Kapitel 32

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Andrik tippte mich an, woraufhin in verschlafen meine Augen öffnete. „Wie lange willst du denn noch schlafen?“, fragte er grinsend. Die Sonne schien bereits durch das Fenster, doch gestern waren ich und Adeline noch lange wach geblieben und hatten uns unterhalten, denn wir wollten unsere letzte Nacht zusammen gut nutzen. Heute Nachmittag würden wir zurück nach Grünwald fahren. Die zwei Wochen waren wie im Fluge vergangen und wir hatten viel unternommen. Ich war oft mit Adeline am Strand gewesen, hatte mit Tarek Fußball gespielt und mich mit dem Rest meiner Familie in der kleinen Stadt umgesehen. Natürlich hatte ich auch einige Postkarten geschrieben und verschickt. Heute, am letzten Tag an der Ostsee, würden wir noch einmal alle zum Strand gehen und die Wellen betrachten. Ich stand auf und ging ins Badezimmer, um mich fertigzumachen. Anschließend machte ich mich auf den Weg ins Esszimmer, wo bereits der Tisch abgeräumt wurde. Schnell schmierte ich mir noch ein Brötchen und verschlang es hungrig. Meine Mutter drückte mir ein paar Handtücher in die Hand und zog sich ihre Schuhe an. Ich tat es ihr gleich und wir gingen zusammen vor die Haustür, um dort auf die anderen zu warten, die uns auch schnell nachkamen. Gemeinsam gingen wir zum Meer, dass glücklicherweise nicht so weit entfernt lag.

Meine Eltern, meine Tante und mein Onkel breiteten bereits einige Handtücher auf dem Sandstrand aus. Tarek rannte direkt auf das Meer zu und Adeline und ich folgten dem kleinen Jungen. Mein kleiner Cousin kniete sich hin und patschte mit seinen Händen in dem nassen Sand herum. Meine Cousine und ich fingen an, am Strand entlang zu gehen und uns zu unterhalten. Kaum waren wir einige Meter gegangen, rannte Tarek auch schon hinter uns her und rief uns. „Ich will mitkommen!“, japste er aufgeregt und außer Atem. Wir warteten, bis er uns eingeholt hatte und gingen dann langsam weiter. Eine Zeit lang unterhielten wir uns zu zweit, doch mein kleiner Cousin unterbrach uns irgendwann: „Können wir ‚Engelchen flieg‘ spielen?“ Er schaute uns mit seinen großen Kulleraugen an, sodass wir ihm seinen Wunsch nicht verwehren konnten. Wir nahmen ihn in unsere Mitte und er griff nach unseren Händen. „Engelchen, Engelchen, flieg!“, sagte Adeline nun und wir nahmen Schwung, um Tarek nach oben zu ziehen. Seine Beine zappelten in der Luft und er lachte überglücklich. Sobald er wieder am Boden angekommen war, bestand er auf ein weiteres Mal. Wir kamen seinem Wunsch nach und wiederholten das Spiel immer und immer wieder. Nach einiger Zeit taten Adelines und meine Arme weh und wir waren froh, als wir unsere Familie am Horizont sahen und der kleine Junge sich von uns löste, um zu ihr zu rennen. Alle anderen saßen auf ihren Handtüchern und aßen Obst, welches sie morgens sorgfältig geschnitten hatten. Meine Cousine und ich setzten uns zu den anderen, die sich angeregt unterhielten. Kayla ging schwankend zu mir und ich setzte sie auf meinen Schoß, während ich dem Rest meiner Familie zuhörte. Als ich meine kleine Schwester für nur eine Sekunde aus den Augen ließ, nahm diese sich eine Handvoll Sand. Kurz bevor sie sich diese in den Mund stecken konnte, hielt ich sie auf und gab ihr stattdessen eine halbe Erdbeere, die sie laut schwarzen aß. Ich liebte kleine Kinder zwar, aber ich freute mich schon, bald endlich wieder mit gleichaltrigen Personen unterwegs zu sein. Hier hatte ich nur meine Cousine und Andrik. Doch da Adeline hier wohnte hatte sie auch Freunde hier und Andrik war mir nach einer Zeit nur noch auf die Nerven gegangen. Bald würde ich endlich Maxi, Raban, Joschka, Juli und den Rest meiner Freunde wiedersehen. Ich würde meine Familie zwar vermissen, aber ich freute mich unglaublich, bald wieder in Grünwald zu sein.

„Bis bald!“, lächelte Adeline und wir umarmten uns. Tarek stand schweigend neben ihr, woraufhin ich mich zu ihm herunterbeugte und ihm über seine hellblonden Haare streichelte. Mit Tränen in den Augen sah er mich an. Dann ging er ins Wohnzimmer und kam mit einem seiner Spielzeugautos wieder zurück. Er drückte es mir in die Hand und murmelte: „Für dich.“ Ich bedankte mich gerührt bei ihm und verabschiedete mich auch von meiner Tante und meinem Onkel. Die beiden halfen uns noch, unser Gepäck in den Kofferraum zu laden und ich schnallte Kayla an. Anschließend setzte auch ich mich ins Auto und wartete auf Andrik und meine Eltern. Meine Verwandten standen winkend vor ihrem Haus, während wir langsam losfuhren. Ich fühlte mich traurig und glücklich zugleich, während ich aus dem Fenster schaute. Ich umschlosse mit meinen Händen fest das Spielzeugauto meines Cousins. Langsam veränderte sich unsere Umgebung und ich freute mich immer mehr auf Zuhause. Wir waren schon lange gefahren, als die Sonne unterging. Andrik und Kayla neben mir schliefen schon und ich beschloss, es ihnen gleichzutun. Ich schloss meine Augen und dachte an die wunderschönen zwei Wochen, in denen ich so viel erlebt hatte. Vor 14 Tagen hatte ich auch im Auto gesessen und war gespannt gewesen, wie unser Urlaub werden würde. Nun wusste ich es und genau wie vor zwei Wochen wiegten mich auch dieses Mal das ratternde Auto und das leise Radio in den Schlaf. Doch dieses Mal hielt ich nicht meinen Fußball in meinen Händen, sondern das kleine Auto meines Cousins.

Dafür leg ich meine Beine ins Feuer~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt