Kapitel 22

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„Na, ausgeschlafen?", frage ich Kai grinsend als er zu mir getrottet kommt. „Mh, warum denn um 8 Uhr? Ging's nicht vielleicht noch ein bisschen früher?", feixt Kai und wirft mir einen bösen Blick zu. „Es wäre schon früher gegangen, aber ich wollte ein wenig ausschlafen" sage ich schmunzelnd. „Ausschlafen?! Das nennst du ausschlagen?", fragt der Fußballer mich ungläubig. „Naja, normalerweise muss ich durch die Arbeit früher aufstehen, nicht jeder hat so einen Job wie du. Aber egal, lass uns loslaufen ich will immerhin noch in den Fitnessraum hier." Kai nickt nur schwach, geht dann aber hinter mir aus dem Hotel raus. „Ich hab schon eine Route rausgesucht, das ist nicht viel also wirst du das schon überleben", lache ich und ernte schon wieder einen bösen Blick von Kai. Der Morgen scheint wohl nicht Kai's Lieblingszeit zu sein.

Ich gucke ihn noch einmal grinsend an, bevor ich auf meiner Uhr das Training anmache, damit es meine Zeit, Strecke und verbrannte Kalorien misst. „Kommst du?", lache ich also ich schon ein paar Meter in eine Richtung gegangen bin. Kai guck von seiner Uhr hoch und verdreht die Augen. „Jaja komme schon", sagt er stöhnend eh er auf mich zu gelaufen kommt. Nach ein paar Sekunden joggen wir dann in einem eher normalen Tempo nebeneinander her. Das Laufen ist für mich immer etwas beruhigendes, bei dem ich meine Gedanken ein wenig Ordnen kann. Und auch für Kai scheint es entspannend zu sein, denn er starrt genauso wie ich zuvor einfach nach vorne.

Ich drehe meinen Kopf wieder von ihm weg und konzentriere mich wieder auf meine Atmung und den Weg vor mir. Um uns herum sind viele Leute unterwegs. Manche tragen Anzug und Aktentasche, andere sind wiederum mit ihren Kindern unterwegs. Ob hier wohl auch Leute von der Presse sind? Plötzlich gucke ich mich etwas panischer um. Wir sind hier am Montag morgen in Berlin, natürlich könnte hier die Presse sein. Und jeder hier könne Fotos von uns machen. Hinter einer Gebäudeecke steht ein Mann, der etwas in der Hand hält. Eine Kamera? Bei genauerem hinsehen ist es noch nur eine schwarzer Thermosflasche. Oder die Frau, die uns kurz angesehen hat. Oder die zwei Jungen an denen wir vorbei gelaufen sind. Sie sind zwar nicht von der Presse - sie waren schließlich um die 10 Jahre alt - aber sie haben Kai auf jeden Fall erkannt. Wird das jetzt immer so sein, dass ich mich immer und überall beobachtet fühle, wenn ich mit Kai irgendwo bin? Oder wird das mit der Zeit besser? Ich meine, Kai scheint es gar nicht mehr zu interessieren wenn Leute auf ihn zeigen oder heimlich Fotos machen. Vielleicht überspielt er das alles aber auch nur und in Wirklichkeit beschäftigt ihn das genauso wie mich momentan. Ich schiele kurz zur Seite und sehe dass mich Kai fragend anguckt. Ich nicke nur lächelnd und zeige ihm somit dass alles gut sei. Er schenkt mir ebenfalls ein kurzes Lächeln, dann guckt er wieder auf die Straße. Ich tue es ihm gleich.

„Das war alles nur keine kleine Runde verdammt!", flucht Kai außer Atem. Nachdem wir losgelaufen sind, ist Kai immer weiter zurückgefallen und musste sich immer wieder zu mir vor kämpfen. Na gut, dazu muss man sagen, dass ich die Sieben Kilometer auch in einem ordentlichen Tempo gelaufen bin und Kai gestern schon ein Spiel hatte wo er viel laufen musste. „Naja für mich war es eine kleine Runde", schmunzele ich. „Das mag sein, aber du hast auch gestern noch keinen Sport gemacht!" „Das stimmt. Aber du hast es doch überlebt oder nicht?" Kai zieht die Augenbraue hoch und meint dann: „Sonst würde ich ja jetzt nicht hier stehen oder? Aber das bedeutet nicht, dass es nicht schlimm war!" Ich fange an kurz zu lachen, was mit einem schmollenden Blick von Kai quittiert wird.

„Also, bevor du jetzt hier weiter schmollst gehe ich in den Fitnessraum. Willst du mitkommen oder muss sich der Herr erstmal ausruhen?" feixe ich. Kai überlegt kurz, meint dann aber: „Solange du nicht auf komische Ideen kommst wie: ‚du kannst ja mitmachen' komme ich gerne mit" „Na, mal sehen", lache ich. Zusammen gehen wir dann kurz zu meinen Hotelzimmer hoch um meine Sachen zu holen und um etwas zu trinken, dann gehen wir schon weiter zum besagten Raum.

Nach einer Viertelstunde suchen - Kai scheint genauso wenig einen Orientierungssinn zu besitzen wie ich - lege ich meine Sachen am Rand des Raums ab. Der Raum liegt direkt neben dem eigentlichen Gym und wird, wie ein Trainer uns erzählt hat, eigentlich für Yogakurse benutzt. Da am Montagmorgen jedoch nich keine sind dürfen wir den Raum benutzen. Oder besser gesagt ich, denn Kai setzt sich einfach an den Rand vor ein großes Fenster und tippt etwas auf seinem Handy herum. Währenddessen ziehe ich schonmal meine Tanzschuhe an, die eine extra Ledersohle haben um besser auf dem Parkett rutschen zu können. „Stopp, dadrauf Tanzt du?!", fragt Kai plötzlich als ich den zweiten Schuh anziehe. Ich gucke ihn kurz verwirrt an, sage dann aber: „Jap, warum?" „Naja das sind schon ganz schön hohe Absätze. Knickst du da nicht voll oft um?" Ich muss schmunzeln. Das bekomme ich sehr oft zu hören. „Das ist völlig normal in dem Sport und wenn man es lange macht dann knickt man auch nicht mehr so schnell um. Klar bin ich am Anfang auch oft umgeknickt aber mittlerweile geht es. Außerdem sind das ja nur 6 cm Absatz." erkläre ich. Kai guckt die Schuhe trotzdem noch skeptisch an. „Ich würde dadrauf trotzdem schon nach dem ersten Schritt umknicken und mir den Fuß brechen..." Ich muss anfangen zu lachen. „Du bist aber auch ein Mann" „Ey!"

Da ich auch meinen zweiten Schuh angezogen habe, stehe ich auf und verbinde mein Handy mit der kleinen Anlage im Raum. Dann suche ich auf Spotify nach meiner Playlist und starte das erste Lied. Mein Handy lasse ich einfach vorne liegen und stelle mich dann vor den großen Spiegel. Leise zähle ich den Takt des Liedes mit und fange dann an ein paar Basic Schritte zu üben. Ich konzentriere mich komplett auf das Tanzen, meine Füße die die Schritte setzen, mein Körper der sich dabei bewegt. Im Hinterkopf habe ich die Sachen die mir meine Trainerin immer sagt und versuche alles bestmöglich umzusetzen.

Nachdem ich beschließe den Tanz zu wechseln, erwache ich auch aus meiner kleinen Welt und nehme das erste Mal wieder Kai wahr. Dieser scheint mich die ganze Zeit über beobachtet zu haben, denn er lächelt mir staunend zu. „Das ist wirklich krass", meint er. „Dankeschön, wie gesagt Jahrelange Übung. Das ist genau wie beim Fußball. Du trainierst doch auch oft uns schon lange, deshalb bist du auch so gut" „Da hast du wohl recht. Aber nicht so gut wie du das machst.", grinst Kai und ich verdrehe die Augen. „Schleimer" „Ich doch nicht", lacht Kai. Ich schüttele nur den Kopf und widme mich meinem Handy um die nächsten Lieder anzumachen.

„Uff, das war wirklich anstrengend", keuche ich nachdem ich mein Training beendet habe. „Das glaube ich dir. Das sah teilweise aber auch wirklich nicht gesund aus wie du dich da verdreht hast", lacht Kai. „Ich weiß, aber ich hab im Hinterkopf immer die Stimme meiner Trainerin die mich anschreit ich soll noch mehr machen und mich mehr anstrengen... Da wird man immer ehrgeiziger", sage ich und nehme einen Schluck aus meiner Wasserflasche. „Das kenne ich nur zu gut. Aber ich wäre dafür mich jetzt mal zu duschen und dann hab' ich Hunger", sagt Kai. Ich nicke zustimmend. „Das ist ein sehr guter Plan. Dann sehen wir uns später bestimmt nochmal." „Jap, bestimmt!", grinst Kai und zieht mich kurz in eine Umarmung. Da er auf sein Zimmer muss verabschieden wir uns einfach schon vor dem Fitnessraum. Als er mich wieder loslässt lächelt er mich kurz an und verschwindet dann in die andere Richtung.

How deep is your love - Kai Havertz ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt