Ziege und Elf - Teil 1

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Es war dunkel. Ein totes Insekt fiel vom Himmel. Irgendwo in der Ferne heulte eine Eule. Eine dunkle Gestalt saß auf einem Baum und lauschte. Die Gestalt war klein, weiblich und nicht ganz sterblich. Ihre Augen waren blaue Monde in der dunklen Nacht. Die roten Haare, welche ihr der Wind ins Gesicht wehte, waren lang und zerzaust. Sie war nur in Sternenlicht und Dunkelheit gekleidet. Das Wesen wartete auf ein Zeichen. Da erhellte ein gleißender Lichtstrahl die Nacht, der den gesamten Himmel erfüllte. 

Nein, dachte sie und schüttelte den Kopf, das war noch nicht das Zeichen, die Welt zu zerstören. Der Lichtstrahl formte einen Vogel aus silbernen Flammen und flog auf sie zu. Das Mädchen richtete sich auf ihrem Ast auf und blickte dem Geschöpf mit starr voraus gerichteten Augen entgegen. Ein Pfeil aus Schatten durchbohrte die lichte Brust und ein hochgewachsener hellhaariger Elf schälte sich aus der Nacht. Der untote, unversehrte Vogel drehte sich lautlos um und verschwand in der Nacht.

Das Mädchen wandte sich derweil zu dem Elfen um und begrüßte ihn mit Worten einer fremden Sprache. 

„Guten Tag", entgegnete der Elf in derselben Sprache, „Der Vogel wurde geschickt, euch zu retten, Deliath, deshalb musste ich ihn verscheuchen."

Sie lachte schallend und löste sich im Wind auf, einen Moment, bevor der Pfeil an ihrem ehemaligen Sitzplatz ankam. Die waldgrünen Augen des Elfen suchten die Umgebung ab, doch er konnte den Körper des Mädchens nicht mehr ausmachen. 

Da materialisierte sie sich in Form einer Ziege und warf ihn von den Füßen. Die Ziege baute sich vor ihm auf und senkte ihre spitzen Zähne in seine Kehle. Die Augen des Elfen weiteten sich vor Schmerz, doch er konnte noch geistesgegenwärtig einen Dolch ziehen und ihn in die Brust des Wesens stoßen. Sie starben zusammen- langsam, qualvoll, heulend vor Schmerz- bis das Mädchen mit einem blanken Messer an der Kehle erwachte. Sie rollte die Augen und zerrte die Hand, die das Messer hielt, weg. „Wieso machst du das immer?"

Der Elf neben ihr lächelte. „Damit ich dich töten kann", erwiderte er mit Mordlust in der Stimme.
Das wird langsam langweilig", schnaubte sie, „du tötest mich ja doch nicht."
Der Elf schnaubte empört. „Steh auf, es gibt Frühstück."

Als sich das Mädchen aus dem Bett schwang, stieß die Hand des Elfen unerwartet nach vorn, sodass sein Messer die Brust des Mädchens traf. Sofort ließ der Elf den Schaft los und kramte sein Handy hervor. 

„Mist. Warte, ich rufe den Krankenwagen- nicht bewegen und zieh auf keinen Fall das Messer raus!"

„Klar doch", murmelte sie und seufzte, „aber hol mir noch ein Glas Wasser."
Der Elf schüttelte den Kopf und rief stattdessen den Krankenwagen. 

Der Notarzt war ein kleiner, stämmiger Ork, der schon an die beiden gewöhnt war. Deshalb fragte er gar nicht nach und holte schon das übliche Material raus, während der Elf ein Glas Wasser holte. Als das Mädchen alleine war, zog sie das Messer mit einem Ruck aus der Brust und durchstieß damit ihr Herz.

„Du verrücktes Vieh", brüllte der Ork und wedelte mit den Pfoten in der Luft. „Warten sie, Herr Elf, ich rufe meinen Freund an, der ist für Nekromantie zuständig.

Der Elf nickte nur, da er selbst schon ein paar Mal den Nekromanten gebraucht hatte. Er fragte sich verstört, wohin das alles führen sollte.

Kurz darauf tauchte der Nekromant, ein Zwillingsbruder Tom Riddles, in seinem ökofreundlichen Autolein auf. Der Elf öffnete ihm die Tür.

„Guten Morgen, Morfin, wie geht es deinem Bruder? Ich habe gehört, er hat geheiratet."

Der Nekromant, der aussah wie eine schwarze Rauchgestalt, entgegnete nur: „Nein, hat er nicht, Llereurol, hör auf so etwas zu glauben."

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