The "Call- it- quits"

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______But where do you go, when sleep doesn't fix you?______


30. Mai 2014

Alaska:

Langsam tapse ich den langen, dunklen Flur entlang, auf das kleine Zimmer zu, dessen schwacher Lichtpegel die schmutzigen Fliesen zu meinen Füßen erhellt. Ein klammes Gefühl erfüllt meine Magengrube, aber meine Beine tragen mich einfach weiter, wie von selbst. Entschlossen steuere ich auf die Holztür zu, die nur angelehnt ist. Auch wenn ich bereits vermute, dass sich dahinter vermutlich etwas Schreckliches verbergen wird.
Der Geruch von Urin und Erbrochenem dringt mir in die Nase und vermischt sich mit den steten Schluchtzern, die schwach aus dem Raum zu mir nach draußen dringen, aber ich halte immer noch nicht inne. Meine Finger liegen bereits auf derTürklinke. Sie zittern, aber ich merke es kaum.

Das Innere des Zimmers ist so hell, dass ich instinktiv die Augen zusammenkneife, als ich eintrete. Das hilflose Gefühl der Orientierungslosigkeit nimmt mich gefangen, ummantelt mich wie mit Watte und macht mich für weitere, qualvolle Sekunden vollkommen blind. Verzweifelt taste ich nach der Wand, fühle jedoch nichts, woran ich mich irgendwie festhalten könnte.

Dann -plötzlich- dringt ihre Stimme zu mir durch, erreicht mich schwach und leitet mich durch den sonnendurchfluteten Raum, obwohl es eigentlich tiefste Nacht ist.
Obwohl ihre Stimme nichts von der gewohnten Sanftheit verloren hat, klingt sie müde und kraftlos. Resigniert, ängstlich, hilflos.
Hastig flüstert sie Anweisungen- gehetzt von etwas, oder jemandem und auf einmal weiß ich, dass wir beobachtet werden.
Uns bleibt keine Zeit... Ich weiß das jetzt und sie weiß es auch und wir haben beide Angst, aber es hilft nicht, unsere Zeit zu verschwenden und darüber zu reden. Sie ist zu kostbar dafür.


„Mum?", meine Stimme klingt kratzig, als hätte ich sie Tagelang nicht gebraucht. Hastig befeuchte ich meine trockenen, aufgesprungenen Lippen. Plötzlich, beinahe wie von selbst, finde ich meinen Weg zu ihrem Bett und erschrecke, als ich ihre ausgemergelte Gestalt darin liegen sehe. Ihre Lippen sind ebenfalls aufgesprungen, die glasigen Augen liegen tief in ihren Höhlen, die hohe Stirn glänzt vor Schweiß, aber sie zwingt sich dennoch zu einem schmalen Lächeln. „Hey Baby.", haucht sie liebevoll, als ich zögerlich die Hand ausstrecke, um ihre Wange zu berühren. In dem Augenblick, als meine Fingerkuppen jedoch auf ihre Porzelanhaut treffen, fällt auf einmal die Tür hinter uns ins Schloss. Mums Augen nehmen sofort einen ängstlichen Ausdruck an, als ich kraftvoll zurückgeschleudert werde. Eine magnetähnliche Kraft trennt mich von ihrem Bett und verringert den Abstand stetig, der zu einer allesverschlingenden, schwarzen Kluft ausreißt.
„Mum!", höre ich mich panisch schreien, aber sie antwortet nicht. Ich versuche mich krampfhaft gegen den Strom zu wehren, der mich mühelos weiter mit sich zieht, aber ich bin zu schwach.


Schluchzend sehe ich an mir hinab und auf einmal verstehe ich, dass es immer noch meine eigenen Füße sind, die mich tragen. Ich werde nicht mitgezogen. Ich renne vor der namenlosen Gefahr davon, rette mich selbst, während ich angstvoll über die Schulter zurückblicke.
Meine Mutter wird samt ihrem Bett, an das sie ausweglos gefesselt ist, in den Abgrund gezerrt. Und ich kann sie nicht retten, weil ich mich selbst rette.
Denn ich renne davon. Bewusst. Ich renne und renne und kehre nicht um, auch wenn sie noch so laut um Hilfe ruft. Ich renne.

Rette mein eigenes Leben- während ich sehe, wie ihres zuende geht.


Ich finde mich schreiend in den nassen Laken meines fremden Hotelbettes wieder. Widerlich kühl kleben sie an meinen nackten Beinen und an meinem Rücken, sowie die Haare an meiner Stirn. Mein Atem geht stoßweise, wie nach einem Sprint. Viel zu laut verfängt er sich in dem stickigen Zimmer, als ich hektisch nach Luft schnappe.

Your Voice in My Head (H.S.)Where stories live. Discover now