Am nächsten Tag wache ich bereist vor meinem Wecker auf. Ich setze mich aufrecht hin und greife zu der Wasserflasche auf meinem Nachttisch. Dabei sehe ich mich in meinem Zimmer um. Nach unserem Einzug haben meine Oma und ich noch nicht die Möglichkeit gehabt zu Renovieren. Die schäbige von Zigarettenqualm vergilbte Tapete habe ich so gut es geht mit Landschaftsbildern und Filmposter überdeckt. Links von meinem Bett, direkt neben der Tür, steht eine alte,große, weiße Kommode vom Vormieter, die ich seitdem als Kleiderschrank nutze. Mir gegenüber an der Wand steht mein Schreibtisch. Den habe ich aus meinem alten Haus mitgenommen, genauso wie mein Bett. Ich habe nicht viel in meinem Zimmer und das was ich habe ist schon sehr alt, aber ich fühle mich hier sehr wohl. Ich brauche keinen Schnick Schnack, es reicht, das sich diese kleine Wohnung für meine Oma und mich nach zuhause anfühlt. Hier sind wir sicher und fühlen uns geborgen. Auf der Fensterbank, rechts von meinem Bett, habe ich ein paar Fotos von meinen Eltern und mir, meinen Freunden und mir und meiner Oma und mir aufgestellt sowie einen kleinen grünen Kaktus in der Mitte. Nachdem ich die Flasche wieder weggestellt habe stehe ich auf und gehe ins Badezimmer um mich fertig zu machen. Danach schnappe ich mir mein Handy und schreibe ein wenig mit Melanie, während ich meine Schultasche packe. Anschließend setze ich mich zu meiner Oma in die Küche und da ich ausnahmsweise mal nicht spät dran bin, kann ich sogar in Ruhe mit ihr Frühstücken. Beim Essen reden wir nicht viel mit einander. Miene Oma ließt ihre Zeitung und ich stöbere ein wenig auf social Media. In der Schule angekommen schlendere ich gemütlich mit Melanie zu unseren Spinden. Dort tauschen wir unsere Schultaschen gegen unsere Sporttaschen und machen uns auf den Weg zur Sporthalle. Das einzig gute an dieser Schule ist der Geschlechter getrennte Sportunterricht. Unsere Sportlehrerin Miss Hathway ist der Meinung, dass wir nicht möglichst viele verschiedenen Sportarten kennen lernen sollen, sondern das wir sportlich motiviert werden und vielleicht unseren neuen Lieblingssport entdecken. Deswegen darf sich jede Woche eine Schülerin eine Sportart aussuchen die wir ausüben oder neu kennen lernen. Diese Woche spielen wir Basketball. Die Regeln scheinen nicht so schwer zu sein, auch wenn jeder Basketball kennt, gehen wir am Anfang noch einmal die Grundregeln durch, bevor wir zwei Teams bilden. Doch bevor wir spielen können müssen wir uns erst einmal richtig aufwärmen und dehnen. Wenn Miss Hathway eines wichtig ist dann ist das ein vernünftiges Warm-Up und Cool-Down. Sie selber kann nach einem Bänderriss kaum noch Sport machen, weswegen ihr umso wichtiger ist das wir das Verletzungsrisiko möglichst gering halten. Nach zehn Minuten geht es dann endlich auf das Spielfeld. Nach ein paar spannenden Runden steht es am Ende 15 zu 13. Ein knapper Sieg, aber dennoch ein Sieg. Melanie und ich müssen uns nach Sport leider wieder trennen, denn sie hat jetzt Biologie und ich habe eine Freistunde. Wegen dem schönen Wetter entscheide ich mich dafür mich auf der Wiese neben dem Parkplatz hinzusetzen und meine Hausaufgaben zu machen. Dazu stecke ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und stelle meine Musik an. Ich versinke in meinen Hausaufgaben, weshalb ich sehr schreckhaft zusammenzucke, als sich plötzlich jemand neben mich setzt. Ruckartig reiße ich meinen Kopf nach oben und blicke in strahlend grüne Augen, seine Augen. Auf seinem Mund zeichnet sich ein amüsiertes Lächeln ab. Zum ersten Mal bemerke ich seine Grübchen, die er beim Lachen hat. Um ihm zu signalisieren das ich in Ruhe gelassen werde schaue ich wieder herunter und widme mich wieder meinen Aufgaben. Als Jake aufsteht bin ich kurz erleichtert, da ich den Eindruck habe, dass er jetzt weggehen wird, aber stattdessen stellt er sich hinter mich und geht runter in die Knie. Mit einer Hand zieht er mir vorsichtig den Kopfhörer auf der rechten Seite heraus. Sein Kopf ist direkt neben meinem und sein Mund direkt an meinem Ohr.
„Das ist aber nicht nett little Girl. Erst schubst du mich im Flur auf Seite, dann ignorierst du meinen Zettel, dann lässt du mich in der Bibliothek stehen und jetzt ignorierst du mich schon wieder. Ich dachte, dass ich dich und deine Freundin gestern nach Hause fahren durfte ein Fortschritt zwischen uns wäre."
„Uns? Es gibt kein uns!"
„Nicht so kratzbürstig little Girl."
Jake hält sich kurz an meinen Schultern fest. Er kann sich das Lachen kaum verkneifen.
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Little Girl
Teen FictionWenn man entführt wird, versucht man instinktiv zu fliehen, das liegt in der Natur des Menschen. Doch ganz so einfach ist es für Sam nicht. Aus irgendeinem Grund drängt ihre Neugierde und ihr Drang zu helfen und zu verstehen den Drang zur Flucht in...