Kapitel 12

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Nachdem ich Anna geholfen hatte, ins Bett zu kommen, hatte ich den Kutscher weggeschickt, da ich auch zu Fuß zur Herberge gehen konnte. Summend schlenderte ich durch die Straßen und ging lächelnd in mein Zimmer, doch hatte ich nicht mit dem gerechnet, was ich sah, als ich die Tür zum Raum aufzog. Überrascht riss ich meine Augen auf, als ich den unangekündigten Besucher erkannte. 

„John, was machst du hier?", knurrte ich, als ich das überlegene Lächeln in seinem Gesicht sah. „Madame Evilian hat mir aufgetragen, dich zu suchen. Immerhin bist du jetzt schon einige Tage nicht mehr aufgetaucht und das ausgerechnet, während der Prinz in der Stadt ist. Aber wie ich ehe, hast du dich angemessen amüsiert!", bemerkte er spöttisch und sah sich mein Kleid nochmals genauer an. „Hätte dich fast nicht erkannt in diesem Fummel, Prinzesschen!", zog er mich auf. Genervt verdrehte ich die Augen. 

„Darf ich dich bitten, zu gehen.", erwiderte ich bloß gespielt nett. „Ich kann nicht ohne dich dort auftauchen...", verneinte er nur. Schnaufend ließ ich die Türe ins zufallen und ging zum Schrank, wo ich anfing, meinen Schmuck abzulegen. „Ich werde aber nicht mit dir kommen.", sagte ich neutral. „Das hatte ich mir schon gedacht. Vielleicht wirst du es jedoch, wenn ich dir sage, dass sie einen Auftrag hat. Und dieser ist nur für dich.", warf John in den Raum. Nachdenklich hielt ich in meiner Bewegung inne. War das nur eine Masche, damit ich mitkam? Nein, so war John nicht... 

„Um was für einen Auftrag handelt es sich?", wollte ich wissen, da er meine Neugierde geweckt hatte. „Ich weiß es nicht, da sie auch mir nichts weiter darüber erzählt hat. Sie meinte nur, dass es von großer Wichtigkeit sei. Natürlich habe ich ihr angeboten, den Auftrag anzunehmen, doch sie war strikt dagegen.", erzählte er mir enttäuscht. Man sah ihm an, dass er gedacht hätte, dass er den vermasselten Auftrag wieder gut machen zu können. Auch wenn ich nicht zurück wollte, war ich viel zu interessiert an dem Auftrag, um hier zu bleiben. 

„Warte unten auf mich!", murrte ich und schob ihn aus dem Raum. Er wollte noch etwas sagen, doch schmiss ich ihm einfach die Türe vor der Nase zu. Eilig schälte ich mich aus meinem Kleid und zog meinen Kampfanzug an, legte meinen Waffengürtel um und hüllte mich in meinen Mantel ein. Das Kleid hatte ich zusammen mit dem Schmuck in eine kleine Tasche gepackt und mir um die Schulter geworfen. 

Als ich die Treppen herunter kam, sah ich John, welcher sich gelangweilt an einen der Tische gesetzt hatte. Räuspernd blieb ich davor stehen und konnte grinsend mit ansehen, wie er erschrocken aufsprang. Natürlich war er nicht begeistert, dass ich ihn in einem Moment der Unachtsamkeit erwischt hatte, weshalb er sich sofort umdrehte und aus der Herberge verschwand. Eilig folgte ich ihm durch das kleine Dorf bis zum Versteck. Die meisten schliefen anscheinend, während andere auf ihren eigenen Missionen waren. Nur wir zwei hielten geradewegs auf die Unterkunft von Madame Evilian zu, welche uns schon zu erwarten schien, da sie die Türe aufstieß, als sie uns sah. 

„Da seid ihr endlich!", grummelte sie. Anscheinend hatte sie wohl wieder einen ihrer schlechten Tage, obwohl ich mir sicher war, dass ich mich nicht an einen einzigen Guten erinnern konnte. „Reya, setz dich!", wies sie mich an und deutet auf einen Stuhl, welcher neben mir stand. Madame Evilian setzte sich mir gegenüber und das einzige, was uns trennte, war ein Tisch, auf dem sich einige Briefe und Unterlagen befanden. Als auch John die Anstalten machte, sich zu setzen, wurde er sofort von Madame Evilian gestoppt. 

„Du nicht, John! Die Informationen für diesen Auftrag sind nur für Reyas Ohren bestimmt. Also hinaus mit dir!", sagte sie ernst. Man sah John an, dass er sich weigern wollte, doch konnte er nicht wiedersprechen. Mit genervten Gesichtsausdruck zog er die Türe hinter uns scheppernd zu. Madame Evilian, deren Vorname Erica war, wartete einen Augenblick, bevor sie anfing, zu erzählen. 

„Du weißt, dass ich sehr erzürnt war, dass ihr es nicht geschafft habt, den letzten Auftrag auszuführen, doch anscheinend meint das Schicksal es gut mit uns. Ich habe gestern einen Brief erhalten, welcher einen sehr wichtigen Auftrag beinhaltete. Es geht um den Prinzen, welcher sich momentan hier aufhält. Du sollst dich in sein Gefolge einschleusen und mit ihm zurück zum Palast gelangen. Dort wird es deine Aufgabe sein, dem König sein Leben zu nehmen!", endete sie ihren Vortrag. Entsetzt zog ich scharf die Luft ein... Den König zu töten, wäre Hochverrat und wurde mit dem Tode oder schlimmeren bestraft, wenn man geschnappt wurde. 

„Als Gegenleistung werden deine Schulden bei mir gestrichen und du bekommst 50 Prozent des gezahlten Geldes. Außerdem wird dir ein eigenes Haus zur Verfügung gestellt und ein neues Leben mit neuer Identität. Solltest du dich aber weigern, bleibst du für immer hier!", offenbarte sie die Folgen meiner Entscheidung. Sie stellte mir zur Wahl, den König zu töten und dafür meine Freiheit zu bekommen oder den Auftrag abzulehnen und für Ewig hier festzustecken.... Ich brauchte nicht lange zu überlegen, bis meine Entscheidung feststand. Niemals würde ich meine Freiheit aufgeben, nach welcher ich mich seit Jahren sehnte!

Herz aus Schatten und LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt