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Nachdem ich aufgewacht bin wandert mein Blick sofort zu dem Kalender der an der Wand neben dem Schreibtisch hängt. Es ist Freitag,ich bin also schon eine ganze Woche hier. In den ersten Tagen hatte ich noch die Hoffnung, dass mich die Jungs wieder gehen lassen und sich das alles als gemeiner Scherz entpuppt, aber mittlerweile habe ich jegliche Hoffnung verloren. Scheinbar muss ich selber die Initiative ergreifen um wieder nach Hause zu meiner Oma zu kommen. Ich muss von hier abhauen! Stellt sich nur noch die Frage wie. Wenn ich mir ein Kissen unter das Oberteil schieben würde um meinen Rücken zu schützen, könnte ich versuchen aus dem Fenster zu springen, da dieses nicht besonders hoch ist. Leider ist immer mindestens einer der Jungs im Haus und würde somit bemerken wenn ich aus dem Fenster springe, da das bestimmt nicht allzu leise passieren würde. Ich könnte natürlich auch versuchen Jake in der Nacht außer Gefecht zu setzten, mir den Zimmerschlüssel schnappen und durch die Tür abhauen. Allerdings wird bestimmt einer der anderen Jungs dadurch wach und wird mich aufhalten und ich bezweifel stark, dass ich jemanden einfach mal so außer Gefecht setzten kann. Alle Ideen die mir einfallen scheitern entweder an mir oder an den Mittel die ich zur Verfügung habe. Mitten in meinem Gedankenchaos bemerke ich wie sich Jake langsam im Bett aufsetzt.

„Guten Morgen little Girl. Hast du gut geschlafen?"

„Es wäre vielleicht ein guter Morgen wenn ich zuhause wäre und nicht hier bei dir."

Jake fängt an zu lachen und streicht sich die zerzausten Haare aus dem Gesicht. Demonstrativ setzte ich mich mit dem Rücken zu ihm auf die Bettkante.

„Willst du das jetzt wirklich jeden Tag machen little Girl?"

Genervt zucke ich mit den Schultern. Ich habe keine Lust mit ihm zu reden. Während ich also weiter vor mich hin schweige steht Jake auf, geht zum Kleiderschrank und verschwindet mit ein paar frischen Sachen im Badezimmer. Nachdem er fertig ist lässt er mich wie jeden Morgen alleine im Zimmer zurück und geht hinunter zu den anderen Jungs in die Küche um mit ihnen zu frühstücken. Ich nehme mir ebenfalls frische Klamotten bevor ich ins Badezimmer gehe. Ich mache mich ein wenig frisch, ziehe die Klamotten an und gehe zurück ins Schlafzimmer. Dort nehme ich mir wieder das Buch und setze mich auf das Bett. Kurze Zeit später kommt wie jeden Tag Bryan ins Zimmer und bringt mir etwas zu essen und eine neue Wasserflasche.

„Danke Bryan."

„Brauchst du irgendetwas vom Einkaufen? Jake wird zwar etwas dagegen haben, aber vielleicht kann ich dir ja etwas mit schmuggeln."

„Ähm ... tatsächlich wäre da etwas ...."

„Was denn?" Ahnungslos schaut Bryan mich an.

Wie soll ich ihm nur erklären das ich Tampons brauche weil ich in ein paar Tagen meine Periode bekomme? Ich kann es doch nicht einfach gerade heraus sagen, oder? Doch! Genau das ist es was ich tun kann und muss. Also nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und bitte Bryan um eine Packung Tampons.

Zum Glück fängt er weder an zu lachen noch macht er eine blöde Bemerkung.

„Kein Problem, die bringe ich dir mit."

Erleichtert lasse ich mich in die Kissen fallen nachdem Bryan den Raum verlassen hat. Für einen kurzen Augenblick habe ich die Hoffnung er könne vergessen den Raum abzuschließen doch das Klicken des Schlosses macht meine Hoffnungen im nächsten Moment auch schon zu nichte. Ein paar Stunden später kommt Jake mit einer Packung Tampons die er auf dem Kopf balancierte und unserem Mittagessen herein. Er stellte die Teller auf dem Schreibtisch ab und geht kurz ins Bad um die Tampons ins Schränkchen zu stellen. Das ist meine Chance. Wie so oft wenn wir zu Mittag essen hat er auch jetzt wieder nicht die Zimmertür abgeschlossen. Sofort sprinte ich auf den Flur und die Treppe runter zur Haustür. Kurz nachdem ich das Zimmer verlassen habe höre ich Jake hinter mir fluchen. Ich versuche noch schneller zu laufen. Endlich erreiche ich die Haustür, doch zu meinem Pech ist diese abgeschlossen. Mist! Plötzlich werde ich herum gewirbelt und gegen die Tür gedrückt. Jakes starrt mich zornig an, seine Augen haben sich vor Wut verdunkelt. Auf einmal lässt er mich los und schließt die Haustür auf. Verwirrt schaue ich ihn an.

„Versuchs doch little Girl. Ich gebe dir einen kleinen Vorsprung, aber selbst der wird dir nichts nützen."

Ohne nachzudenken setzte ich mich in Bewegung. Ich renne in Richtung Freiheit. Ich laufe so schnell ich kann doch ich höre wie Jake in diesem Moment ebenfalls los läuft. Ich habe ungefähr 20m Vorsprung. Ich laufe die Straße auf der wir hergefahren sind entlang Richtung Hattingen. Hinter einer Kurve verstecke ich mich in einem Maisfeld, in der Hoffnung, das Jake denkt, das ich an der kurz darauf folgenden Kreuzung abgebogen bin. Tatsächlich läuft er an mir vorbei. Für einen kurzen Moment kann ich aufatmen. Langsam bewege ich mich ein Stück tiefer ins Maisfeld hinein. Ich will hier auf die Nacht warten um dann weiter Richtung Hattingen zu laufen. Ich höre Jake in kleinerer Entfernung lautstark fluchen. Ich kann nicht verstehen was genau er sagt, aber ich glaube so genau will ich das auch gar nicht wissen. Ich versuche mich krampfhaft an die Hinfahrt zu erinnern und plötzlich fällt es mir ein. Nicht weit von hier war eine Telefonzelle, vielleicht habe ich ja Glück und sie funktioniert noch, dann kann ich die Polizei rufen. Es vergehen einige Stunden in denen Jake mal in die eine und mal in die andere Richtung rennt. Für eine Sekunde habe ich kurz die Angst er könnte mich entdecken, aber scheinbar hat mich der Mais gut verdeckt. In der Dämmerung höre ich wie er telefonierend Richtung Hütte zurück geht. Was genau er sagt kann ich nicht verstehen, aber er hört sich verzweifelt an. Langsam und so geräuschlos wie möglich gehe ich parallel zur Straße durch das Maisfeld in Richtung Hattingen. Ungefähr nach einhundert bis zweihundert Metern erreiche ich die Telefonzelle, aber zu meinem Pech funktioniert das Telefon nicht mehr. Ich gehe zurück in das Maisfeld und weiter Richtung Hattingen. Die ganze Zeit gucke ich mich bei dem kleinsten Geräusch panisch um, obwohl die meisten Geräusche von mir kommen. Der Mond scheint hell diese Nacht, ich glaube wir haben Vollmond, ich bin mir aber nicht sicher. Plötzlich erhellt sich meine Umgebung. Neben mir auf der Straße mit ein Sauto angehalten haben. Vor lauter Angst habe ich es gar nicht gehört. Ich bleibe stocksteif stehen. Es kann nur ER sein. Wie hat er mich gefunden, ich dachte er si zum Haus zurück gegangen. So leise wie möglich versuche ich weiter ins Maisfeld hinein zu gehen. Ich gehe langsam rückwärts, Schritt für Schritt ... . Plötzlich spüre ich wie ich gegeb jemanden laufe. Dieser jemand hält mich mit einer Hand am Arm fest und mit der anderen hält er mir den Mund zu. Auch ohne diesen jemand zu sehen, weiß ich das er es ist. Ich will am liebsten schreien, treten, schlagen und einfach davon rennen, doch ich kann mich in diesem Moment weder bewegen noch irgendetwas sagen. Mein Körper gehorcht mir nich mehr.

„Ich habe dir doch gesagt das dir dein Vorsprung nicht nützen wird."

Langsam dreht Jake mich zu sich um und nimmt die Hand von meinem Mund. Ich zittere am ganzen Körper und mir laufen still die Tränen über das Gesicht. Was wird er jetzt mit mir macehn? Wird er mich betsrafen oder sogar töten? Zuzutrauen wäre es ihm. Langsam komme ich wieder zu mir und merke wie ich allmählich den Halt verliere. Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen und dann das ganze Adrenalin durch den Fluchtversuch, das ist einfach zu viel für meinen Kreislauf.

Little GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt