Kapitel 1

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Schnell richte ich mich wieder auf. Ich möchte dem Mann in die Augen sehen, der mich gerettet hat. Außerdem hat er sich doch bestimmt verletzt, ich muss den Krankenwagen rufen. Meine Atmung ist absolut außer Kontrolle, meine Hände sind schwitzig und mein Puls ist noch immer in der Höhe. Hastig versuche ich mich abzureagieren, aber es wird nur schlimmer. Ich laufe vor uns zurück, jedoch werden meine Knie langsam weich. Der Mann kommt auf mich zu und stützt mich leicht.

Ich_ Ich brauche keine Hilfe. Wie geht es aber dir? Du musst ins Krankenhaus!

???_ Du solltest jetzt erstmal mit mir mitkommen.

Ich_ Nein, ich muss einen Mann finden. Das ist eine lange Geschichte, aber es ist wirklich wichtig.

???_ Du musst erstmal zu einem Arzt.

Ich_ Das geht nicht. Ich kann mir das nicht leisten.

???_ Dann bringe ich dich zu einem.

Nein, nein, nein! Ich muss doch Clint Barth treffen! Ich versuche mich aus seinen Armen zu reißen, aber sein Griff ist feste. Solange er mich nicht loslässt, werde ich nicht von ihm loskommen. Na super, irgendein Fremder bringt mich zu jemanden, den ich mir nicht leisten kann. Was ist, wenn er mich zu gar keinem Arzt bringt, sondern umbringen wird. In was für eine Scheiße habe ich mich denn schon wieder geritten. Es war so klar, dass es nur mir passieren wird. Wäre ich fünf Minuten früher losgelaufen, dann wäre all das nicht passiert. Nun gut, es bringt nichts, wenn ich weiter darüber spekuliere, was wäre wenn. Es ist jetzt so und ändern kann man es nicht mehr. Trotzdem versuche ich mich aus seinen Händen loszureißen.

???_ Was machst du da? Ich will dir doch nur helfen.

Ich_ Ich kenne dich doch gar nicht!

???_ Bucky.

Ich_ Was?

Bucky_ Mein Name, ist Bucky.

Ich_ Bella.

Ich kann ein sanftes lächeln auf seinen Lippen erkennen, was jedoch sofort wieder verschwindet. Stattdessen runzelt er die Stirn und zieht die Augenbrauen zusammen. Er sieht gerade nicht sonderlich begeistert aus. Eher im Gegenteil. Was kann ich denn dafür, wenn ich ihn irgendwie aufhalte. Es ist nicht meine Schuld, denn ich möchte nicht Mal mit ihm mitgehen, jedoch habe ich keine andere Wahl. Er hat schon recht, dass ich zu einem Arzt gehen sollte, aber sie sind mir einfach zu teuer.
Sein Metallarm ist noch immer um meine Taille geschlungen, sodass er mich etwas stützt. Zwar ist meine Aufregung etwas verschollen, aber es tut gut. Diese körperliche Nähe, die ich einfach nicht kenne, produziert eine gewissen Wärme in meinem Bauch. Mit Mum hatte ich nie solche Momente, in denen sie sich nur um mich kümmert. Sie war an sich keine gute Mutter, aber trotzdem habe ich sie geliebt und jetzt ist sie einfach Tod. Hätte sie mir nicht gezeigt, dass man keine Gefühle zeigen sollte, dann würde ich jetzt auf der Stelle zusammenbrechen. Mein Herz ist noch immer schwer und droht zu zerreißen, aber ich verliere keine Träne. Die letzten Wochen konnte ich mich auch auf diesen Moment vorbereiten, also war es nicht allzu überraschend. Irgendwann bleibt er stehen. Es kam so unerwartet, dass ich trotzdem einen Schritt weiterlaufe, jedoch wieder zurück in seine Arme falle. Dieses Mal muss er mich mit beiden Armen festhalten, damit ich nicht zu Boden stürze. Er möchte mich mit seinem Metallarm nicht verletzen, weswegen er diesen Arm nur ganz zaghaft und sachte benutzt. Ich blicke nach oben und betrachte das Gebäude, vor dem wir nun stehen. Es ist riesig, viel größer, als die anderen Hochhäuser hier in der Gegend. Weit oben ist ein großes A zu erkennen, es kommt mir irgendwie bekannt vor. Überraschenderweise stelle ich fest, dass das der Avengers-Tower ist. Ich habe ihn auf ein paar Bildern von Clint Barton gesehen. Mein Puls schießt erneut in die Höhe und meine Knie fangen wieder an zu zittern. Mein Griff um Bucky verfestigt sich. Werde ich jetzt gleich also Clint treffen, den Clint, der am wahrscheinlichsten mein Vater ist. Ich bin aufgeregt, sogar ganz nervös. Werde ich es ihm direkt sagen, wenn ich ihn sehe. Nein, dass wäre irgendwie komisch. Erstmal versuche ich eine Bindung zu ihm aufzubauen und dann sehe ich weiter.
Wir betreten den Eingang und eine menge Leute kommen uns entgegen. Alle tragen verdammt teure Anzüge und wirken definitiv nicht so, als würden sie irgendwelche Geldprobleme haben. Alle sehen uns etwas komisch an, was Bucky nicht zu interessieren scheint. Trotzdem lässt er mich los, verliert mich aber nicht aus den Augen. Warum bringt er mich hier hin? Er drückt auf den Knopf des Aufzuges, welcher sich auch direkt öffnet. Wieso vertraue ich eigentlich irgendeinem wildfremden Typen? Auch wenn ich all diese Zweifel an ihm hege, ich steige mit ihm in den Aufzug und warte ab, was als nächstes passieret. Ich hänge nicht so sehr an meinem Leben, zwar will ich auch nicht sterben, aber falls es auf einmal so weit kommt, dann kann ich es sowieso nicht mehr ändern. Aber aus irgendeinem Grund weiß ich, dass er mir nichts antun wird. Der Aufzug ist schneller als die, die man sonst so kennt. In ein paar Sekunden sind wir schon im paar und zwanzigsten Stockwerk. Werde ich jetzt Clint Barton treffen oder sind das nur diese Hoffnungen in mir drin, die meinen Verstand benebeln. Die Türen öffnen sic langsam und zum Vorschein kommt ein riesiges Wohnzimmer, mit einer Bar, einer Dachterrasse nebenan und vielem mehr. Wir treten weiter ins innere der Wohnung und ich sehe mich erst einmal überall um. Alles wirkt so luxuriös und geschmackvoll eigerichtet. 

Bucky_ Steve, Tony kommt Mal her!

Er ruft die beiden in einer solchen Lautstärke, dass ich vor schreck ein wenig zusammenzucke. Sind das Ärzte? Nein, sind sie bestimmt nicht. Mittlerweile ich auch mir klar, dass Bucky mich nicht zu irgendwelchen Ärzten bringen wollte. Die Angst macht sich in meinem Körper breit. Ich möchte einfach nur noch von hier verschwinden. Schnell versuche ich umzukehren, um davon zu laufen, jedoch habe ich die Rechnung ohne Bucky gemacht. Er greift nach mir und hält mich fest. Sein echter Arm legt sich um meinen Hals, sodass ich mich nicht nochmal traue, davon zulaufen. Allerdings habe ich viel trainiert in den letzten Jahren. Irgendwie schaffe ich es seinem Griff zu entweichen, er schaut mich einfach nur erstaunt an. Offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich mich auch wehren kann. Ich renne zum Aufzug, jedoch fliegt ein Schild genau vor meine Nase. Vor lauter Schreck lasse ich einen leisen Schrei hinaus und bleibe ruckartig stehen. Das ist der Moment, in dem ich realisiere, dass es keinen Sinn hat, weiter zu laufen.

Steve_ Du musst nicht von uns weglaufen. Wir wollen dir nur helfen.

Ich_ Ihr seid offensichtlich keine Ärzte, also wie wollt ihr mir helfen?

Tony_ Bist du dir auch wirklich sicher, dass sie es ist?

Ich_ Das ich was bin? Was geht hier vor sich?

Steve_ Ein paar Typen, die wir schon seit längerem verfolgen, haben dich da draußen verfolgt.

Ich_ Das kann nicht sein, ich bin ein niemand.

Steve_ Niemand ist bloß ein niemand. Jeder hat etwas an sich, was sehr besonders ist und so auch du.

Ich_ Das mag sein, aber wieso sollte man mich verfolgen. Ich denke, dass ihr mich einfach nur verwechselt. Wer seid ihr überhaupt?

Tony_ Ich bin Tony Stark, Iron Man. Das ist mein guter Freund Captain America.

Steve_ Steve Rogers reicht vollkommen aus.

Tony_ Wir sind die Avengers, beziehungsweise ein Teil. 

Meine Aufregung steigt. Hier irgendwo muss dann auch Clint Barton sein. Ich muss ihn sprechen, er ist der einzige, dem ich vertrauen werde. Es kann natürlich auch sein, dass ich mich täusche, aber es ist am wahrscheinlichsten, dass er mein Vater ist. Deswegen bin ich auch eigentlich hier, nun gut, deswegen wäre ich morgen hier hin gekommen. Heute wurde ich mehr oder weniger hierher geschleppt. 

Ich_ Ich möchte mit Clint Barton sprechen. Er ist der einzige, dem ich vertrauen werde.

Steve_ Das kannst du machen, er ist gerade oben und sollte gleich herunterkommen. 

Ich nicke und lehne mich etwas gegen die Wand, die noch immer hinter mir ist. Ich habe mich keinen Zentimeter bewegt, seitdem Steve den Schild nach mir geworfen hat. Langsam fange ich an, mich an meinen Unterarmen zu kratzen. Es ist so etwas wie ein Tick, den ich habe, wenn ich extrem nervös bin. Kann man es mir überhaupt verübeln, ich meine, ich treffe gleich meinen Vater. Nun gut, er ist nur vielleicht mein Vater, aber es wäre schon irgendwie cool, wenn er es wäre. Dann wäre meine Mum einen Soldatin und mein Dad ein Superheld. Jedenfalls hätte ich hohe Erwartungen, die ich erfüllen müsste. Leider weiß ich noch nicht mehr. Es wäre alles so viel einfacher, wenn Mum den gesamten Namen gesagt hätte, bevor sie gestorben ist. Ich liebe zwar Rätsel, aber ich möchte es jetzt einfach wissen. 

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