Senna Quince 2 | Kapitel 19

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„Ich bin kein Profi, aber ich bezweifle, dass dieser Verrückte Annie in euren Keller versteckt hat!“, brummte Finnick hinter mir, während wir hinter Nerium und Oleander, die steile Treppe nach unten folgten. 
Von Nerium kam nur ein knurren zurück und fast war ich mir sicher, dass er in der Dunkelheit einfach nach hinten ausschlagen würde, doch er schien es sich zu verkneifen. 
Oleander war wenigstens zu freundlich, uns zu antworten, warum sie nach ihrer Entscheidung, uns zu helfen, als erstes in ihren Keller wollten. 
„Der Typ hat schon genug Leute umgebracht, weswegen wir wohl nicht unbdingt unbewaffnet in den Wald rennen sollten. Ich bezweifle, dass ihr in euren Siegerhäusern Waffen versteckt habt?“
Natürlich nicht. Schließlich waren wir nicht verrückt. 
Die einzigen Waffen, die es im Distrikt gab, waren in der Arena und die der Friedenswächter. Niemand war so verrückt und versteckte Waffen, in seinen Häusern. 
Wenn die Wächter davon etwas mitbekommen würden, wäre man so gut wie tot oder schlimmer.
Und trotzdem kamen wir in dem Moment in den muffigen Keller, wie es bei Häusern, so nah am Meer, üblich war, an. 
Im halbdunkel konnte man nicht viel erkenne, bis Oleander einen versteckten Lichtschalter betätigte und der Raum, der über die ganze Länge des Hauses ging, erhellt wurde. 
Nicht nur ich zog bei den Anblick die Luft an. 
Säuberlich aufgereiht hingen an den Wänden jegliche Waffen, die ich jemals gesehen hatte. Perfekt gepflegt mussten die Zwillinge Stunden hier unten verbringen, um alles so in Schuß zu halten. 
Das schien auch Tway so zu sehen, der sich, ungesehen von allen anderen, mitten im Raum im Kreis drehte und anerkennend Pfiff. Immerhin verkniff er sich brav jegliches weiteres Kommentar.
„Wie zum Henker?“, rutschte es Tarek raus und Nerium schaute grinsend zu ihm. 
„Willst du das wirklich wissen?“ 
„Nein wollen wir nicht.“, knurrte Finnick und schaute mich eindeutig besorgt an, „Um so weniger wir wissen, um so besser.“ 
„Wer hätte gedacht das ausgerechnet Sieger bei dem Anblick von Waffen zurück schrecken.“, behauptete Oleander und sein Bruder kicherte kurz zustimmend, doch ich ignorierte die Beiden. 
Sie waren eindeutig stolz auf ihre Sammlung und wenn ich es ohne den eindeutigen Gesetztesbruch sah, sondern als wäre es ein Raum in der Akademie, konnte ich ihnen auch zustimmen. 
Ihre Waffen waren perfekt. 
„Na, Angst weil du weißt, wie tödlich all diese Waffen sind?“, flüsterte Nerium mir plötzlich ins Ohr. 
Ich hatte nicht einmal mitbekommen, dass er so nahe an mich heran getreten war aber ich schaffte es, ruhig dastehen zu bleiben und ihn kalt zu mustern. 
„Es sind nicht die Waffen die tödlich sind.“, erklärte ich ihn ruhig, so wie ich es auch immer mit neuen Schülern in der Akademie tat, „Sondern der Mensch der sie führt. Ohne eine Hand, die das Schwert führt oder Finger, die den Bogen spannen, können sie nichts.“ 
Ob es meine Worte waren oder die Art, wie ich es aussprach, es reichte aus, um den Jungen betreten zu Boden schauen zu lassen. 
Finnick konnte sich ein schmunzeln nicht verkneifen und doch war es Tareks Blick, der mein Herz erwärmte. Stolz. Er lächelte mich stolz und verstehend an. 
Ich war eine Kämpferin und auch eine Mörderin aber sicher kein Monster. 
Daran wollte ich festhalten. Viele Karrieros vergaßen schon während der Ausbildung ihre Menschlichkeit, indem sie gesagt bekamen, die anderen Tribute eher als Tiere zu sehen. Mir war immer bewusst gewesen, was ich da tat. Für mein besseres Leben, mussten dreiundzwanzig unschuldige Jugendliche sterben. Auch wenn ich den Rausch des Tötens in der Arena gespürt hatte, war mir doch immer klar gewesen, dass es eigentlich falsch war. 
Bei Nerium war ich mir da nicht so sicher und ein Teil von mir war froh, dass er dank seiner Verletzung niemals an den Spielen teilnehmen konnte. Seine Menschlichkeit wäre verloren gewesen. 
Finnick war der Erste, der sich aus unserer Erstarrung löste und zielsicher auf einen der Dreizacke zu ging. 
Durch ihn kam auch Bewegung in die Anderen. Oleander, wie Nerium, griffen nach Schwertern und packten das ein oder andere Messer ein. 
Während ich immer noch unsicher in der Mitte des Raumes stand, ging auch Tarek zu den Waffen. 
Ohne Umscheife nahm er einen Gurt mit Wurfmessern und griff nach zwei Dolchen. 
Allein wie er damit umging, zeigte mir, dass dies Wohl die Waffe seiner Wahl gewesen wäre, wenn er auch einmal in der Arena gewesen wäre. 
„Und wie genau stellt ihr euch es vor, wenn wir auf diesen Typen und euer Mädchen-“
„Annie!“, unterbrach Finnick, Neriums Frage. 
„-Annie“, begann Nerium erneut, „finden?“ 
An sich eine gute Frage. 
So ausgerüstet, wie wir gerade waren, konnte es nur einen Ausweg geben. Dieser Kerl würde sterben, wenn er uns in die Hände kam. 
Aber taten wir mit dieser Selbstjustiz nicht fast genau das gleiche wie er? 
Gaben wir ihn den Friedenswächtern, war ich mir nicht sicher, dass sie sich wirklich um ihn kümmern würden und doch war es das einzige, mit was mein Vater wohl zufrieden sein würde. 
Er war kein Fan der Friedenswächter, aber sicher auch keiner von Selbstjustiz. 
Regeln gab es, damit kein Chaos ausbrach, auch wenn wir nicht alle davon mögen mussten. Zumindest war dies seine Meinung und ich wusste nicht, ob er mir noch einmal in die Augen blicken würde, wenn ich es nicht auf seine Art probierte. 
Improvisieren konnten wir immer noch, wenn Plan A schief lief. 
„Wir versuchen ihn zu fangen.“, erklärte ich deswegen laut, „Wenn wir ihn haben übergeben wir ihn an die Friedenswächter. Sie sollen sehen, was sie mit ihm machen wollen.“ 
Eigentlich gab es für Mord nur eine Strafe. Den Tod. 
Damit er jedoch verurteilt werden konnte, mussten wir ihn erst einmal finden und irgendetwas sagte mir, dass dies nicht so einfach werden würde. 
Dieser Mann wusste, wie man sich versteckte. Wenn er nicht gefunden werden will, wird es schwierig in hervor zu locken. 
Doch das schien keinen meiner Verbündeten abzuschrecken. 
Im Gegenteil. 
Sie alle standen mir entschlossen gegenüber. 
Wieder war es Nerium, der zu erst die Stille brach. 
„Dann lasst uns mal auf die Jagd gehen.“

Senna Quince 2 | Leben danach...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt