Auf dem Deck begrüßte mich der Kapitän mit einem finsteren Gesichtsausdruck, der mir höchstwahrscheinlich das Gefühl vermitteln sollte überaus unwillkommen auf diesem Schiff zu sein. Ich ignorierte ihn einfach.
Kaum hatte ich mich in einer Ecke aus Säcken eine gute Schlafkoje gebastelt, hörte ich das Scharren von Holz. Die Planke wurde eingezogen, was bedeutete, dass das Schiff jetzt ablegen würde.
»Alle Mann an Deck!«, brüllte der Kapitän da auch schon und schritt hoch erhobenen Hauptes über die Holzplanken, als wäre er der König der Welt. Was hatte ich noch gleich über Männer aus Ocria gesagt; Mangelnde Bescheidenheit.
»Wir legen ab! Anker lichten, ihr Landratten!«, schrie der erste Offizier. Ein dunkelhäutiger Mann, der eine muskelbepackte Gestalt abgab. Glatzköpfig und riesig war er ein beeindruckendes Abbild.
Männer gaben schreiend die Befehle durch, Segel flatterten im Wind, Seile wurden gespannt. Wachsam beobachtete ich alles, was auf dem Deck vor sich ging. Egal, was für ungepflegte Rüppel Seemänner auch waren, an Deck funktionierten sie wie ein Uhrwerk. Alles lief wie geschmiert.
Unter noch mehr Geschrei und Flüchen von Seiten des Kapitäns und des ersten Offiziers, setzte sich das große Handelsschiff langsam in Bewegung. Schwer beladen lag es tief im Wasser und schlug hohe Wellen, die gegen die Hafenmauer klatschten. Der Wind wurde merklich kälter, als wir die geschützte Hafenbucht verließen und auf das offene Meer zusteuerten. Der Nebel hatte sich verzogen, so dass ich dahinter den Himmel erkennen konnte. Er war strahlend blau. Ich hatte genug Erfahrung, um zu wissen, dass es gute Voraussetzungen für die einwöchige Reise waren.
Als das Schiff endlich auf Kurs gebracht wurde und die meiste Arbeit getan war, beruhigten sich die Männer und versammelten sich auf dem Deck zu einer Gruppe. Ich runzelte die Stirn. Warum taten sie das? Auf eine Antwort musste ich nicht lange warten.
Der Kapitän war vor seine Mannschaft getreten, wohl in dem Vorhaben eine Ansprache zu halten. Er räusperte sich lautstark, zog noch einmal an seiner Pfeife und begann dann zu reden. Oder zu brüllen. Je nachdem, wie man das definierte.
»An alle die zum ersten Mal dabei sind!«, begann er unverblümt, ohne vorherige Begrüßung. Wie herzlich, dachte ich in einem Anflug von Zynismus.
»Wenn ihr untergeht ist das mein Problem, weil mir Männer fehlen. Mein Rat an euch: Geht nicht unter! Keiner wird euch retten. Gegessen wird, was da ist. Ich will kein Gejammer, schließlich seid ihr aus einem Grund hier.« Er holte tief Luft, um erneut anzusetzen. Sein Gesicht war rot vor lauter Anstrengung. Mein Rat an ihn: Er sollte weniger Tabak rauchen.
»Unser Ziel ist die Küste von Ocria. Das südlichste der vier Länder. Die Reise dauert eine Woche und momentan sieht alles gut aus.«, er deutete mit seiner Pfeife nach oben in den klaren Himmel.
»Ach ja, bevor ich es vergesse.« Sein mürrischer Blick schweifte zu mir herüber. »Wir haben zwei Gäste auf dieser Reise. Behandelt sie, wie welche von uns. Aber wehe ich bekommen Schwierigkeiten mit ihr.«, brüllte er drohend, warf jedem aus seiner Mannschaft einen scharfen Blick zu, während er auf mich zeigte. Zwei?
»Haltet eure Triebe also gefälligst bei euch! Keiner hier will eure mickrigen Schwänze sehen und in Ocria könnt ihr euch dann genug austoben!«
Der Kapitän grinste anzüglich und zeigte seine widerlichen Zähne. Die Männer lachten und johlten zustimmend.
Ich biss die Zähne zusammen, um nicht aufzuspringen und ihnen mit meinen Schwertern mehr Respekt vor den Frauen aus Ocria einzuflößen. Die Freudenhäuser dort waren berüchtigte Orte, die Männer aus dem ganzen Kontinent aufsuchten, nur, um einmal eine der heißblütigen Frauen kennenzulernen.
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Heart of Ice
FantasíaTextauszug: ,,Sein Blick fixierte meine Lippen und er hatte beide Arme neben meinen Kopf gestützt. Der Geruch von Feuer und salziger Meeresluft umfing mich. »Dann bieten wir ihnen doch ein Spektakel, welches sie davon überzeugt, dass sie uns in Ruh...