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Es war stockduster im Raum gewesen. Die Vorhänge waren vollkommen zugezogen, sodass sich die Umgebung der Gefühlslage des jungen Koreaners optimal angepasst hatte, dieser sich somit ziemlich wohlfühlte. Seine Umgebung eins mit seinen Gefühlen wurde. Der Regen prasselte auf den dunklen Fußboden, hinterließ ein angenehmes Geräusch, welches ihn beruhigte, während sein Atem noch immer unruhig und schwer war. Die Fenster hatte er offengelassen, damit sein Zimmer sich abkühlen konnte. Dass es jedoch hineinregnete, war ihm ziemlich egal gewesen, genauso wie seine Vorhänge, die sich mit dem Andauern des Regens vollkommen mit dem Regenwasser vollgesogen hatten und dass seine Möbel durch seine Leichtsinnigkeit an Schaden nahmen, interessierte ihn genauso wenig. Viel zu sehr war er gerade mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, mit den Gefühlen, mit denen er erneut kämpfte. Sein Brustkorb bebte, als würde er mit jedem Atemzug weniger Luft bekommen und sein überfüllter Kopf signalisierte ihm, dass dies angeblich der Fall war. Das war es allerdings nicht. Seine Finger hatten sich fest in der Decke vergriffen, die er sich selbst umgelegt hatte und ihn leicht wärmte. Das Zimmer hatte sich so sehr abgekühlt, dass er sogar fröstelte. Während es am Tag total heiß war und ihm schon fast schwindlig wurde, mit jeder Bewegung, die er tat, fühlte es sich nun für ihn wie ein kurzzeitiger Wintereinbruch an. Er hasste den Sommer und genauso hasste er es, wenn es plötzlich kalt wurde. Im Grunde hasste er eigentlich alles.

Als es an der Tür geklopft hatte, der Junge seinen australischen Freund erahnen konnte, schmiegte er sich umso mehr in den flauschigen Stoff und seufzte leise. Auch wenn er versucht hatte sich rechtzeitig die Tränen von den Wangen zu wischen, blieb seine Haut geschwollen und zeigte dem Älteren, dass er geweint hatte, als dieser das Licht anschaltete. Zunächst wurde dem Jüngeren ein besorgter Blick geschenkt, doch als der Blonde das offene Fenster erkennen konnte, schloss er es schnell und spürte, wie seine Socken sofort klitschnass waren. Innerlich verfluchte er den Jungen, doch auf Grund seiner Gefühlslage wollte er ihn nicht zurechtweisen und schluckte seine Worte, die ihm zuerst auf der Zunge lagen, einfach herunter.

"Jeongin, du solltest vorsichtiger sein. Auch wenn wir Sommer haben, kannst du krank werden, wenn du dein Fenster bei Regen offen hast. Es kann ziemlich kalt werden." Bedacht darauf, dass seine Worte nicht wie ein Vorwurf klangen, setzte er sich auf die Bettkante und beobachtete ihn genaustens. Doch die Augen des Brünetten wichen unsicher zu allen Richtungen hin, aber nicht zu dem Australier selbst. Es war ihm unangenehm zu diesem Zeitpunkt Aufmerksamkeit zu bekommen. In letzter Zeit war es ziemlich oft so, dass Chan auftauchte, wenn es ihm schlecht ging und wenn er ehrlich war, beunruhigte ihn das. Es kam ihm so vor, als würde er auf eine Probe gestellt werden.

"Hm", verließ als einziges seine Lippen. Sein Blick war nun starr gegen die Bettkante gerichtet.

"Du machst es mir zurzeit echt schwer, weißt du?"

Auch wenn Jeongin wusste, dass er sich in letzter Zeit anders verhielt, als man ihn normalerweise kannte, verletzte es ihn sowas aus dem Mund des Älteren zu hören. Denn gerade er war der Grund, wieso sich das Verhalten des Brünetten verändert hatte. Dass er sich jeden Tag Dinge anhörte, die ihm normalerweise egal waren, er aber diese mittlerweile zu Herzen nahm, machte ihn fertig. Viel zu sehr sogar. Doch in den letzten Wochen wurde aus dem selbstbewussten, frechen Jungen ein stilles Mäuschen, dem jegliche Konversation zuwider war und am liebsten allein sein wollte. Außer wenn es Chan war, denn den wollte er immer um sich herumhaben. Fast immer. Es gab Ausnahmen. Und zwar, wenn er es ihm nicht sonderlich gut ging, er weinte und ihm alles zu viel wurde. Dann wollte er keinen sehen. Er wollte verschwinden und am liebsten nie wieder auftauchen.

"Ich war nie einfach.", flüsterte Jeongin eher zu sich selbst, schniefte dann einmal und wollte bereits aufstehen, wurde allerdings vom Blonden wieder heruntergezogen, sodass er sitzen bleiben musste. Ihn überfuhr die Angst und versuchte sich sofort loszureißen. Er wollte nicht angefasst werden. Er wollte einfach in Ruhe in seinem Zimmer liegen, gegen die Wand starren und hoffen, dass seine Gedanken endlich einmal in seinem Leben zum Ersticken kamen.

"Wieso bist du überhaupt hier? Wieso lässt dich meine Mutter rein? Wieso kommst du immer in den unpassendsten Momenten?" Jeongin war aufgebracht. Erneut war ihm danach zu weinen, doch das tat er nicht. Dafür schämte er sich viel zu sehr, als dass er seinen Gefühlen freien Lauf lassen konnte. Stattdessen war sein Atem lauter geworden und er versuchte einige Male diesen Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken, diese anfängliche Panik versuchen langsam zu unterdrücken und doch wusste er, dass er es somit nur schlimmer machte.

"Ich habe dir versprochen, dass ich immer für dich da sein werde, wenn du mich brauchst... Und ich weiß, dass du mich in letzter Zeit ziemlich oft brauchst."

𝗦𝗹𝘂𝗺𝗽 ✧ JEONGCHANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt