| Emma |
Manch einer mag behaupten, ich wäre zu stur und dass eine Verfehlung längst nicht alles einreissen würde, was man zuvor über Monate hinweg aufgebaut hat.
Doch dass Harry nach allem, was er über mich wusste, dennoch zu Camille gefahren ist und mich zudem noch angelogen hat, konnte ich weder verzeihen noch vergessen. Dass er mit meiner Vergangenheit nicht an die Öffentlichkeit gehen wollte und falsche Kommunikation zu diesem einen Interview geführt hatte, hätte ich ihm noch abgekauft. Es hätte ihm nicht ähnlich gesehen — zumindest nicht dem Harry, den ich bis dahin kannte.
Wie er sich verhalten hatte, hatte mein Bild von ihm allerdings grundlegend verändert.
Er hatte mir nicht erklären können, weshalb er zu Camille gefahren ist. Er hatte sie sehen wollen, das hatte er eingeräumt. Ich war mir sicher, dass er sich einfach nur sein Ego aufpolieren und sichergehen wollte, dass sie nicht über ihn hinweg ist. Er hatte prüfen wollen, ob sie ihm nach wie vor verfallen war und das Gefühl hatte, ihn zu brauchen — so, wie er es sich am Liebsten von jedem wünschte.Das war das neue Bild, das ich von Harry hatte. Und diesem passte ich meine Wahrnehmung von nun an an.
Ich hatte rigoros alle Verbindungen zu Harry gekappt. Weiterhin für ihn zu arbeiten, war keine Option. Für andere mag diese Entscheidung dumm erscheinen. Immerhin ließ ich mir damit eine Menge Kohle entgehen. Aber ich konnte und wollte Harry nicht mehr so nah sein.
Für eines musste ich ihm allerdings dankbar sein: Er hatte mich auf die richtige Spur gebracht. Keine Sekunde hatte ich darüber nachgedacht, wieder in der Gastro zu arbeiten. Ich wollte mein Geld weiterhin mit meinen Bildern verdienen. Harry hatte mir ein ordentliches Portfolio verschafft, womit ich mich immerhin mit einigen neuen Aufträgen über Wasser halten konnte.
Dieser Job wäre gewiss meine Erfüllung gewesen. Erfüllt fühlte ich mich allerdings im Moment rein gar nicht.
Die Enttäuschung saß zu tief. Ich hatte mich nach all den Rückschlägen mit meiner Familie davor gehütet, je wieder auf jemanden zu vertrauen oder mir gar eine schillernde Zukunft mit jemand anderem als mir selbst auszumalen. Harry hatte er geschafft, mich davon zu überzeugen, hatte aber nur wenig später alles wieder gegen die Wand gefahren.Wann immer ich seinen Namen las, guckte ich weg. Wann immer ich seine Gesicht sah, schaltete ich um. Ich versuchte seine Existenz zu ignorieren, was durchaus schwierig war, nachdem mich insbesondere in den sozialen Medien jeder mit ihm in Verbindung brachte.
Als sich Eric überraschend bei mir meldete, wusste ich, dass mir mit ihm ein Treffen bevorstehen würde, bei dem das Thema Harry allgegenwärtig ist. Er war schon immer interessiert daran und sollte er nun hören, dass ich hingeschmissen habe, würden bei ihm gewiss alle Alarmglocken schrillen — und trotzdem sagte ich zu, nachdem ich mich nicht wieder gänzlich in meiner Einsamkeit verlieren wollte.
Wir trafen uns zu einem Spaziergang am Wasser. Es war Monate her, dass ich Eric zuletzt gesehen hatte. Entsprechend hatte er sich wohl vorgenommen, wenig von sich zu berichten und umso mehr mich mit Fragen zu durchlöchern.
„Also, ich bin ganz Ohr", gab sich mein einstiger Lieblingskollege unverhohlen neugierig. „Was läuft in deiner neuen Gesellschaftsschicht?"
Eric kam direkt zum Punkt, wofür ich ihm sogar dankbar war. Damit konnte ich das Missverständnis, dass Harry immer noch Teil meines Lebens wäre, direkt aus der Welt schaffen.
„Ich hab' keine Ahnung", antwortete ich ehrlich und zuckte mit den Schultern. „Ich bin wieder zurück in meiner gewohnten Gesellschaftsschicht."
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Big Tip || h.s. ✓
Fanfic»Mein ganzes Leben besteht aus Erwartungen! Nicht aus meinen Eigenen, ich erwarte längst nichts mehr von mir. Aber jeder Andere sieht mich an und glaubt zu wissen, was er von mir verlangen kann. Du denkst vielleicht, es wäre schlimm, dass die Leute...