Langsam gehen wir eine Felstreppe hinab, die aus dem Gestein der Klippe rausgewachsen scheint. Das hölzerne Geländer scheint ebenfalls aus der Treppe rauszuwachsen. Ihr könnt es euch im Prinzip so vorstellen, dass der Teil, auf dem eure Hand entlanggleitet, ein sehr langer Baumstamm ist. Seine Verankerung sind die Äste oder Wurzeln, die das Konstrukt mit der Erde verbinden.
Unten angekommen, versperrt uns ein dichtes Gebüsch den Weg und lässt uns nur einen Pfad. Ohne groß nachzudenken folgt Jonathan diesem Pfad. Irgendwie doch unheimlich, wie dicht die Büsche sind. Man hat nicht mal die Chance vom Weg abzukommen.
Nach einiger Zeit, in der ich nachdachte, ob ich vielleicht doch leicht klaustrophobisch bin, sehen wir Licht am Ende des Pfades, da es unter den Bäumen recht dunkel ist. Schließlich treten wir auf eine Lichtung, die mir sofort den Atem raubt. Sie ist klein, aber die Vielfalt an Blumen ist einfach unglaublich und einfach wunderschön. Eigentlich halte ich trotz meines Feenanteils nicht viel von Blumen, aber diese Lichtung würde selbst eine Allergie vergessen lassen, dass sie eigentlich jemanden so aussehen lassen sollte, als hätte man die Erkältung des Todes.
"Wahnsinn.", bekomme ich nur hervor und schaue mich mit großen Augen um.
"Das Werk einer Fee.", antwortet Jonathan ohne jegliche Bewunderung für diese Schönheit in seiner Stimme. "Nun komm. Wir müssen die Blattgrüne-Bibliothek heute noch erreichen. Ein zweites Mal werde ich nicht so einfach die Erlaubnis bekommen."
Er geht los, aber ich will die Lichtung noch etwas betrachten.
"Kylian.", ermahnt er mich, doch als ich ihm folgen will, sehe ich eine kleine Kreatur zwischen den Blumen fliegen.
"Jonathan, schau!", rufe ich fasziniert.
Es spricht von großem Glück, eine Fee zu sehen und irgendwie fühle ich mich ganz wohl bei ihrem Anblick. So hingezogen.
Der Halbelf dreht sich um, in dem Moment bemerkt mich die kleine Fee überraschenderweise und fliegt schnell zu mir hinüber. Ich strecke die Hand nach ihr aus, aber da beginnt sie plötzlich um mich zu flattern. Dreht Kreise, macht Saltos und dreht Pirouetten. Dabei kommt sie mir teilweise ganz nahe, doch dann, als sie ein gutes Stück über meinem Kopf fliegt, hält sie kurz in der Luft inne, bevor sie umdreht und wieder zwischen ihren Blumen verschwindet.
Ich blinzle verwirrt. Was sollte das jetzt sein? Jonathan kommt zu mir zurück und streift mir über die Schulter. Er zeigt mir seine Hand, auf der glitzernder Staub ist.
"Woher kommt das?", frage ich ihn noch leicht verwirrt.
"Feenstaub.", erklärt er mir. "Dein Viertel Feenanteil hat wohl gereicht, dass sie den Paarungstanz mit dir durchgeführt hat."
Ich öffne den Mund. "Soll das bedeuten, sie hat versucht mich zu schwängern?!"
Jonathan seufzt. "Du bist zum Viertel Fee. Eigentlich solltest du wissen, dass die Feen durch den Staub zweier Feen in Blumen geboren werden."
Sofort werde ich rot. Nein, das wusste ich jetzt nicht. Und ich muss es nicht wissen, nur weil ich zum Viertel Fee bin. Ich wurde schließlich auf dem Weg gezeugt, den wir alle kennen.
"Wir müssen noch zur Bibliothek.", grummele ich und gehe an ihm vorbei. Dorthin wo die Gebüsche uns einen Ausgang von der Lichtung gewähren.
Immer noch peinlich berührt, streife ich mir den Feenstaub von der Kleidung, während wir den Pfad weiter folgen. Irgendwann werden die Büsche immer niedriger und spärlicher, bis sie uns nur noch bis zum Knie reichen und im circa 50 Zentimeter Abstand wachsen. Da fallen mir auch die Häuser rechts und links auf. Sie sind so, wie das Holzgeländer an der Klippentreppe. Als wären sie so gewachsen. Eigentlich sehen sie wie merkwürdige Bäume aus. Mal ist der Wohnraum ebenerdig und mal wie ein Baumhaus im Blätterdach, das man mit aus dem Baumstamm wachsenden Stufen erreichen kann. Doch je weiter wir dem Gebüschpfad folgen, desto größer werden die Bäume und auch deren Häuser. Manche haben sogar mehrere Stockwerke. Allerdings finde ich eine Sache merkwürdig, sogar ganz schön unheimlich.
