Kapitel 42

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Ich schlug die Augen auf und guckte wie jeden Morgen aus meinem Fenster. In den letzten Tagen hatte es noch viel mehr geschneit und die Weihnachtsfeiertage waren rasend schnell an mir vorbeigezogen. Ich frühstückte und machte mich anschließend fertig. Gerade, als ich in den Garten gehen wollte, rief mich meine Mutter: „Warte mal kurz, Yara. Würdest du Kayla mit nach draußen nehmen? Sie sitzt schon den ganzen Tag vor dem Fenster und schaut in unseren Garten.“ Ich nickte und ging zu meiner kleinen Schwester, die mir schon lachend entgegenkam. Bevor wir in den Schnee gingen, zog ich ihr aber erst ihren neuen Schneeanzug, eine Mütze, einen Schal, Handschuhe und Stiefelchen an. Schon als ich die Terrassentür öffnete, stürmte das zweijährige Mädchen an mir vorbei. Schnell folgte ich ihr und wollte nach ihrer Hand greifen, doch ich griff ins Leere. Meine Schwester ruderte mit den Armen und fiel mitten in den Schnee. Mucksmäuschenstill lag sie da und ich rechnete damit, dass sie jeden Moment losschreien würde, doch zu meiner Überraschung entblößte Kayla ihre kleinen Zähne und fing laut an zu lachen. Sie drehte sich auf den Bauch und versuchte aufzustehen, was ihr aufgrund ihres dicken Schneeanzuges nicht wirklich gelang. Ich atmete erleichtert auf und half ihr. Als sie ein paar Meter gegangen war, kniete sie sich in den tiefen Schnee und versank halb darin, weswegen ich sie sicherheitshalber auf meinen Schoß setzte. Mit ihrer in den Handschuh gepackten Hand, griff sie nach dem Schnee und bewunderte ihn mit großen Augen. Ich formte einen Schneeball reichte ihn ihr, woraufhin sie versuchte, sich diesen in den Mund zu stecken. Gerade, als ich ihn ihr wegnehmen wollte, hörte ich Schritte hinter mir. Ich schaute mich um und sah schließlich Maxi, der an unserem Gartentörchen stand. Ich winkte ihn zu mir und er stapfte durch den Schnee auf uns zu.

„Fertig!“, grinste ich und stemmte meine Hände in die Hüften. Vor „Tippkick“ und mir stand nun ein riesiges selbstgebautes Iglu und wir schlüpften hinein. Kayla rief nach mir und folgte uns anschließend. Neugierig guckte sie sich um und patschte mit ihren Händen an die Innenwände. Anschließend ging sie zu Maxi und reichte ihm etwas Schnee von unserem Untergrund, welchen er lachend annahm. Wir fingen an, uns zu unterhalten, während meine kleine Schwester zwischen uns umherlief. Nach einiger Zeit kam meine Mutter und schaute durch unseren Eingang: „Hey, ihr Eskimos. Wollt ihr eine heiße Schokolade trinken?“ Begeistert nickten wir uns folgten ihr ins Haus. Ein paar Minuten später saßen Maxi und ich  durchgefroren an unserem Küchentisch und nippten an unserem Kakao. Kayla brabbelte in ihrem Hochstuhl vor sich hin, weil sie darauf bestanden hatte, bei uns zu bleiben. Gerade, als wir unser Getränk ausgetrunken hatten, klingelte es an der Tür. Ich öffnete sie und sah zu Herr Maximilian hinauf. Dieser starrte mich kurz an und sagte dann streng zu Maxi, der hinter mir stand: „Ich habe dir doch gesagt, dass du heute um 17 Uhr nach Hause kommen sollst. Warum kann ich mich denn nie auf dich verlassen?“ Schweigend und mit hängendem Kopf ging „Tippkick" an mir vorbei und wurde von seinem Vater an der Schulter gegriffen. Herr Maximilian nickte mir noch einmal zu und schob seinen Sohn dann vor sich her, während sein langer, schwarzen Mantel im eiskalten Wind wehte.

„Hallo, Schätzchen.“, rief mir meine Oma entgegen, als ich die Treppe hinunterging. Ich hatte mich umgezogen, bevor meine Großeltern zu Besuch gekommen waren, und trug nun ein festliches Kleid. Ich folgte dem Rest meiner Familie ins Esszimmer und setzte mich an den bereits geschmückten Tisch. Während wir Raclette aßen, unterhielten wir uns fröhlich und das Lachen schallte nur so durch den Raum. Nachdem wir fertig gegessen hatten, spielten wir einige Gesellschaftsspiele. Kayla wurde von meinen Eltern ins Bett gebracht und ich selbst wurde auch ziemlich müde. Kurze Zeit später kam mein Vater mit Kindersekt und Champagner aus der Küche. Wir alle nahmen eines der gefüllten Sektgläser und meine Mutter schaltete den Fernseher an. Leise hörten wir zu, wie ein Countdown erklang. „10…9…8…“, schallte es durch den Raum. Aufgeregt saß ich auf meinem Platz und war auf einmal gar nicht mehr müde, „3…2…1…“ „Frohes neues Jahr!“, riefen wir alle und stießen gemeinsam an. Andrik und ich rannten direkt an eines unserer Fenster und beobachteten, wie die ersten Feuerwerkskörper unserer Nachbarn in die Luft gingen. Meine Großeltern stellten sich hinter uns und schließlich kamen auch meine Eltern mit Kayla auf dem Arm zu uns. Ich nahm ihnen meine kleine Schwester ab, damit sie alles besser sehen konnte. Lächelnd stand ich da und flüsterte: „Willkommen im Jahr 2005.“ Ich spürte die Freude, Aufregung und Liebe in mir, während ich Kayla ansah, in deren großen, staunenden Augen sich die bunten Lichter spiegelten.

Dafür leg ich meine Beine ins Feuer~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt