KAPITULL GJASHTEMBDJETE

333 29 5
                                    

Leonita Gashi

Kein halbes Jahr mehr. Vier, fünf, wenn ich Glück habe vielleicht doch noch fast sechs Monate. Aber danach, danach wäre es vorbei. Entgültig. Gegen jegliche Vernunft, stehe ich nun hier und starre die Klinge in meiner Hand einfach nur an. Stumm und ängstlich vor dem, wonach ich mich so sehr verzerre. Wäre das richtig? Keine Ahnung. Der Gedanke in ein paar Monaten in einem Krankenbett zu liegen und den Kampf gegen mein eigenes Herz zu verlieren, scheint jedoch unerträglich zu sein. Unerträglicher als mir selbst den letzten Atemzug zu rauben und in völliger Stille, alleine die Schwelle zum Tod zu übertreten. Aber wäre das richtig? Nein, nein vermutlich nicht. Vermutlich sollte ich lieber schwach, kaum noch bei Bewusstsein, umgeben von meiner Familie sterben. So, wie es alle von mir erwarten. Die Einsicht kommt viel zu spät und ich zucke zusammen, als ich unbewusst über mein Handgelenk fahre und der blutigen Linie mit meinen Augen folge.

Keine sechs Monate. Noch bevor ich einundzwanzig bin, werde ich sterben.

Ich werde sterben.

Die Medikamente schlagen nicht an. Sie verlangsamen den Prozess, aber sie halten ihn nicht auf. Ich spüre wie mich die Kraft zum Leben verlassen will, Tag für Tag wird diese Schwäche stärker.

„Es tut mir leid, Leonita." Schluchzen, lautes, schmerzvolles Weinen und die Schreie meiner Mutter, Rineah wie sie zusammen bricht und Onkel Jeton, der mich nicht ansehen kann. Meine Hand wird gedrückt, doch ich nehme nicht wahr wer sie festhält.

Es tut mir leid, ändert nichts. Gar nichts.

Vielleicht ist es an der Zeit, einfach zu akzeptieren und zu verwelken, wie eine trostlose Blume im Winter, die langsam sich ihrem Ende neigt und ihre Blüten verliert.

„Du stehst immer noch auf der Warteliste, in Albanien ist es schwer einen Spender zu finden. Ins Ausland zu gehen, ist ein enormes Risiko." Ich höre nur noch das schnelle Piepen des Herzmonitors. Dann verfalle ich der tiefen, gähnenden Dunkelheit. Und mit ihr zerfällt alles in mir.

„Ich will nicht sterben". Schluchzend starre ich auf die rot gefärbe Klinge und aprubt werfe ich das Metallstück weg, bebe am ganzen Körper und starre verschwommen auf die Wunde. Dann schließe ich die Augen und ich falle, ganz tief.

-

Und jetzt stehe ich hier, gebrochen und hoffnungslos, mit starken Schmerzen im Unterleib und den Kopf so leer, dass mich nicht einmal Adrin Jetoni dazu bringt, mich großartig zu regen. Nach seinem Korb an mich, ist auch Adrin für mich hoffnungslos geworden und meine Liebe, meine Schwärmerei für ihn, verblasst immer mehr im Hintergrund, weil ich weiß, dass keine Zeit der Welt ausreichen würde, damit er mir verfallen würde, sowie ich ihm verfallen bin.

In den letzten acht Monaten meines Lebens, ist Adrin für mich etwas geworden, an das ich mich festklammern will. Wie ein Ziel, das ich stetig versuche zu erreichen. Etwas, wonach ich mich sehne, etwas das ich erkunden und erleben will, in jedem Erblühnen der Farben, in denen er leuchten kann.

Aber das wird nicht passieren. Er hat mir gezeigt, dass er aus nichts als schwarz und weiß besteht und ich nehme es ihm nicht einmal übel. Die Sicht, die er über mich haben muss, ist so armselig und von Arroganz geprägt, so verdorben, dass ihn nichts retten kann.

„Sieht wohl so aus, als müssten wir laufen. Oder wir bleiben hier, bis uns Irgendjemand von den anderen abholen kann, aber das würde schwer werden, weil keiner ein Auto besitzt." Mit einem Blick aufs Handydisplay, seufzt er laut auf und wirft es achtlos beiseite. Es landet irgendwo auf der Rückbank, aber das scheint ihn überhaupt nicht zu interessieren.

„Hier fährt nichtmal ein Bus vorbei und die anderen brauchen noch mindestens zwei Stunden, bis sie ankommen." Er fährt sich verzweifelt durch sein dunkles Haar und auch wenn ich es nicht zugeben will, muss ich immer wieder verstohlen zu ihm schielen, weil es verdammt atrraktiv aussieht, wie seine Haare ihm in die Stirn fallen und ihm etwas viel lockeres verleihen. Er sieht so entspannt aus, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Und er ist so gesprächig, dass ich nicht anders kann als meine Stirn in tiefe Furchen zu legen und mich zu fragen, was sich zwischen uns geändert hat.

The bad guy and his rich JulietWo Geschichten leben. Entdecke jetzt