"Sag, wo sind die Elfen?", frage ich und drehe mich zu meinem Kollegen.
"Sie sind da. Halten sich nur versteckt.", kommt die Antwort. "Folge einfach dem Pfad, dann bekommen wir auch keine Probleme."
Ich nicke, aber eigentlich würde ich schon gerne einen sehen. Schließlich konnte ich vorhin auch eine Fee sehen und diese zu sehen ist sogar noch unwahrscheinlicher. Da frage ich mich glatt, wie das mit meinem Vater eigentlich passiert ist.
Jedenfalls will ich keine Probleme haben, schon gar nicht mit den Elfen. Also halte ich mich an Jonathans Anweisung und folge den kleinen Gebüschen, bis wir plötzlich vor einer Birke stehe bleiben. Irgendwie dachte ich immer, Birken sind eher dünne Bäume, aber diese war breit genug, dass in ihrer Höhle eine Person in Jonathans Größe ohne Probleme hineinpasst und sich aufrichten kann. Doch eigentlich ist es nicht ihre Größe, die mich neugierig in sie hineinspähen lässt, sondern die durch Laternen beleuchtete, unter die Erde führende Treppe, die wir in ihr sehen können.
"Ist das die Blattgrüne-Bibliothek?", frage ich Jonathan und drehe mich zu ihm um, aber dieser starrt ganz woanders hin.
Meine Augen folgen seinem Blick und treffen auf Gestalten, die mindestens noch einen Kopf größer sind als er. Durch die Kapuzenumhänge kann ich aber nicht die im Dunklen verborgenen Gesichter erkennen.
"W-Wer ist das?", frage ich verunsichert, aber bekomme abermals keine Antwort.
Stattdessen werde ich zu der Birke geschubst. "Geh vor. Ich komme nach."
Ich stolpere in die Baumhöhle hinein und bleibe auf dem ersten Treppenabsatz stehen. "Aber Jonathan-"
Er hebt die Hand und signalisiert mir weiter zu gehen. Ich blicke nervös zu den Gestalten, die nun ein gutes Stück von ihm entfernt stehen geblieben sind, und gehe eine Stufe tiefer in die Höhle hinab.
"Du brauchst ihn nicht fortzuschicken. Er ist zum Viertel Fee und Feen sind bei uns willkommen.", sagt einer von ihnen, wo ich blaues Haar aus der Kapuze hängen sehe. Es ist dasselbe Blau, wie es die Strähne von Jonathans Haar ist.
"Dies sagt ihr nur, weil die Fee ihn als einen der Ihren erkannt hat. Deshalb habt ihr uns dort lang geführt. Ihr wolltet ihn testen.", erwidert Jonathan mit eiskalter Stimme, dass mir ein Schauer den Rücken hinabläuft.
"Du bist uns ähnlicher geworden, Ribes."
Ribes?
Jonathan verzieht keine Miene. "Ich bin lediglich älter geworden."
"Reicht es lediglich älter zu werden?", fragt die Gestalt und nimmt seine Kapuze hinunter und mein Atem stockt.
Hallo ^^
Ihr könnt euch wahrscheinlich schon denken, was das für Gestalten sind :]
Eigentlich wollte ich es nicht wieder so in die Länge ziehen, aber wie schon im Kapitel davor gesagt, es soll nicht an der Qualität leiden ^^ Also wird es immer mehr, als ich eigentlich gedacht habe ;) Aber diesmal habe ich zumindest das Kapitel in einem Stück durchgezogen. Die Letzten habe ich irgendwie so ratenweiße geschrieben. Auf zwei, drei Tage verteilt ^^"
LG Soul_Guardian
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Ein/Viertel (BoyxBoy)
FantasiGerade die stressige Ausbildung beendet, da kann eigentlich das entspannte Berufsleben beginnen. Zumindest sollte es ein Schreibtischjob sein. Ein Schreibtischjob! Das war es, was ich mir als Wunsch eingetragen habe, in diesem dämlichen Bogen, der n...