Gerade als ich durch die große Flügeltür ins Innere des Schlosses gehen wollte, spürte ich mein stark schlagendes Herz. Genau genommen fühlte sich mein gesamter Körper so an, als stünde er unter Strom und müsste sich jederzeit entladen. Ohne weiter zu überlegen, drehte ich Hogwarts den Rücken zu, ging an etwas verwunderten Hufflepuffs vorbei und rannte in Richtung Verbotenen Wald.
Das Laufen tat mir gut. Ich breitete meine Arme aus, sodass mein Umhang und das grüne Kleid gegen meinen Körper gepresst wurden. Als ich dann auch die Augen schloss, konnte ich einige Sekunden alle Gedanken verdrängen und das Hier und Jetzt genießen.Ich fiel zurück in die Realität, als ich über eine Wurzel stolperte. Keuchend blieb ich unter einem großen weiß-blühenden Baum am Waldrand liegen. Ich wickelte mich wieder in meinen Mantel, zog die Beine zu meinem Körper und versteckte meine Augen in meiner Armbeuge. Plötzlich fühlte ich mich wieder elendig.
Mein Körper fühlte sich nicht richtig an. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es mein Körper war, der von Draco berührt wurde, oder zumindest fühlte es sich so an, als wäre ich während des Nachmittags nicht Herrin über ihn gewesen.
Ein weiteres Gefühl kroch meine Glieder hinauf. Ein altbekanntes, zu Gänze verhasstes: Die Einsamkeit. Ich war allein mit meiner Entscheidung darüber, wie es zwischen Draco und mir weiter gehen sollte. Niemanden konnte ich davon erzählen. Ich würde die nächsten Monate das Erlebte des heutigen Tages tief in mir vergraben. Könnte darüber nicht sprechen und würde von Schuldgefühlen von innen zerfressen werden.
Die schlimmste aller Ängste war die Angst vor dem Unbekannten. Vor diesem riesengroßen Fragezeichen, das sich plötzlich in meinen Lebensweg gestellt hatte. Ich war noch nicht bereit dazu, erwachsen zu werden. Ich wusste überhaupt nicht, was das Erwachsenenleben mit sich bringen würde. Wen könnte ich denn auch fragen, wenn ich Fragen dazu hätte?
Ich war auch nicht bereit dazu, ein weiteres Mal von meinem Vater bestraft zu werden. Ich hatte gegen seinen Auftrag, Harrys Vertrauen zu gewinnen, gearbeitet und ihn damit bestimmt verärgert. Egal wo er war, wie er sich am Leben hielt, ich wusste, er würde mich immer finden und bestrafen können. Seine Tochter würde niemals frei von ihm werden.
Ich wusste nicht, wie lange ich dort lag. Irgendwann schaffte ich es allerdings, mich aufzurappeln und ins Schloss zu schleichen ohne gesehen zu werden. Zwar wusste ich auch nicht, ob überhaupt schon Ausgangssperre war, aber das Schloss war so still und leer, dass ich es stark vermutete.
Ich nannte leise das Passwort zum Gemeinschaftsraum, zog meinen Kopf ein, ging zwei Schritte, richtete mich wieder auf und stand plötzlich vor Harry, Ron und Hermine. Alle vier erschreckten sich.
„Hi Alecto", begrüßte mich Hermine und stieß, nachdem von diesen nichts kam, ihre beiden besten Freunde an. Daraufhin nickten mir die Jungs begrüßend zu.
„Wo warst du?", wollte Hermine wissen, während sie mit ihren Augen meinen Körper abfuhr. Ein kurzer Blick an mir herab bestätigte mir, dass sich Gras- und Schlammflecken und Moosbüschel an meiner Robe und dem Kleid befanden. Insgesamt musste mein gesamtes Auftreten einige Fragen aufwerfen.Statt zu antworten, fragte ich recht patzig: „Und wo wolltet ihr gerade hingehen?" Auch ich fixierte dabei die Schals und dicken Umhänge der drei Gryffindors.
Ein paar Sekunden herrschte eine unangenehme Stille zwischen uns, dann nahm Hermine meine Hand und sagte: „Lassen wir die Geheimnisse doch ein für alle Mal bleiben. Harry, Ron und ich wollten zu Hagrid. Wenn du willst, kannst du mitkommen."„Hermine, willst du uns vielleicht auch frag-"
„Ron, lass gut sein. Kommt", sie schob Harry und mich jeweils an den Schultern in Richtung eines Sofas. Ron und Hermine setzten sich gegenüber auf eine andere Coach.
Als wir alle saßen, überkam mich wieder das schlechte Gefühl. Harrys Anwesenheit neben mir, machte das ganze nicht gerade besser. Er hätte derjenige sein sollen, mit dem ich am Sofa lag. Gerade fühlte es sich aber ganz und gar nicht so an, als würde das jemals passieren können. Im Moment hatte ich das Gefühl, Harry würde mich nie mehr wieder an sich heran lassen.
DU LIEST GERADE
Die Tochter des dunklen Lords (Harry Potter Fanfiction)
FanfictionGrausam. Kalt. Herzlos. So würden die meisten Hexen und Zauberer den Mann beschreiben, der diskriminiert, tyrannisiert, foltert und mordet. So aber nicht seine Tochter. Der dunkle Lord hatte nämlich vier Jahre lang Zeit, seiner Tochter seine Ansicht...