Kapitel 52

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Müde und verschlafen, da ich nur wenige Stunden geschlafen hatte, blinzelte ich und schaute aus meinem gemütlichen Zelt heraus. Im Schein der warmen Morgensonne konnte ich erkennen, wie Raban, Joschka und Juli bereits Frühstück machten. Ich schaute ihnen erschöpft zu und bald begann sich auch der Rest der wilden Kerle in ihren Zelten zu regen. Gähnend krochen sie aus ihren Zelten und auch ich stand nun auf und setzte mich an den Tisch. Als der köstliche Duft des Frühstücks auf meine Nase traf, knurrte mein Magen und ich bemerkte , dass ich einen ziemlichen Hunger hatte. So schnell wir konnten, füllten wir unsere Bäuche und tauschten uns über den Vorfall in der Nacht aus. „Hey, kommt mit!“, rief Raban nun begeistert und ohne zu Zögern folgten wir ihm. Der Junge mit der Coca-Cola-Glas-Brille rannte direkt auf einen kleinen Fluss neben unserem Geheimversteck zu. Er sprang in das eiskalte Wasser und wir alle taten es ihm gleich. Lachend und prustend schwammen wir umher und tunkten uns gegenseitig Unterwasser. Raban, Joschka und Maxi kürten Nerv zum wildesten Kerl aller Zeiten. Tippkick und der kleine Junge schlugen ein: „Alles ist gut, solange du wild bist. Dafür leg ich meine Beine ins Feuer.“ „Meine Beine, meine Seele und mein ganzes Herz.“, ergänzte Vanessa sie und schaute nun zu Leon, „Ich möchte mich bei dir bedanken.“ „Aber wofür?“, fragte unser Anführer verdattert. Vanessa lächelte: „Für alles. Für die rosa Pumps, für das Spiel gegen den dicken Michi, für den Brief, den du mir geschrieben hast und dafür, dass wir die Reise hier machen. Und natürlich für das…“ Langsam kamen sich die beiden näher und legten ihre Lippen sanft aufeinander. Entzückt sah ich den beiden zu und auch die anderen konnten ihre Blicke nicht abwenden. Nervs Brüllen ließ uns alle herumfahren und Maxi hob ihn hoch, nur um ihn dann wieder neben sich ins Wasser zu schmeißen, woraufhin er wild um sich schlug.

Als die Sonne bereits hoch am Himmel stand, fuhren wir auf unseren Fahrrädern durch den schattigen Wald. Voller Vorfreude auf das Spiel gegen die biestigen Biester unterhielten wir uns und machten einander Mut. Dennoch verschlugen uns einige selbstgebastelte, gruselige Kreaturen die Sprache und teilten uns mit, dass wir Fabi und seiner Mannschaft nun immer näher kamen. Selbst Vanessa begann nachzudenken und auch ich fühlte mich ziemlich unwohl. Leon forderte das Mädchen zu einem Wettrennen heraus und die beiden entfernten sich schnell von uns. Ich trat ein wenig kräftiger in die Pedale, um neben Juli zu fahren. Die seltsamen Kreaturen machten mir Angst und ich spürte ihre Blicke förmlich auf meinem Rücken, weshalb ich mich mehrmals umdrehte, nur um festzustellen, dass der Weg hinter uns leer und friedlich dalag. „Alles ist in Ordnung.“, grinste Juli, „Die wollen uns nur Angst machen.“ „Genau!“, stimmte Maxi, der vor uns fuhr, ihm zu, „Nur, um ihre eigene zu verstecken.“ Ich konnte mein Grinsen nicht unterdrücken und spürte, wie einige Zweifel von mir abfielen.

Ein paar Minuten später radelten wir an hohen Maisfeldern vorbei und hörten leise Vanessas Stimme. Ohne zu Zögern begannen wir, schneller zu fahren und trafen schließlich auf das Mädchen, welches hinter einem der Felder stand. Als Maxi sie fragte, was passiert sei, antwortete sie verzweifelt: „Leon ist weg, wir müssen ihn suchen!“ Panik lag in ihren Augen. Wir legten unsere Fahrräder ab und eilten zu ihr. Hektisch kämpften wir uns durch den Mais und riefen unseren Anführer. Nach einer Ewigkeit schob ich eine weitere Pflanze aus meinem Sichtfeld und vor mir entblößte sich ein riesiger abgemähter Kreis. Auch die anderen waren schon angekommen und blickten in die Mitte. Dort war ein hoher Ast im den Boden gerammt worden und an ihm wehte ein Zettel im Wind, der mir plötzlich unheimlich kalt erschien. Schnell ging Vanessa auf den Brief zu. Wütend fasste sie den Inhalt zusammen: „Leon ist weg! Er ist nach Hause gefahren.“ Sie drückte Maxi den Zettel in die Hand und verließ den Kreis. Kurze Zeit folgte Tippkick ihr angespannt und verschwand zwischen den riesigen Maispflanzen. Wir rannten ihnen nach und schließlich endete das Feld. Vanessa saß auf dem Boden und rupfte aufgebracht Grashalme aus der Erde. Wir nahmen ebenfalls Platz und Nerv protestierte: „Ich glaub das einfach nicht, ich will das nicht glauben!“ Auch Juli stimmte ihm zu, aber wie Vanessa zweifelte auch ich an Leon. Er hatte uns schonmal verlassen, warum sollte er jetzt lügen? Schließlich beschloss das Mädchen nach Hause zu fahren und setzte ihren Rucksack auf. Doch Joschkas Bruder stellte die Bedingung auf, dahin zu fahren, wohin der Geheimverstecksucher-und-Finder-Navigationsautomat mit seiner Nadel zeigen würde. Juli tippte einige Worte ein, doch nach einem kurzen Aufleuchten erlosch das Gerät wieder. Nun stellte er die Theorie auf, dass Leon zwar zu weit für ihn weg war, aber nicht für Vanessa, denn sie liebte ihn schließlich. Er bettelte sie an und versuchte sie zu überzeugen, es auch einmal zu probieren. Nach einigen Minuten willigte das Mädchen schließlich ein. Zögernd tippte sie: „Ich suche den, den ich am meisten liebe.“ Zu unserer Überraschung begann die Nadel sich zu drehen und letztendlich gab das Gerät einen Ton piependen von sich, der verriet, dass es sein Ziel gefunden hatte. Wir eilten wieder zu unseren Fahrrädern und traten nun doppelt so schnell in die Pedale, denn schließlich wollten wir heute noch ankommen und unseren Anführer wiederfinden.

Dafür leg ich meine Beine ins Feuer~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt