Es war noch sehr früh als die Sonnenstrahlen durch das Fenster fielen und sich sanft auf das Gesicht von Elisa legten. Es war Mitte August und der Sommer war noch im vollen Gang. Keine Wolken waren am Himmel zusehen sondern nur das strahlende Blau. Trotz den heißen Temperaturen zwitscherten die Vögel schon munter und weckten Elisa mit ihrem Gesang. Verschlafen versuchte sie die Augen zu öffnen, was ihr allerdings mit dem ersten Versuch gelang. Wenn sie zur Uni musste stellte sie sich ihren Wecker immer eine halbe Stunde vor ihrer üblichen Aufstehzeit, nur damit sie genügend Zeit hatte aufzuwachen, ansonsten kam sie einfach nicht aus dem Bett. Doch zum Glück hatte sie noch eine Woche Zeit bis die Uni wieder anfing. Eine Gnadenfrist die leider viel zu kurz war wie sie fand. Nach mehrmaligen Versuchen gelang es ihr wenigstens das rechte Auge offen zu halten. Das linke wollte noch nicht so wie sie wollte. Träge hob sie die Hand und rieb sich beide Augen. Danach dehnte und streckte sie sich in ihrem viel zu weichen Bett, das sie einfach nicht gehen lassen wollte. Nach einigen Minuten gelang es ihr endlich sich aufrecht im Bett hinzusetzten. Ihre blonden Haare waren komplett zerzaust und standen in alle Richtungen ab. Der Pyjama den sie trug war auch völlig verrutscht. Immer noch müde stieg sie aus dem Bett und ging ins Badezimmer. Den Blick zum Spiegel versuchte sie tunlichst zu vermeiden. Sie wusste genau wie sie aussah, dass musste sie sich nicht auch noch unter die Nase reiben. Nachdem sie sich die Zähne geputzt hatte und noch fix auf Toilette gegangen war fühlte sie sich gleich 10 Kilo leichter. Sie machte sich auf in die Küche und setzte erst einmal Wasser für ihren morgendlichen Tee an. Sie war noch nie ein Kaffee- Fan gewesen. Sie mochte Cappuccino und für einen Latte Macchiato von Starbucks hätte sie alles getan aber Kaffee war ihr einfach zu wieder. Viele Freunde schauten sie jedes Mal verblüfft an. Für sie gab es da keinen großen Unterschied aber für Elisa lagen Welten dazwischen. Nachdem das Wasser fertig war mit kochen und sie ihren Tee aufgegossen hatte ging sie rüber zu ihrem Schminktisch und setzte sich auf den Hocker. Wehmütig blickte sie zu ihrem Bett und überlegte ob sie sich nicht doch lieber in ihr warmes und kuscheliges Nest zurückziehen sollte. Es waren schließlich Ferien und diese sind zum Entspannen da, dachte sie sich. Doch ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie dafür keine Zeit hatte. Läge sie erst einmal drin, käme sie nicht so schnell wieder heraus. Und auch wenn sie keine Uni hatte gab es doch einiges was sie heute erledigen musste. Noch einmal tief durch geatmet machte sich Elisa daran sich fertig zu machen. Sie band ihre blonde Wuschelmähne zu einem Dutt zusammen und machte sich zurecht. Nachdem alles saß und sie ihren Pyjama gegen eine Jeans und Top getauscht hatte trank sie ihren nun nur mehr lauwarmen Tee aus und nahm ihren Kalender zu Hand. ,,Also was hast du heute für mich?“, murmelte sie dabei eher zu sich selbst als zu ihrem Kalender. Ein paar Erledigungen standen an. Briefe zur Post bringen, Einkäufe erledigen, Bafög-Antrag stellen und die Katze vom Nachbarn füttern. Alles Sachen die sie noch vor dem Mittagessen erledigen wollte. Denn da traf sie sich mit Mark. Mit großen Buchstaben stand es in der Mitte der heutigen Tagesspalte. Mark war einer ihrer besten Freunde. Seit anfang diesen Sommers hatte sie ihn nicht mehr gesehen und auch nichts von ihm gehört. Er hatte seine freie Zeit genutzt um ein freiwilliges Praktikum in Spanien zu machen. Dies gehörte nicht zu seinem Studium doch Mark war einfach dieser Typ Mensch der anderen gerne half. Außerdem musste er immer in Bewegung sein. Langeweile war sein größter Feind und so schlug es ihn immer wieder an die verschiedensten Orte. Elisa hatte ihn oft darum beneidet. Sie selbst brauchte zwar auch immer ein Ziel vor Augen, allerdings reichte ihr das Ziel ihren Abschluss zu schaffen. Sie war weder so hiper aktiv wie Mark noch so abenteuerlustig wie er es ist. Einfach irgendwo hin fahren ohne Absicherung wäre ihr persönlicher Albtraum. Vielleicht war es genau das was ihre Freundschaft so einzigartig machte. Sie waren wie Tag und Nacht, sie ergänzten sich perfekt. Und auch wenn sie ihn erst seit zwei Jahren kannte, so war er doch schon zu einem der wichtigsten Personen in ihrem Leben geworden. Stets ist er für sie da gewesen. Immer wenn sie eine Schulter zum Ausweinen brauchte, jemanden den sie ihr Leid klagen konnte, war er zur Stelle gewesen. Sie konnte schon gar nicht mehr mit zählen wie oft er sich ihren Kummer über ihren Exfreund Tom anhören musste. Unzählige Male stand sie vor seiner Tür und hoffte nicht weg geschickt zu werden, was er nicht ein einziges Mal getan hatte. Er kannte sie in und auswendig, manchmal sogar besser als sie sich selbst. Und egal was sie tat oder sagte, er hatte sie nie verurteilt. Andere hatten sie aufgegeben als sie zum dritten Mal von Tom betrogen wurde und dennoch sich dafür entschied bei ihm zu bleiben. Auch wenn sie immer wieder zu betonen versucht hatte, dass sie es aus Liebe tat, verstand sie niemand und so wurde sie mit der Zeit von vielen einfach aufgegeben. Doch nicht Mark. Er gab ihr das Gefühl besonders zu sein. Und dies machte ihn zu etwas Besonderes für sie selbst. Er war immer für sie da und sie wusste, dass das Gleiche auch für sie galt. Deshalb freute sie sich umso mehr ihn nach 6 Wochen endlich wieder zu sehen. Eine viel zu lange Zeit in der sie sich nicht gesehen oder von einander gehört hatten. Sie konnte nicht direkt ausmachen woran dies gelegen hat. Sicher war Mark in einem anderen Land gewesen, aber dennoch hatte er die Zeit gefunden ihr regelmäßig Nachrichten zu schreiben. Doch Elisa hatte den ganzen Sommer über nicht geantwortet gehabt. Nicht etwa weil zwischen ihnen etwas vorgefallen wäre, nicht dass sie sich an so etwas erinnern konnte. Es war vielmehr als würde sie sich überhaupt nur noch schattenhaft an die letzten Wochen erinnern können. Es war alles sehr verschwommen und manchmal fehlten ihrem Gedächtnis ganze Tage. Doch das schien ihr nur logisch zu sein, hatte sie sich doch endlich, wie manche sagen würden, von Tom getrennt. Danach hatte sie sich wie ein Igel eingerollt und niemanden an sich heran gelassen. Eine Trennung braucht nun mal ihre Zeit, hatte sie sich immer wieder gesagt und somit ihren Zurückzug erklärt.