Pov Marlon
Der Schweiß rinnt mir über die Schläfen, während ich neben Juli her zur Tribüne im Teufelstopf laufe und so schnell wie möglich nach meiner Wasserflasche greife.
"Leon bringt uns mit dem Training irgendwann noch um", schnauft er und lässt sich auf die Stufen sinken. Ich bringe nur ein zustimmendes Grummeln zustande.
Doch auch wenn das Training heute schon wieder verdammt anstrengend ist und mein Bruder es dafür, dass wir nur hobbymäßig spielen, viel zu ernst nimmt, tut es mir gut. Die paar Stunden Fußball in der Woche lassen mich komplett abschalten und der einzige Gedanke, den ich währenddessen in meinem Kopf habe, ist der an den Ball an meinem Fuß. Alles andere ist in dem Momenten des Spielens unwichtig und ich blende es komplett aus. Vorallem heute, gerade in diesem Moment, kommt mir dieser Effekt gelegener denn je.
Nachdem meine Gedanken an mein Gespräch mit Amy mich gestern schon die ganze Nacht und heute den halben Tag nicht losgelassen haben, ist es zur Abwechslung mal ganz schön, wenigstens jetzt beim Training nicht von ihnen gequält zu werden.
Zwar hatte ich es erwartet, aber trotzdem tat es weh zu hören, dass sie nicht in der selben Weise für mich empfindet wie ich für sie. Auch wenn ich ihr meinen Schmerz nach außen hin hoffentlich nicht zu sehr gezeigt habe. Andererseits bin ich sehr erleichtert darüber, dass ich sie mit meinem Geständnis nicht komplett abgeschreckt habe und sie trotzdem noch etwas mit mir zu tun haben will. Das wir uns jetzt erstmal wieder um eine vernünftige Freundschaft bemühen wollen erschien mir gestern ebenfalls als übergangsweise sinnvolle Lösung, allerdings nur bis zu unserem Kuss.
Dieser hat all meine Gefühle wieder auf den Kopf gestellt. Wenn ich vorher dachte, mich damit abfinden zu können Amy weiterhin nur als normale freundschaftliche Freundin zu haben, so hat mir dieser Kuss das Gegenteil gezeigt. Er war so viel gefühlvoller als jeder einzelne unserer vorherigen Küsse und hat mir eine Seite gezeigt, die wir immer haben könnten. Ich durfte einmal davon probieren und weiß nun, dass ich eigentlich nicht genug davon bekommen kann. Dieser Kuss war wie eine Droge von der man abhängig wird, nach der man ständiges Verlangen hat und die man vermisst, wenn man sie nicht mehr konsumieren kann. Ich bin mir darüber bewusst, dass das ziemlich gefährlich für mich werden kann, aber gleichzeitig überwiegt momentan das Gefühl der Hoffnung. Hoffnung darauf, dass Amy und ich zueinanderfinden und mehr solcher Momente wie diesen Kuss erleben.
"Wasser", hechelt Joschka, als auch dieser in diesem Augenblick zu Juli und mir stößt.
Er kramt hektisch in seiner Tasche herum und kippt sich das ersehnte Wasser, nachdem er es gefunden hat, nicht nur in
den Mund sondern auch über den Kopf.
"Bist du jetzt etwa außer Atem Joschka? ", stichelt Raban seinen besten Freund lachend. Er und die restliche Mannschaft kommen gerade ebenfalls bei uns an, womit unsere Laufeinheit nun auch beendet zu sein scheint.
"Halt die Klappe, dafür bist du viel langsamer gewesen als ich", gibt Joschka promt zurück und verschränkt die Arme wie ein beleidigtes Kind vor der Brust.
Raban grinst bloß weiter und hat natürlich schon den passenden Spruch zu seiner Verteidigung auf den Lippen.
"Aber schnell laufen bringt dir auch nichts, wenn du zwischendurch immer wieder ein paar Meter gehen musst. Dann lieber langsamer und dafür durchgehend."
Bis die beiden aufhören zu zanken und Joschka sich mit einem eingeschnappten Grummeln geschlagen gibt, sitzen wir schon alle mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen auf den Stufen der Tribüne. Es ist einfach immer wieder lustig die Sticheleien der beiden zu verfolgen und lockert die Stimmung im Team jedes Mal erheblich.
"Ihr habt das trotzdem beide gut gemacht", mischt Vanessa sich nun lachend ein, um die Wogen zwischen den beiden final zu glätten, woraufhin wir alle bestätigend nicken.
"Sowieso", bekräftigt auch Leon und lässt seinen Blick anerkennend durch die Runde schweifen. "Wir alle haben das. Das Training war richtig gut Leute."
Maxi lächelt ihn dankbar an und hebt dann seine Wasserflasche in die Luft, als würde er uns wie auf einer Party zuprosten wollen.
"Na dann steht unserem Sieg gegen den SV 1906 in zwei Tagen ja nichts mehr im Weg."
Seit zwei Wochen redet Leon bei unseren Treffen im Teufelstopf von nichts anderem mehr, als das wir diesen Verein erneut schlagen müssen. Dementsprechend sieht auch unser Training aus.
Doch jetzt wo der Spieltermin fast gekommen ist und er daran erinnert wird, legt er nachdenklich die Stirn in Falten.
"Achso, das wollte ich euch noch sagen", beginnt er zögerlich, woraufhin er von allen Seiten fragende Blicke erntet. "Der Mannschaftsführer von denen hat mich gestern kontaktiert und wollte das Spiel verschieben. Wir spielen jetzt erst heute in zwei Wochen gegen die."
Fabi reißt geschockt den Mund auf, doch seine Augen blitzen amüsiert.
"Alter, das sagst du uns jetzt nachdem wir uns gerade beim Training den Arsch aufgerissen haben?"
"Wir müssen doch in Form bleiben", verteidigt mein Bruder sich schulternzuckend. Joschka stöhnt auf.
"Warum können die denn nicht?", will ich wissen und sehe Leon interessiert an.
"Da sind zwei Spieler krank und übermorgen haben die wohl nicht genügend Ersatzspieler, die so spontan können."
Weil ich momentan sowieso so viel um die Ohren habe, habe ich kein großes Problem damit nicht zu spielen, aber Evi scheint schon enttäuscht zu sein.
"Schade", meint sie und schiebt die
Unterlippe vor. "Ich hätte gerne gespielt."
Markus neben ihr grinst sie provokant an und dann legt den Arm um sie, um sie liebevoll an sich heranzuziehen.
"Aber auch nur wenn wir gewonnen hätten. Hätten wir verloren wärst du erstmal wieder tagelang beleidigt gewesen", lächelt er kopfschüttelnd. "Gar nicht wahr", murrt Evi sofort und boxt ihm leicht in die Seite. Markus verdreht bloß lachend die Augen.
"Oh doch und das weißt du genau."
"Okay okay", brummt sie, wobei auch sie ihr Lächeln nicht zurückhalten kann.
Sie schmiegt sich noch tiefer in die Arme ihres Freundes und schließt die Augen, um sich die warme Herbstsonne ins Gesicht scheinen zu lassen.
Während ich die beiden so beobachte, kommt eine ungemeine Erleichterung in mir auf. Anscheinend haben sie ihre Auseinandersetzung jetzt vollständig geklärt und ich bin unfassbar froh, meinen Teil dazu beigetragen zu haben. Es ist wirklich süß, wie sie miteinander umgehen.
"Na, gut das ihr beide euch wieder vertragen habt", spricht Juli in diesem Moment mit Blick auf Evi und Markus meine Gedanken aus. Diese nicken bloß, sagen aber nichts weiter dazu. Obwohl wir alle jetzt schon relativ lange von ihrer Beziehung wissen, merkt man ihnen an, dass sie noch immer ungern darüber reden.
Doch so taktlos wie Joschka manchmal ist, hält ihn das auch gerade nicht ab.
"Was war eigentlich los bei euch?", fragt er und sieht sie mit großen Augen an.
Evi und Markus tauschen einen kurzen, vielsagenden Blick, den allerdings keiner außer den beiden versteht, bevor Evi sich räuspert. "Ist eigentlich jetzt egal. Markus hat ein paar verletzende Dinge gesagt, aber da konnte er nichts für."
Ich runzele verständnislos die Stirn.
"Wie kann man denn nichts für das können was man sagt?"
Zwar weiß ich nicht genau was vorgefallen ist, aber da ich gesehen habe wie sehr Evi gelitten hat, finde ich es schwierig, dass sie jetzt so tut als hätte Markus gar keine Schuld. Dieser seufzt jetzt auf und sieht unsicher zu seiner Freundin, die ihm ein aufmunterndes Nicken schenkt.
"Das wollte ich euch sowieso noch sagen", murmelt er leise, atmet tief durch und hebt seine Stimme dann wieder etwas.
"Vielleicht habt ihr gemerkt, dass ich in letzter Zeit, vorallem bevor Evi kam, extrem verschlossen war und teilweise immer noch bin..." Er stockt und Evi greift nach seiner Hand, woraufhin er sie dankbar anlächelt. "Auf jeden Fall kam das, weil ich ziemlichen Stress mit meinen Eltern hatte. Und teilweise immer noch habe. Und manchmal beeinflusst mich das so sehr und nimmt mich so mit, dass ich mich im Umgang mit anderen Leuten nicht mehr ganz unter Kontrolle habe und dann manchmal ziemlich dumme Sachen sage", erzählt er, in seiner Stimme eine Spur Trauer.
Ich muss trocken schlucken und auch die anderen sehen ziemlich betroffen aus, während ich meinen Blick durch die Runde schweifen lasse. Doch bevor einer von uns die Möglichkeit hat sich zu äußern, fährt Markus auch schon fort.
"Ich weiß, dass das nichts rechtfertigt und ich mich eigentlich unter Kontrolle haben sollte, aber manchmal klappt das eben trotzdem nicht", seufzt er.
"Und dann muss Evi darunter leiden", realisiert Maxi mir gegenüber langsam.
Er presst die Lippen aufeinander und sieht seinen besten Freund und dessen Freundin bedrückt an. Evi scheint durch Maxis Blick kurz aus dem Konzept geworfen zu sein, fängt sich aber schnell wieder.
"Aber nur ganz selten", haucht sie.
"Wir kriegen das eigentlich wirklich sehr gut hin, es ist alles gut."
Maxi beißt sich auf die Unterlippe, als hätte er noch etwas zu sagen, bleibt aber schlussendlich doch still. Da ich die sich anbahnende schlechte Stimmung spüre, wende ich mich schnell wieder Markus zu.
"Was ist denn genau mit deinen Eltern?"
Er seufzt und schüttelt dann den Kopf.
"Das ist nicht so wichtig. Eigentlich will ich auch nicht drüber reden."
"Das ist okay. Danke, dass du uns das alles trotzdem erzählt hast", mischt Leon sich ein und Vanessa ergänzt ihn lächelnd.
"Wir sind auf jeden Fall alle für dich da, wenn du jemanden brauchst."
"Auf jeden Fall", bestätigt auch Fabi und wir anderen nicken eifrig. Und ich bin fest davon überzeugt, dass jeder einzelne hier es auch genauso meint.
Markus lächelt dankbar in die Runde.
"Danke Leute, wirklich."
"Dafür sind Freunde doch da", grinse ich und strecke meinen Arm aus, um ihm freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen.
Markus neben mir hat erleichtert die Mundwinkel hochgezogen, Evi neben ihm lächelt ebenfalls zufrieden und in diesem Moment wird mir klar, wie unfassbar wichtig mir diese Mannschaft ist.
Egal was ich mit den Jungs und Vanessa und Evi unternehme, es ist immer eine schöne Zeit, die mich zudem für ein paar Minuten von den Gedanken an Amy ablenkt.
Da Amy momentan eine ziemlich zentrale Bedeutung in meinem Leben hat, muss ich aufpassen, dass ich dadurch meine anderen Freunde nicht zu sehr vernachlässige. Augenblicke wie diese, in denen wir gemeinsam im Teufelstopf sitzen und komplett verschwitzt nach dem Training lustige, ernste oder sinnlose Gespräche führen, sind genau dafür goldwert.
Und auch wenn ich es in meinem jetzigen Zustand niemals von mir erwartet hätte, würde ich am liebsten den ganzen Tag hier mit ihnen sitzen bleiben, anstatt jetzt gleich etwas mit Amy zu unternehmen, die mich jede Minute abholen kommen sollte. Andererseits muss ich auch mit ihr etwas wichtiges besprechen. Ich habe nämlich eine Entscheidung getroffen.Soo, mal wieder eine Trainingsszene, die liebe ich ja um ehrlich zu sein immer besonders. Markus hat sich seinen Freunden wohl ein wenig geöffnet und auch ansonsten ist die Stimmung weitestgehend entspannt :)
Wie findet ihr die Gespräche und den Umgang zwischen den Kerlen so?
Lasst gerne Feedback & einen Stern da, wenn es euch gefallen hat, würde mich freuen❤❤
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Intuitiv, attraktiv? - DWK
أدب الهواةEr spielt Fußball. Sie geht auf Partys. Aber zwei Dinge verbinden Marlon und Amy: ihr Sarkasmus und ihr Selbstbewusstsein. Die beiden pflegen eine gute Freundschaft. Eine Freundschaft der besonderen Art. Alles ganz unverbindlich und ohne Probleme...