20. Kapitel

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Schmutzpfote hatte es nicht für möglich gehalten, dass es noch kälter werden konnte, doch der Sturm belehrte sie eines Besseren. Der Wind war so schneidend und eisig, dass sie spürte, wie ihr Atem vor ihrer Schnauze gefror und in winzigen Flocken auf ihrem Gesicht niederging. Das Geräusch ihrer Pfotenstapfen hörte sie schon längst nicht mehr, stets übertönt vom Heulen der Böen konnte sie nur hoffen, ihre Gefährten nicht im ewigen Schnee zu verlieren. Ohne sie würde sie nie wieder zurückfinden.

"Wo müssen wir lang?", brüllte Schwanenpfote neben ihr, ihre Stimme klang fest, denn das musste sie auch, sonst hätte der Sturm ihre Worte verschluckt.

"Ihre Spuren sind noch da, gerade so. Sie laufen in Richtung SeeClan-Territorium. Mitten in den Sturm hinein, diese Mäusehirne", fluchte Eichenglut und stapfte an der Spitze vorran. Auch wenn der alte Kater nicht immer der Liebevollste war, so sah Schmutzpfote doch, wie er versuchte, sie, und die anderen Schüler vor dem Wind abzuschirmen. Dennoch drang die Kälte durch ihren Pelz, als trüge sie keinen.

Wir müssen sie einfach finden! Sie sind noch so klein, so weit können sie nicht gekommen sein, dachte die Tigerkätzin in dem Versuch, sich selbst Mut zu machen. Plötzlich war sie doch dankbar für die Beute, die Himmelspfote sie gezwungen hatte zu essen, sie gab ihr etwas Kraft und genug Energie um weiterhin durch den Schnee zu laufen, während jeder Schritt schwerer war als der letzte.

"Zieht eure Pfoten beim Laufen hoch und bewegt euch so viel wie möglich. Haltet eure Schweife unter euren Bäuchen, sonst frieren sie ab", wies Eichenglut die jüngeren Katzen an, er selbst stakste durch die Schneedecke wie ein Reiher auf der Jagd. Noch nie hatte Schmutzpfote ihren Schweif zu schnell eingezogen wie in diesem Moment.

Die winzigen Pfotenspuren der Jungen waren bloß noch kleine Kuhlen, kaum zu sehen und beinahe verschwunden. Sie mussten sich beeilen. In der Hoffnung, bald Schreckjunges oder Rabenjunges dunkles Fell im weißen Sturm zu erkennen, holte Schmutzpfote zu Eichenglut auf, die Ohren gespitzt und den Blick wachsam in die Ferne gerichtet, doch nichts. Wo konnten sie bloß sein?

Aber auf einmal fing etwas anderes ihre Aufmerksam. Sie waren nahe am Wald, bloß ein kleiner, jedoch steiler Hang trennte sie von den Bäumen des Nadelwaldes. Nicht weit entfernt von ihren eigenen Pfoten war der Schnee aufgewühlt worden.

"Ich habe etwas gefunden!", rief Schmutzpfote ihren Kameraden zu und deutete auf die Spur. Eindeutig war hier eine Katze hinabgestolpert.

Eichenglut trat neben sie und blickte auf die Stelle, dann winkte er die anderen herbei.

"Schilfpfote, du hast doch eine gute Nase. Kannst du etwas riechen?", fragte der Älteste und machte der getigerten Schülerin Platz.

Schilfpfote trat schüchtern vor und schnupperte angestrengt. Schmutzpfote war beeindruckt, dass sie bei diesem Dreckswetter überhaupt irgendetwas riechen konnte.

"Sie waren hier...zumindest zwei, maximal drei", miaute die rote Tigerkätzin.

"Aber es sind doch fünf Junge verschwunden", warf ihr Bruder ein.

"Sie müssen sich aufgeteilt haben", knurrte Eichenglut, ganz eindeutig war ihm diese Mission zuwider. "Wir müssen das ebenso tun, wenn wir sie finden wollen. Flügelpfote, Schmutzpfote und Himmelspfote, ihr folgt dieser Spur in den Wald. Flügelpfote, du hast die Verantwortung, verstanden? Der Rest kommt mit mir über die Ebene. Passt auf euch auf."

Schmutzpfote schluckte. Ihr war ganz und gar nicht wohl dabei, ohne Eichenglut loszuziehen. Der gefleckte Kater war der Einzige, der hier Erfahrung mit Schnee und Kälte hatte, selbst Schilfpfote und Flügelpfote, die beiden ältesten Schüler, waren noch nicht lange genug auf der Welt um bereits einmal Schnee gesehen zu haben. Dennoch hechtete Schmutzpfote dem roten Schüler hinterher, als dieser den Hang hinabsprang, Himmelspfote blieb dicht bei ihr. Ihre Nähe war tröstlich. Selbst wenn sie hier draußen verloren gingen, so konnten sie sich immer noch gegenseitig wärmen.

WarriorCats-Das Geheimnis der SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt