luft, atmete ich diese ein paar Mal kräftig ein.
"Was machst du da?", fragte mich plötzlich jemand belustigt.
Ich erschrak und zuckte zusammen. Ich drehte mich zu der Person um und entspannte mich ein wenig.
"Gott. Du hast mich so erschreckt, Blake!"
Dieser lächelte schuldbewusst, wendete sich aber sofort dem nächsten Thema zu. Er sprach über Gott und die Welt, während ich ihm aus dem Augenwinkel unauffällig beobachtete. Ich tat so, als würde ich ihm gut zuhören und warf ab und zu ein paar Wörter wie:"Ehrlich?" oder "Ach nein?!" ein, aber in Wirklichkeit hatte schon jemand ganz anderes meine Aufmerksamkeit erlangt.
Auf einer Bank vor der Schule saßen Lucy und Dylan. Sie verstanden sich anscheinend blendend. Seit dem ich sie einander vorgestellt hatte, ließ Lucy mich komischer Weise zufrieden und auch von Dylan hörte ich weniger.
Sofort stieg ein komisches Gefühl in meiner Magengegend auf, das ich so noch nie gespürt hatte.
Ich schaute wieder zu Blake und da der das Gespräch von Dienstag wohl verdrängen wollte, tat ich auch einfach so, als hätte es nie existiert.
"...also sind wir am Wochenende allein und ich dachte du hast einfach Bock zu mir zu kommen. Dann ziehen wir uns ein Film rein oder so."
Ich lächelte ihn an. Blitzschnell kombinierte ich die einzelnen Wörter und Wortgruppen, die ich aufgeschnappt hatte und nickte schließlich. Blake hatte mir wohl erzählt, dass Rose nicht konnte und er deshalb keine Lust hatte, sich extra zum Bowlingcenter zubewegen. Glücklicherweise sah ich es genauso.
Sofort konzentrierte ich mich wieder auf Lucy und jetzt bekam das wohl auch Blake mit.
"Sie verstehen sich recht gut, he?"
Ein wenig verbittert nickte ich und merkte sofort wieder das komische Gefühl in meinem Bauch. Ein anderes kam noch dazu, als ich bemerkte, dass Dylan zu mir schaute, während Lucy weiter auf ihn einredete.
Plötzlich, ohne viel nachzudenken, schnappte ich mir Blake. Ich stellte mich auf Zehenspitzen und kam ihm mit meinem Mund verdammt nah. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie jetzt nicht nur Dylan, sondern auch die ganzen anderen Schüler, die noch draußen vor der Schule standen, uns beobachteten.
Für einen kurzen Moment wirkte Blake geschockt oder vielleicht auch unsicher, aber ich durfte jetzt keinen Rückzieher machen. Jetzt wo mir sowieso schon alle zuschauten...
Ich streckte mich noch ein bisschen weiter und legte meine kalten Lippen auf seine.

Sometimes love is not enoughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt