𝐿𝑒𝑜𝑛𝑒𝑡𝑡𝑎 - 𝑉𝑒𝑟𝑙𝑖𝑒𝑏𝑡 𝑖𝑛 𝑑𝑒𝑛 𝐶𝒉𝑒𝑓

꧁༺ 𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 87 ༻꧂

Violetta hatte ihren alten Test irgendwo unter ihren ganzen Sachen wiedergefunden. Jetzt saß sie im Wohnzimmer und kaute nervös auf ihren Fingernägeln herum. Was würde das Ergebnis sein? Diese drei Minuten waren die längsten ihres Lebens. Sie sützte sich mit ihrem Ellbogen auf den Knien ab und hielt ihr die Hand vor den Mund. Sie kam sich vor wie ein Priester beim Beten. Violetta hoffte, dass dieser negativ ausfiel. Sie wollte jetzt gerade kein Kind. Das war einfach nicht der richtige Moment. Als die Zeit rum war nahm sie den Test, der auf der Mitte ihres Couchtisches lag. Ihre Hände zitterten und ihr Herz pochte vor Aufregung. Als sie die beiden rosa Balken auf der Anzeige sah, stockte ihr der Atem. Der eine war zwar blass, aber doch sehr gut sichtbar. Es bestand also kein Grund zu zweifeln. Sie schaute nochmal auf den Beipackzettel. Zwei Balken hieß, dass der Test positiv war. Sie war schwanger! Von León! "Ach du Scheiße!", ihr blieb einige Augenblicke lang die Luft weg. Ihr Mund war offen wie der eines Fisches, der am Aquarium klebte. "Oh nein nein nein nein!!! Das darf doch nicht wahr sein!", rief sie. Das war ein schlechter Witz! Da oben machte sich jemand über sie lustig und spielte mit ihr ein böses Spiel. Abwechselnd schaute Violetta ihren Verlobungsring und den Test an. Ihr Leben stand gerade Kopf. Es fühlte sich so an, als würde sie eine Straße entlangrasen und gerade die Kontrolle über den Wagen verlieren. Oder anders gesagt... SIE WAR AM ENDE!!! Wie sollte sie das nur León beibringen? Sie musste es ihm sagen. Warum nicht zwischen zwei Projekten auf der Arbeit: "Ach übrigens, was ich vergessen habe zu sagen, ich trage dein Kind in mir. Du hast ja selbst gesagt, dass das Leben kurz ist und wir keine Zeit verschwenden sollten.", Violetta lachte nervös. Sie sehnte sich gerade wieder nach dem einfachen und langweiligen Leben vor Vargas. Da musste ihr kleines Herz zumindest nicht so viel mitmachen. Wenn das alles so weiterging, starb sie in zehn Jahren an einem Herzkasper.  Und wie würde er die Nachricht wohl aufnehmen? Er war sicher alles andere, als begeistert. "Er ist ein verdammter Geschäftsmann, Violetta! Was denkst du wohl, was er dazu sagen wird?!". Er, der schon mit neuen Gefühlen völlig überfordert war und für den bereits die Verlobung ein riesengroßer Schritt war... Und nun noch ein Baby. War doch klar, dass er sie aus seinem Leben tilgen würde. Aus seiner Firma schmeißen... Überhaupt aus seinem ganzen Universum verbannen! Oh Gott, sie würde sterben! Ein Kind... Jetzt schon? Wollte sie überhaupt ein Kind haben? Okay, sie hatte sich immer eines gewünscht... Seit Jahren schon wollte sie Mutter werden. Sie wollte ein neues Leben erschaffen, eine Beziehung zu einem kleinen Wesen aufbauen und zusehen, wie es Tag für Tag wuchs. Aber sie hatte nicht gedacht, dass es so schnell soweit sein würde. Sie fühlte sich noch nicht bereit dafür... Violetta musste in ihrem Leben noch so viel klären und ihre Gedanken ordnen. Aber es war überhaupt möglich, sich bereit dazu zu fühlen, Mutter zu werden? Sollte man so lange warten, bis man sich bereit fühlte?  Das war eine wichtige Entscheidung! Sie veränderte das ganze Leben! Violetta konnte so eine Schwangerschaft nicht einfach so hinnehmen und so tun, als wäre das nichts weiter. Sie musste darüber nachdenken. Sie seufzte schwer. Violetta schaute diesen kleinen Test an, als handelte es sich um eine Kristallkugel, in der die Antwort auf alle Fragen stand. Sie legte ihn zurück auf den Tisch und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ihr Herz wummerte. In Momenten wie diesem spürte sie wieder, wie schwer sie damit zurechtkam, dass sie ihre Liebsten verloren hatte. Wie gerne würde sie jetzt Angie anrufen und ihr von ihren Zweifeln erzählen. Sie würde ihr zuhören und versuchen sie zu beruhigen. Aber leider hatte sie niemanden mehr... Violetta spürte, wie ihr die Angst in die Glieder fuhr. Ihre Augen wurden feucht und sie schluchzte, während sie mit der Rückseite ihrer Hand einige Tränen wegwischte. "Es ist nun mal so! Sie ist nicht mehr da! Sie alle sind nicht mehr da!", rief sie schluchzend. Sie sprang auf, als hätte sie sich den Hintern verbrannt und lief wild durch den Raum. Violetta hatte Angst. Sie hatte richtig große Angst. Einige Minuten lang lief sie jetzt schon hin und her, wie es Löwen in ihrem Gehege taten. Vor gar nicht allzu so langer Zeit war sie noch rundum glücklich. Warum suchte sie nur immer wieder eine neue Katastrophe heim? Was sollte sie nur tun? León anrufen und es ihm erzählen? Oder doch lieber nicht? Okay... Sie hatte sich entschieden. Sie würde León anrufen. Es klingelte mehrmals. Ihr Herz pochte wie ein Presslufthammer in ihrer Brust. Seine Mailbox ging ran... War das vielleicht ein Zeichen? Wenn sie etwas tun konnte, dass ihr half und sicher auch guttun würde, dann das sie ihre Freundin anrief. Sie entschloss sich also, Francesca anzurufen. Sie war die einzige Frau, der sie sich anvertrauen würde und mit der sie über ihre Ängste sprechen konnte. Es klingelte ein paar Mal, dann ging sie zum Glück ran. "Hallo Violetta.", "Hallo Fran... Störe ich?", fragte Sie ihre Freundin. "Nein, alles gut. Wie gehts dir? Schwebst du noch immer auf deiner kleinen Wolke? Wir müssen unbedingt die Hochzeitskataloge durchblättern!", Fran war ganz aufgeregt, seit Violetta ihr von ihrer Verlobung mit León erzählt hatte.  "Also, um ehrlich zu sein... Ich wollte mit dir über etwas reden.", "Ja?". "Ich bin schwanger.", sagte Violetta frei raus. Wow. Violetta war begeistert, wie klar und direkt sie das gesagt hatte. Wenn sie das bei León genauso hinbekam, dann hatte sie vielleicht eine Chance, dass er keinen Kreislaufkollaps bekam. Schweigen war am anderen Ende der Leitung. Ups... "Fran? Bist du noch da?", fragte Vilu. "Ja, ja. Ich bin noch da...", antwortete sie. Francesca nahm die Neuigkeit einfach so hin. Ihre Stimme war leise. Okay, sie hatte jetzt auch nicht mit der gleichen Euphorie gerechnet wie als sie gesagt hatte, dass sie verlobt waren. Violetta wusste nur allzu gut, dass das nicht zu ihren mittelfristigen Projekten gezählt hatte. Und erst recht nicht zu ihren kurzfristigen. "Und... also... Das ist ja eine gute Nachricht, nicht?", "Nicht wirklich. Ich bin total in Panik!", rief Violetta. Ihre Freundin seufzte leise. Aber wie immer urteilte sie nicht über die Situation. Sie hörte ihr einfach zu. "Nimmst du keine Pille?", fragte Fran. "Nein... Ich habe sie vor zwei Jahren abgesetzt, weil ich sie nicht vertragen habe...", "Und hast du mit León nicht verhütet?", "Doch... Also... Ich habe das durchgerechnet... Also du weißt ja, wie das ist...", "Ja... Ich habe mir selbst schon ein, zwei Mal einen Schrecken eingejagt mit dieser Methode... Sie ist halt nicht sonderlich sicher...", "Fran... Ich habe Angst. Ich weiß nicht, wie ich León die Neuigkeit überbringen soll...", sagte Violetta verzweifelt. "Mmh... Also zunächst solltest du einen Bluttest machen, damit du wirklich sicher bist.", "Sind die Urintests etwa nicht sicher?", fragte Violetta. "Doch... Aber trotzdem bleibt immer ein Restrisiko.", sagte Fran. "Denkst du...?", "Ein Bluttest ist wirklich die beste Variante. Wenn du ihn gleich machst, dann hast du noch heute Abend das Ergebnis.", sagte Francesca. Violetta hatte nicht in Betracht gezogen, dass der Test auch falsch sein könnte. Ehrlich gesagt wollte sie jetzt möglichst schnell Gewissheit haben. Schließlich wäre es ganz gut zu wissen, ob sie nun in neun Monaten ein kleines Baby in ihren Armen halten würde. "León kommt in ein paar Stunden und holt mich ab... Wir wollen einen kleinen Ausflug unternehmen...", "Gibt es in deiner Nähe ein Labor?", "Sicherlich... Aber ich habe Angst allein hinzugehen... Zumal mir seit heute Morgen übel ist.", "Soll ich mitkommen?", "Würdest du das tun?", fragte Violetta ihre Freundin. "Na klar. ich kann in einer halben Stunde bei dir sein. Ist das okay?", "Ja.", "Okay, bis gleich.". Als Fran auflegte ging es Violetta schon etwas besser. zu wissen, dass sie zu ihr hielt tat schon einmal gut.