Soll das ein mieser Scherz sein?
Ungläubig betrachte ich die seitenlangen Artikel, die Professor Rehbein am Vormittag ins e-Learning-Portal hochgeladen hat. Er bittet uns, diese bis nächste Woche zu lesen und wünscht uns ein schönes Wochenende. Ich schnaube. Ganz mein Humor!
»Er denkt wohl, ich belege nur diesen Kurs«, murre ich und bin kurz davor, meinen Laptop zuzuklappen.
Dabei wollte ich endlich mit der Zusammenfassung von Zoologie II beginnen und in Zellbiologie habe ich auch noch bis nächsten Dienstag ein Referat vorzubereiten. Ich verziehe den Mund, während ich daran denke. Aber ich habe keine Wahl. Meinen guten Schnitt, den ich mir seit dem ersten Semester erkämpft habe, will ich ungern verlieren. Eine Weile blicke ich unschlüssig auf den Stapel Mitschriften auf meinem Schreibtisch, der mich fies anlächelt, als hätte er von meinem neuen Arbeitsauftrag erfahren. Innerlich zeige ich ihm den Mittelfinger und öffne den ersten wissenschaftlichen Artikel. Widerwillig überfliege ich die ersten Zeilen, bis ich immer wieder an einer Stelle hängenbleibe.
»Alpakascheiße?«, murmle ich verwundert.
Meine Mundwinkel zucken leicht nach oben, bis ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen kann. Australische Forscher haben entdeckt, dass Alpakakot ein wahres Wundermittel für das Pflanzenwachstum ist. Wie kommt man überhaupt auf die Idee, so etwas zu testen? Ich male mir aus, wie drei Australier einem wilden Alpaka in Peru hinterherlaufen und dessen Mist einsammeln.
»Hey, Milan.«
Ich werde abrupt aus meinen Gedanken gerissen. Fiete setzt sich mit einem dumpfen Plumpsen auf mein ungemachtes Bett. Seine Jeans ist an den Oberschenkeln nass und blonde Strähnen kleben auf seiner Stirn. Ein Blick zum Fenster reicht, um mir die Antwort auf seine Erscheinung zu geben. Prasselnder Regen trommelt gegen die Scheibe und lässt den grauen Hinterhof, auf welchen ich einen Blick von meinem Zimmer aus habe, nur erahnen.
»Bist du gerade erst aufgestanden?«, fragt er belustigt, als er mich mustert. Es ist bereits halb zwei und im Gegensatz zu ihm bin ich eher der Frühaufsteher.
»Nein, wieso?« Erst jetzt fällt mir auf, dass ich noch immer in Boxershorts vor dem Schreibtisch sitze.
Nach der kurzen Dusche habe ich mich nur halbherzig abgetrocknet und wollte nur schnell meine E-Mails checken, bis ich an Rehbeins Nachricht hängengeblieben bin. Wie auf Kommando läuft mir ein Tropfen von meinen noch feuchten Haaren die Wirbelsäule herunter, sodass ich mich instinktiv im Stuhl aufrichte und versuche das Kribbeln zu ignorieren. »War nur duschen«, entgegne ich. »Ich weiß, ein Fremdwort für dich. Aber was ist nun? Du wolltest doch heute zum Prüfungsamt, oder nicht?«
»Mhh.« Mein Mitbewohner kratzt sich an seinen Unterarmen, als wollte er der Antwort lieber aus dem Weg gehen. »Nun ja, es sieht halt nicht so rosig aus, wenn man das so sagen kann. Eigentlich sieht es ziemlich beschissen aus.«
»Mist. Was haben sie denn genau gesagt?«
»Ich brauche noch dringend einen Kurs dieses Semester, den ich auch bestehen muss, ansonsten fliege ich. Dann darf ich nochmal komplett von vorne beginnen!«
Ich nicke langsam. Es ist nicht so, dass ich ihn nicht davor gewarnt hätte. Nach dem dritten Bachelorsemester in BWL wird eiskalt ausgesiebt. Alle Studenten unter 45 Leistungspunkten – beziehungsweise ECTS, wie ich sie korrekterweise nenne – werden exmatrikuliert und er könnte bald einer von ihnen sein.
Fiete lässt sich mit einem lauten Stöhnen auf die Matratze fallen. »Ich weiß, du hast mich gewarnt, aber wer konnte denn ahnen, dass sie es tatsächlich ernst meinen und«, er setzt sich wieder auf und hebt einen Finger, »dass ich bei der Schnabelspeck in Wirtschaftsethik durchfalle. Das hat sie doch extra gemacht!« Er schnaubt abfällig.
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A wie Alpaka (Leseprobe)
HumorEine WG, zwei Studenten und ein Alpaka namens Olaf. Was kann da schon schiefgehen? Eigentlich möchte Milan nur in Ruhe studieren. Doch als sein Kumpel Fiete kurz vor dem Rauswurf an ihrer Uni steht und dringend einen weiteren Kurs belegen muss, steh...