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"Eure Majestät! Wir haben ihn gefunden!" Touya sprang sofort auf. Erst vor wenigen Tagen war sein Prachtstück, seine Harpyie, verschwunden. Noch war unklar, ob er entführt wurde, oder es doch gewagt hatte abzuhauen.

Er wurde vor ihm auf die Knie geschmissen, einen zittrigen Ausdruck im Gesicht und Angst in den Augen. Der Prinz griff sofort an die Goldkette, die seine Bediensteten wieder an dem goldenen Halsring befestigt hatten, und zog ihn näher an sich. "Du bist nicht umsonst mit Gold geschmückt, Hawks. Du bist schließlich meine Harpyie. Das Prachtstück des Prinzen. Meine Schwester hat einen Tiger und ich habe dich."

Der Kleinere, der von allen nur Hawks genannt wurde, schaute den Prinzen ängstlich an. Er konnte zwar sprechen, aber es war nicht gerne gesehen, besonders nicht wenn jemand anderes außer ihm und Touya anwesend waren. Dieser Griff an sein Kinn und zwang Hawks ihm direkt in die Augen zu schauen. "Goldene Augen und mit Gold geschmückt." Hawks schaute ihn still an, wissend, dass er keine Chance hatte. Touya hatte ihn innerhalb von weniger als einer Woche gefunden. Obwohl er kein Mensch war, war er auch nicht ganz Harpyie. Er besaß nur Flügel, und die üblichen Goldenen Augen.

Als die Bediensteten den Raum verließen, umarmte Touya den kleineren plötzlich. Dieser schaute verwirrt hoch, aber Touya drückte ihn nur wieder näher an sich. "Bitte hau nicht mehr ab. Du bist Statussymbol und Beruhigung für mich. Ich fasse deine Federn nicht an, um sie zu verkaufen, nein, ich fasse deine Federn und dich an, um mich zu beruhigen. Damit ich durchhalte, bis ich der nächste Sultan werde. Also hau nicht ab, sonst werde ich zusammenbrechen."

Hawks schaute hoch, richtete seine Flügel besser hin. Er wollte nicht widersprechen, aber Touya war eben ein typischer Adliger. Wollte alles, aber gab nichts. "Vielleicht würde ich ja freiwillig bleiben, wenn Ihr mich besser behandeln würdet." Jedes mal wenn Hawks sprach, was nicht oft vorkam, war es für den Weißhaarigen schockierend und bezaubernd zugleich. Er liebte seine Stimme, sie war sanft und warm, anders als die meisten Stimmen, die er den ganzen Tag hörte. Und weil es ihn jedes mal aus der Bahn warf, konnte er ihm nie böse sein, egal was der Blonde gesagt hätte.

"Ich versuche es Hawks." Er war schon besser und fairer als alle anderen. Denn in den Augen der Anderen, waren Wesen wie Hawks, schön zum anschauen, aber nichts wert. Jedoch nicht für Touya, er würde es zwar nie so direkt sagen, aber er brauchte den Kleineren einfach. Ob er bei Treffen mit anderen Prinzen, durch Hawks Federn fuhr, und einige davon in seinen Fingern drehte oder nicht, machte einen großen Unterschied. Er war wie eine Droge für ihn, er beruhigte ihn.

Wochen vergingen, Hawks hatte keinen weiteren Fluchtversuch gestartet. Er saß brav neben Touya, ließ seine Federn anfassen und blieb still. Und Touya brauchte seine Anwesenheit mehr, als je zuvor. Seit die Prinzessinnen zu ihm kamen, um ihn zu umwerben und seine Ehefrau zu werden, zupfte er Hawks mehr Federn aus, drehte und knickte sie, bevor sie allesamt auf einem Stapel landeten. Das alles blieb unkommentiert, Hawks redete nicht.

Als er endlich mit der heutigen Anwerberin durch war, zog er Hawks schneller als nötig die Treppen hoch und griff fest in dessen Flügel, sobald er endlich in seinem Zimmer war. "Hawks, rede." Der Prinz zog ihn auf sein Bett und vergrub sein Gesicht in den roten, flauschigen Federn. Es war beschlossen, er würde heiraten. "Ich sagte rede", wiederholte er etwas lauter und krallte sich mehr an Hawks. "Eure Majestät, was wollt ihr hören?"

Der Weißhaarige legte Hawks' Arme um sich und murmelte: "Einfach deine Stimme. Rede. Irgendwas, bitte." Die Harpyie war sichtlich überfordert mit der Situation, aber versuchte den Prinzen nicht weiter zu verärgern. "Eure Majestät ... kennt Ihr die Geschichte des letzten Tigers?" Hawks sprach nie mehr als wenige Sätze, schließlich sollte er eigentlich gar nicht sprechen. Aber er merkte sofort, was für eine beruhigende Wirkung seine Stimme auf den Prinzen hatte, weshalb er einfach erzählte.

Die Harpyie des Prinzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt