09. It's written in the snow

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"Neuesten Berichten zufolge scheint es auch im Fall 'Laurie Styles' voranzukommen. Die Polizei lädt heute die vier Teenager zum Verhör, die die Leiche des toten Mädchens gefunden hatten. Es wird spekuliert, ob es sich womöglich um den ersten Mord einer Serie handelt.
Das war Emma Spencer von Stratford News One."
Die aufgeregte Stimme, der Fernsehsprecherin war die einzige Unterhaltung an diesem Morgen, obwohl wir alle vier um den Frühstückstisch versammelt saßen. Etwas, das selten genug vorkam. Trotzdem schien jeder in seine eigenen Gedanken versunken zu sein und als wäre jeder einzelne von uns jetzt am liebsten für sich. Fast wirkte es als hätten wir Angst voreinander. Dieses verbissene Schweigen hatte jedenfalls etwas ziemlich feindseliges an sich. Vor allem Thayer hatte einen angespannten Gesichtsausdruck aufgesetzt und als die Nachrichten über Lauries Tod berichteten, waren wir alle für einen Moment verharrt und hatten gebannt auf den Bildschirm gestarrt. Jetzt waren unsere Blicke auf Mom und Dad gerichtet. Vorrausgesetzt es waren wirklich unsere Eltern. In Zeiten wie diesen musste man alles hinterfragen, also sagen wir lieber Mary und Zayn zu ihnen. Doch die Beiden machten keinerlei Anstalten sich zu rechtfertigen oder ihre Meinung dazu zu äußern. Ich war mir nicht sicher was ich davon halten sollte. Einerseits fand ich, dass sie uns eine Erklärung schuldig waren, andererseits zog ich das Stillschweigen der Wahrheit wahrscheinlich vor. Thayer, der sogar noch weniger wusste als ich, schien da allerdings ganz andere Ansichten zu haben. Sein Blick wanderte von unseren Eltern, Entschuldigung Mary und Zayn, zu der Küchenuhr und dann wieder zurück, bevor er kopfschüttelnd aufstand und demonstrativ sein Besteck auf den Essteller krachen ließ. Es polterte ordentlich und ich hätte schwören können, dass das Brotmesser, welches den Teller verfehlt hatte, sich für einen Moment in die Tischplatte bohrte, bevor es kurz darauf klirrend zu Boden fiel und lediglich eine kleine Kerbe in dem Holz hinterließ. Mom zuckte zusammen und kurz dachte ich Dad würde aufspringen und mit Thayer für sein Benehmen schimpfen, doch er hielt sich zurück und starrte auf die Baconstreifen, als würde er sich selber Vorwürfe machen. Auch ich machte ihm Vorwürfe. Ich machte mir selbst Vorwürfe, weil ich Thayer nichts von gestern Abend erzählt hatte. Aber als ich zitternd vor Kälte und Anspannung nachhause zurückgekehrt war, war ich viel zu aufgebracht gewesen um ihm noch irgendetwas zu erklären.
"Wir sehen uns beim Mittagessen." stieß ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und schnappte mir einen letzten Baconstreifen vom Servierteller. Irgendwie machte diese Action meinen dramatischen Abgang zunichte, doch ich hatte einfach nicht widerstehen können.

"Redest du mit deinem Bruder?" Der Blick meiner Mutter war flehend, doch ich sah sie nur ungläubig an, "Vergesst es. Das alles ist nicht auf meinen Mist gewachsen."

