Kapitel 47

133 5 0
                                    

Die Sommersonne kitzelte mich an der Nasenspitze und weckte mich. Ich gähnte und streckte mich, bevor ich aufstand und aus dem Fenster in meinem Zimmer schaute. Die Blumen im Garten blühten in den buntesten Farben und Schmetterlinge tanzten durch die warme Luft. Nun begann endlich der Sommer und mit ihm auch die Sommerferien. Sechs lange Wochen, in denen ich nicht zur Schule gehen und lernen musste, lagen vor mir. In ungefähr einer Woche würden wir in den Urlaub fahren. Anders als letzten Sommer würden wir dieses Jahr allerdings in den Bergen wandern gehen. Ich konnte es kaum erwarten, da ich zuvor noch nie in den Alpen gewesen war und dort bestimmt einige Abenteuer auf mich warteten. Langsam ging ich in die Küche, um etwas zu frühstücken, und machte mich anschließend fertig. Ich zog mir ein bauchfreies T-Shirt und eine kurze Hose an, da es heute ziemlich heiß war. Meine Eltern und Kayla gingen spazieren, während Andrik und Clara in unserem Garten saßen. Ich beschloss deswegen, etwas zu zeichnen. Gerade, als ich völlig darin vertieft war, klingelte es an der Tür. Ich wartete, aber niemand öffnete sie und es klingelte erneut. Seufzend stand ich auf und ging die Treppe hinunter. Als ich die Haustür öffnete, stockte mir der Atem. Vor mir stand niemand Geringeres als Maxi „Tippkick“ Maximilian. Sobald ich meine Sprache wiedergefunden hatte, fragte ich ihn: „W-Was machst du hier?“ „Das ist eine lange Geschichte.“, grinste er mich an, „Die erzähle ich dir besser, während wir uns auf den Weg machen.“ „Aber wohin?“, sprach ich eine der vielen Fragen in meinem Kopf aus, „Und warum? Ich dachte, du bist bei deinem Vater in der Bank.“ Maxi seufzte: „Das hat dich verletzt, oder? Hör zu, es tut mir leid. Ich hab das nicht so gemeint. Wir sind doch noch Freunde, oder?“ Ich nickte und lächelte erleichtert. Der braunhaarige Junge zog mich mit sich, bis ich mich ergab und ihm freiwillig folgte. „Wo soll ich nur anfangen?“, grinste Maxi mit seinem lautlosen grinsenden Lächeln, „Ich saß heute Morgen tatsächlich in der Bank meines Vaters. Doch plötzlich kam ein kleiner Junge hinein und stellte sich vor mich. Er redete von den wilden Kerlen und davon, dass er sie mit seinem Seitfallflugvolley, direkt in den Winkel, retten wollte. Naja, schließlich schoss er einen Farbeimer, der auf einem Gerüst stand, um und der fiel dann direkt auf den Kopf meines Vaters. Dann sind wir so schnell wie möglich geflüchtet.“ Ich lachte: „Ich glaube, ich hätte auch die Flucht ergriffen. Das ist immerhin besser, als lebenslanger Hausarrest.“ „Ja, definitiv.“, stimmte mir „Tippkick“ zu, „Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Zusammen sind wir zu Juli und Joschka gegangen, die gerade zur Strafe in einem Gewächshaus arbeiten mussten. Und wieder hat Nerv, der kleine Junge, sie überzeugt. Dieses Mal hat er mit seinem Fußball ganz vier Fenster zerschossen und wir mussten so schnell wie möglich abhauen, weil die Besitzerin des Gewächshauses das natürlich mitbekommen hatte und uns schon auf den Fersen war. Aber die konnte ich trotzdem mitnehmen, hier.“ Maxi hielt mir eine rosane Blume vor dir Nase und ich nahm sie lächelnd an. Dennoch drehte sich mein Kopf vor lauter Fragen: „Aber heißt das… die wilden Kerle gibt es wieder?“ „Naja, fast zumindest. Wir sind jetzt auf dem Weg zu Marlon und Markus, denn die gehören schließlich auch dazu.“, entgegnete der braunhaarige Junge neben mir. Mein Herz schien vor Aufregung nun fast aus meiner Brust zu springen und ich beschleunigte mein Tempo.

Maxi kam an einer Kartbahn zum Stehen und ich tat es ihm gleich. Auf ihrer Streckte fuhren zwei Rennfahrer dicht hintereinander her. Einer der beiden fuhr hinter der Ziellinie in den anderen hinein und brachte sein Kart zum schleudern. „Bist du völlig verrückt geworden?“, schrie sein Fahrer die andere Person an. Der andere Rennfahrer nahm seinen Helm ab und wurde augenblicklich zu Markus: „Nein, aber das werde ich gleich! Guck doch mal, wer da an der Rennstrecke steht.“ Auch der andere Fahrer nahm seinen Helm ab und entpuppte sich als Marlon. Beide kamen schnell auf uns zu. „Kommt, wir trinken 'ne Limo.“, lud Markus uns ein und Marlon fügte hinzu: „Und dann erzählt ihr uns, was ihr hier wollt.“ Ohne zu zögern, begann Maxi zu reden: „Fabi und die biestigen Biester haben uns herausgefordert, verflixt.“ Ich verschluckt mich vor Schreck fast an meiner Limonade. Wie konnte uns Fabi nur herausfordern? Er war doch selbst einmal ein wilder Kerl gewesen. Und wer waren die biestigen Biester? Markus und Marlon waren genauso überrascht wie ich. „Deswegen müssen wir gegen sie antreten und sie besiegen. Sonst sind sie die beste Fußballmannschaft der Welt und wir nur ein Haufen Weicheier.“, fuhr „Tippkick" überzeugt fort. „Wir? Die wilden Kerle, Maxi? Die gibt es nicht mehr, das weißt du doch.“, unterbrach Marlon ihn. „Ja, aber es wird sie wieder geben. Und ihr gehört auch zu den wilden Kerlen, habt ihr das etwa schon vergessen?“, erhob ich nun mein Wort. „Wir spielen nicht mehr bei den wilden Kerlen. Und wir werden es auch nie wieder tun.“, antwortete Markus kalt, woraufhin Marlon nickte. „Ist das euer letztes Wort?“, fragte Maxi zweifelnd. „Mein Gott, Maxi.“, flüsterte Marlon nun, „Wir werden erwachsen. Uns interessiert dieser Kinderkram nicht mehr.“ Ängstlich sah ich zu Maxi herüber, da ich dachte, er würde es sich vielleicht anders überlegen. Doch der antwortete nur enttäuscht: „Okay, ich verstehe. Das war's dann wohl.“, und zog mich mit sich. Traurig guckte ich noch einmal zu Markus und Marlon zurück, doch die riefen uns nur hinterher: „Nein, du kapierst garnichts. Selbst wenn es kein Kinderkram mehr ist, dann werdet ihr euch trotzdem bis auf die Knochen blamieren.“

Später versammelten wir uns nach so langer Zeit erstmals wieder im Teufelstopf. Als Maxi und ich eingetroffen waren, hatten wir nur Nerv und Juli getroffen und saßen seitdem schweigend auf dem sandigen Boden in einem Kreis. Nach einer Ewigkeit stand Maxi auf: „Kommt, wir gehen.“ „Nein!“, protestierte Nerv, „Dann steckt mich meine Mutter in meinen Matrosenanzug.“ „Das tut sie auch noch in vier Tagen.“, entgegnete Juli, spielte damit auf das Spiel der biestigen Biester an und folgte Maxi. Dieser drehte sich nun zu uns um: „Verflixt nochmal, Nerv. Es kommt keiner mehr.“ Tränen stiegen in meine Augen, weil ich wusste, dass „Tippkick“ Recht hatte. All meine Freude war umsonst gewesen. „Tut mir leid.“, flüsterte ich, bevor ich den anderen folgte.

Dafür leg ich meine Beine ins Feuer~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt