·Prolog·

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Vor langer, langer Zeit, herrschte einmal ein heftiger Krieg, zwischen dem Dunkelreich und dem Grünland, auf Tiéra - dem Zuhause von zahlreichen Elfen und Wildpferden. Damals kämpfte das eine Reich verbitterter als das andere, doch es kam nie zu einem Sieg eines Landes. Beide Reiche waren sich ebenbürtig im Kampf und keiner wollte sich ergeben, denn der Stolz war bei den Elfen schon immer eine der höchsten Prioritäten gewesen. Auch wenn man ihn nur versehentlich ankratzte, konnte das schon zu harten Auseinandersetzungen führen. 

So schien der Kampf nie ein Ende zu finden. Jeden Tag starben zahlreiche unschuldige Wesen im Gefecht, sowohl elegante Pferde als auch treue Elfen, die nur den Befehlen ihrer Könige Folge zu leisten versuchten. Die Luft war von Angst- und Kampfschreien durchzogen und roch nach fauligem Fleisch, Angst und vor allem nach Tod und Verderben. Die Elfen in ihren Rüstungen - manche hoch zu Ross - wirkten erschöpft und kraftlos, sowie auch das Wetter hatte sie alle geprägt. Doch aufgeben, war für die Krieger ein Fremdwort. So schlug sich jeder für sich selbst durch die Reihen der Gegner und sah jeden einzelnen Tag dem Tod ins Auge. Entschied für sich selbst, ob er sich dem hingab oder nicht. 

Die Könige des jeweiligen Reiches saßen währenddessen in ihren hohen Palästen und tranken ihren Tee, während abertausende dort draußen auf dem Schlachtfeld ihr Leben verloren, dabei ihr Reich enttäuschten und ihre Familie für immer verloren. Man hatte die Männer gar nicht erst gefragt, ob sie kämpfen wollten, man hatte diese alles entscheidende Frage einfach für sie entschieden. Und so hatten alle Männer über achtzehn nur drei Möglichkeiten:
-Nicht kämpfen und sterben
-Kämpfen und sterben
-Kämpfen und gewinnen

Alle erhofften sich letzteres, doch nur wenigen wurde diese Hoffnung erfüllt. 

Nach einer endlos langen Zeit des Gefechts, gelang es den Dunkelelfen aus dem Dunkelreich, die Grünlandelfen aus dem Grünland, zurückzudrängen. Es schien aussichtslos und der König fing endlich an, sich um sein Land und Leben zu sorgen. Er grübelte und grübelte Tage und Nächte lang, doch auch er fand keine Lösung. Die Soldaten, die er einmal für den Krieg  aufgestellt hatte, waren allesamt tot, schwerst verletzt oder am Rande ihrer Kräfte. Seine Soldaten strahlten nicht mehr, nein, sie waren verblasst und nur noch ein Häufchen Elend auf zwei Beinen. Sie waren keine Gewinner mehr, sie waren Verlierer, so wie es schien. 

Man dachte nicht mehr an ein Wunder, man hatte nur noch den Untergang vor Augen. Außer einer - einer, der noch Hoffnung in sich trug.
Der älteste Sohn des Königs, Prinz Aradros, von dem man nur erwartet hätte, dass er sich wie sein Vater in seinem Zimmer verkroch und sich vor dem Tod fürchtete, verschwand eines nachts - doch niemand wusste wohin. Doch Aradros war nicht auf den Kopf gefallen und suchte Verstärkung. Sein schwarzer Hengst Emes war ein sogenanntes Schattenpferd und führte ihn zu der gesuchten Rettung. 

Diese gewisse Rettung hatte aber seinen Preis, der alles kostete, und es war kein niedriger. Der Prinz aber musste nicht lang überlegen und fällte seine Entscheidung. Der Geist, aus den Tödlichen Sandwüsten, den er herauf beschworen hatte, ließ ein Portal erscheinen, nachdem Aradros eingewilligt hatte. Durch dieses erschienen Wesen, die den Elfen ähnelten, aber dennoch eine andere Spezies aus einer anderen Dimension waren - man nannte dieses Volk Menschen. All jene, die durch das magische Portal erscheinen waren, waren freiwillig nach Tiéra gereist, um den Grünlandbewohnern zu helfen und, wenn nötig, ihr Leben für sie zu lassen. 

Prinz Aradros führte seine neue und voll Kraft getankte Armee zum Palast seines Vaters. Bis dorthin waren die Kämpfenden schon vorgerückt, was dem jungen Prinzen grauste. Überall war Blut, Tod und Trauer, wohin das Auge reichte. Beide Armeen der verschiedenen Reiche waren in winzigste Größe geschrumpft und bestanden jeweils nur noch aus ungefähr fünftausend Mann. 

Mit einem Kampfschrei von Aradros stürzten sich die tapferen Menschen ins Gefecht, und der Prinz ebenfalls. Er wusste genau was er tat, nämlich nicht so ein Feigling sein wie sein erbärmlicher Vater, sondern seinen Soldaten Mut machen und mit ihnen kämpfen und sterben. Dank den Wesen aus der anderen Dimension gelang es den Grünlandelfen, nach harten, langen Jahren des Krieges endlich zu siegen. Aradros saß weiterhin auf seinem pechschwarzen Ross und trieb die Dunkelelfen in die Flucht. 

Niemand wusste, wie so etwas geschehen konnte, doch als die Gewinner ihren Sieg ausriefen und niemand mehr darauf achtete, ergriff einer der flüchtenden Dunkelelfen einen verzauberten Pfeil und Bogen, der in Gift getränkt war und schoss den Pfeil ab. Man vernahm das laute Zischen in der Luft und alle Anwesenden wandten ihre Köpfe dem Geräusch machenden Objekt zu - der Prinz mit eingeschlossen. Doch dieser Pfeil war nicht einfach irgendeiner für ihn, es war sein selbst gewähltes Schicksal. Der hölzerne Pfeil schoss geradewegs auf sein mit Rüstung verdecktes Herz zu, doch Aradros rührte sich nicht einen Millimeter von der Stelle, denn er wusste, er hätte keine Wahl gehabt. 

Mit einem lauten Krachen und Knirschen durchbrach der Giftpfeil den eisernen Panzer auf der Brust des jungen Prinzen und erreichte binnen Sekunden sein Herz und durchstach es haarscharf. Sein Volk hatte gewonnen, er hatte sich dafür geopfert, sein Leben gegeben für den Sieg seines Landes, genau wie viele andere Opfer dieses Krieges. Der Geist, mit dem der Prinz sein Schicksal besiegelt hatte, nahm ihn zu sich und ließ alle Menschen wieder in ihre Dimension verschwinden. Sie lösten sich einfach auf und kamen nie, nie wieder. 

Der Stolz der Dunkelelfen war durch diese abscheuliche Niederlage jedoch zutiefst gekränkt und sie wollten sich rächen. Jedoch funktionierte dies nicht. Voller Wut und Zorn, sprach der Herrscher der Dunkelelfen einen gewaltigen Fluch aus, der dafür sorgte, dass nie jemand mehr aus der Menschenwelt zu ihnen durch ein Portal gelangen und ihnen Hilfe leisten konnte. Seinen Rachedurst stillte dies zwar nicht, aber er gab sich damit zufrieden, dass der Sohn des Grünländlichen Königs gestorben war - ehrenvoll, aber immerhin tot. 

Nach dem Verlust seines Sohnes entschied der König von Grünland, sein Reich abzugeben und es in verschiedene Reiche aufzuteilen, darunter auch das neu eroberte Reich im Norden, in dem auch die tödlichen Sandwüsten lagen. Der König teilte sein Reich auf, indem er die großen Flüsse als Grenzen nahm. So entstanden aus einem riesigen Land vier mittelgroße Reiche, die nach ihren Landschaftsformen benannt wurden. Zum einen gab es das Sandreich - was fast nur von Sand bedeckt war -, dann das Waldreich - welches, wie der Name schon voraus sagt, von Wald überwuchert wurde -, und die letzten zwei neuen Länder waren das Gebirgs- und das Grasreich.

Die neu gegründeten Reiche lebten stets in Frieden miteinander und verbündeten sich, bloß das Dunkelreich der immer noch gedemütigten Dunkelelfen enthielt sich allem und zog alleine sein Ding durch. 

So verstrichen die Jahre ins Land und so starben all jene, die das Glück gehabt hatten, die Menschen kennen zu lernen, und ihre Nachfahren mit ihnen. Da es keine Beweise mehr für ihr Auftauchen gab - außer alten Gemälden - , wurde Wahres zu Geschichte, Geschichte wurde Legende und Legende wurde Mythos. Und heute, fast ein halbes Jahrtausend später, glauben nur noch wenige an dieses Wunder. 

Vielleicht, vielleicht schaffte es ja doch irgendwann ein Mensch, nach Tiéra zu reisen und den Fluch zu brechen ...


Karte von Tiéra:

(die markierten Punkte sollen einfach nur Hauptstädte darstellen - hatte nur zwei verschiedene "Kreise")

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