Ich hörte wie draußen ein Wagen gestartet wurde und sprintete zur Tür bevor Thayer die Einfahrt verlassen konnte. Für einen kurzen Moment dachte ich, er würde einfach davonfahren und mich vor der Tür stehen lassen, doch dann bremste er abrupt vor mir ab und entriegelte die Tür. "Danke." murmelte ich pflichtbewusst und sprang auf den Beifahrersitz. Thayer nickte, den Blick starr auf die Straße gerichtet, "Du bist meine Schwester. Das ist alles, was mir noch geblieben ist." Das ist nicht wahr, Thayer...Die Worte lagen mir auf der Zunge, doch sie kamen mir nicht über die Lippen. Hatte ich nicht eben noch daran gezweifelt, dass die Menschen in unserem Haus tatsächlich unsere Eltern sind? Ich senkte den Blick, "Glaub mir, du willst das gar nicht alles wissen." Sein Kopf drehte sich langsam in meine Richtung. Ich sah wie seine Finger sich angespannt um das Lenkrad klammerten. Er schüttelte den Kopf, "Es...es geht mir nicht darum." stieß er seufzend hervor. Irritiert hob ich den Blick. "Ich weiß schon länger, dass da zwischen unseren Familien was läuft. Niall Horan war nicht zum ersten Mal zu Besuch und ich habe Mom und Dad reden gehört. Über Bradford.", "Warum hast du mir nie etwas davon erzählt?" unterbrach ich ihn. Seit wann hatten wir Geheimnisse voreinander? "Hab ich doch." verteidigte sich Thayer, doch ich kniff die Augen zusammen. Gewissermaßen waren wir quitt. Ich hatte auch nicht vorgehabt ihm von Harry Styles zu erzählen, doch dass er mir all das verschwiegen hatte, war trotzdem keine schöne Geste. "Schon gut..." erwiderte ich kleinlaut. Irgendwie überkam mich das Bedürfnis ihm meinen Teil des Wissens beizusteuern. Der Teil, der nicht direkt von Mom und Dad handelte. Aus welchen Gründen auch immer..."Das wir Laurie gefunden haben, war kein Zufall." Die ersten Pressewagen in der Straße vor unserer Schule, kamen in Sicht. Ich hatte Mühe noch weiterzusprechen. Jedes mal, wenn ich einen dieser Wagen mit der Satellitenanlage auf dem Dach sah, überkam mich das Gefühl beobachtet zu werden. "Grayson hat mir von einer SMS erzählt, die er bekommen hat. Er hat den Schal absichtlich fallen lassen, damit wir ihm hinterher laufen." Auf Thayers Gesicht erschien die Andeutung eines Lächelns, "Lass mich raten. Er will Mason die Schuld geben." Einen Moment musterte ich ihn ungläubig, dann beschloss ich seinen Kommentar einfach zu ignorieren. Woher zum Teufel wusste er das alles? "Verstehst du nicht? Jemand wollte uns drohen. Die Worte im Schnee 'Ihr seid die Nächsten'. Das war alles echt!" Mein Bruder schmunzelte, "Woher willst du wissen, dass er nicht mit uns spielt?" Ich zuckte mit den Schultern, "Ich weiß nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Grayson mich anlügen würde.", "Auch nicht um seine eigene Haut zu retten?" Die Fragen meines Bruders verwirrten mich. "Thayer. Er kann es nicht gewesen sein. Er saß während des Gottesdienstes die ganze Zeit über vor uns." Er hob kapitulierend die Hände vom Lenkrad, "Konzentrier dich auf die Straße." murmelte ich barsch. Beinahe wäre er in eine kleine Menschenmenge, die vor dem Schultor stand, hineingefahren. Sie starrten uns geschockt an und ich lächelte entschuldigend. "Du solltest dich einfach nicht von seinem perfekten Grayson-Charme trüben lassen, Mads." entgegnete Thayer sachlich, wobei er das Auto geradewegs auf den Parkplatz zu lenkte. Ich bemerkte wie uns die Kameras folgten. Schon gut. Ihr könnt wegsehen. Wir haben niemanden umgefahren. "Hat die Polizei etwa unsere Namen preisgegeben, oder wieso starren die uns so an?" fragte ich, während ich die Menge nach der Ursache absuchte. "Mandy Crawford." sagte Thayer und in diesem Moment, sah auch ich sie, in mitten der Reporter stehend. Ein hübsches brünettes Mädchen, mit verheulten, müden blauen Augen und wutverzerrtem Gesicht. Sie starrte mich geradewegs an. "Was ist los mit ihr?" Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah Thayer an. Er schüttelte den Kopf, "Ich dachte sie blüfft.", "Was meinst du?" hakte ich nach, während ich zögernd aus dem Auto stieg. Kaum hatte ich einen Fuß auf den Boden gesetzt, brach das Blitzlichtgewitter aus und Mandy fing an zu schreien, "Madison Malik! Du Miststück! Was hast du getan!? Wie konntest du ihr das antun!?" Überwältigt...nein, geschockt, wich mir die Farbe aus dem Gesicht. Was war bloß in sie gefahren? Mit ein paar energischen Schritten kam Mandy auf mich zugerannt. Die Reporter folgten ihr auf Schritt und Tritt. "Ich weiß genau, was du getan hast, Malik!" Sie lehnte sich zu mir vor und piekte mir mit dem Finger auf die Brust. Ich wich einen Schritt zurück und stieß dabei gegen das Auto, das immernoch hinter mir parkte. Mandy kam wieder näher. "Du bist genau wie deine Eltern. Ich weiß alles über dich." "Was willst du von mir, Mandy?" brachte ich schließlich überrumpelt hervor. "Du warst es. Du hast sie umgebracht. Du hast die Warnung weggewischt. Ich war dabei, habe alles gesehen." Eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht und sie sah aus, als wollte sie mich am liebsten schlagen. Welches Pferd ritt die denn!? Mir klappte fassunglos die Kinnlade herunter und jemand zog sie ein Stück von mir zurück, während Thayer einen Schritt vortrat, um mich zu beschützen. Erst jetzt wurde mir das Ausmaß dieser Behauptung klar. Die Welt würde mich als Mörderin sehen. "Das ist Unsinn, Mandy. Beruhig dich wieder." So gut es ging, versuchte ich mein Gesicht vor den Kameras zu schützen. Aber es hatte keinen Zweck. Sie hatten ohnehin schon tausend Fotos von mir. "Ich habe Laurie Styles nicht einmal gekannt!" Meine Stimme war beinahe ein Schluchzen. Das alles war ein wahrgewordener Alptraum. "Lügner!" Mandy schrie auf und wollte sich vorstürzen, doch im selben Moment schoss jemand aus der Menge hervor und parkte sein Motorrad genau zwischen uns. Mason.

-Stratford Badboy-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt