Broken Hearts

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Tosend rollen die Wellen an den Strand. Das Wasser ist kalt, als es seine Füße umspült. Der starke Wind zerrt an seinen dunklen Haaren, peitschen sie immer wieder um seinen Kopf. Das schlichte weiße Shirt wird an seinen Körper gepresst. Überall am Körper hat er Gänsehaut, doch er spürt die Kälte nicht und selbst wenn, wäre es ihm egal. Das Wetter passt zu seinem Inneren – kalt und trostlos. Es gibt nur eine einzige Sache, die ihm Wärme spenden könnte, die ihn davon abhalten könnte, jetzt einfach so in das aufgewühlte Meer zu gehen und zu verschwinden. Lange hat er über die Möglichkeit nachgedacht. Hat hin und her gegrübelt, ob das nicht vielleicht das Beste wäre. Doch dann kamen ihm ihre Worte in den Sinn – »Ich will, dass du genauso leidest wie ich. Ich will, dass du all den Schmerz spürst, den du mir zugefügt hast.«. Sie hat Recht. Er sollte all das und noch viel mehr fühlen. Er sollte, nein, er muss leiden. Muss den Schmerz ertragen, den er ihnen beiden zugefügt hat und darf sich nicht wie ein Feigling davonstehlen. Nichts weiter als ein Feigling wäre er, würde er es hier und jetzt beenden. Er habt den Blick zum schiefergrauen Himmel, der aussieht, als würde jeden Moment die Hölle über der Welt einbrechen. Bei dem Gedanken muss er lachen, erlebt er doch gerade die absolute Hölle und er kann nur sich selber dafür verantwortlich machen. Bitter lacht er auf und macht endlich einen Schritt rückwärts Richtung Strand. Seine Füße sind inzwischen so kalt, dass er kein Gefühl mehr in ihnen hat. Wäre es doch nur so einfach mit seinem Herzen. Doch egal, was er macht, er kann den Schmerz und die Qual in seinem Inneren nicht betäuben.

Sie ist blass, als sie sich an ihren Schreibtisch in einem Großraumbüro setzt. Noch bevor sie ihre Tasche abstellt, drückt sie den Knopf für ihren PC, damit dieser hochfährt. Das Headset liegt schon einsatzbereit da. Noch vor wenigen Wochen sah der kleine abgetrennte Bereich bunt und fröhlich aus. Doch jetzt wirkt er unpersönlich und wenig einladend. Automatisch wandert ihr Blick zu der Stelle neben ihren Monitor und stellt sich auf den Schmerz ein, der gleich kommen wird, wenn sie das Bild sehen wird. Doch die Stelle ist leer. Verwirrt zieht sie die Augenbrauen zusammen, doch dann fällt es ihr wieder ein. Sie hat es gestern, zusammen mit all den anderen Erinnerungen an ihn, den Flammen übergeben. Das Bild zeigte eine Zeit, in der sie sich wie der glücklichste Mensch auf Erden gefühlt hat, nichtwissend, dass nur wenige Wochen, nachdem es aufgenommen wurde, alles zerstört wird. Müde streicht sie sich eine Strähne ihres braunen Haares aus dem Gesicht. Seit es passiert ist, schläft sie nicht mehr richtig. Jede Nacht liegt sie so lange wie nur irgendwie möglich wach, um ja nicht einzuschlafen. Denn wenn sie schläft, ist sie angreifbar. Dann kommen die Erinnerungen. Dann stürmt alles auf sie ein, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen kann. Er hat ihr das Herz zerschmettert und sie will ihn nie wieder in ihrem Leben haben und in ihren Träumen gleich gar nicht.

Shayla geht hinter ihrem Stuhl entlang. Wie jeden Morgen drückt sie ihr mitfühlend die Schulter. Sie fragt nicht, wie es ihr geht, bedrängt sie nicht und lässt ihr den Raum, den sie braucht. Sie ist eine wahre beste Freundin und nicht wie ihre anderen Kollegen, die hinter vorgehaltenen Händen mehr als offensichtlich über sie reden. Sie stürzen sich auf jedes kleine bisschen Klatsch und das, was ihr passiert ist, ist ein gefundenes Fressen für sie. Es wird noch Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis sie sich von ihr abwenden werden.

Seufzend stellt sie ihre Tasche unter dem Schreibtisch ab und loggt sich im System ein. Wie jeden Morgen öffnet sie als erstes ihr Emailpostfach. Auch hier wappnet sie sich gegen den Schmerz, der gleich in einer neuen Welle angerollt kommt. Obwohl sie schon alle kontaktiert hat, um ihnen mitzuteilen, dass sie es bitte unterlassen sollen, ihr weiter Emails zu schreiben, sind dennoch die ersten vier Mails vom Blumenhändler, dem Caterer, dem Fotografen und dem Juwelier. Ihr Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Ihre Augen beginnen zu brennen und die erste Träne rollt über ihre Wange, als sie die Mails, ohne sie gelesen zu haben, löscht.

Schnell, bevor es jemand bemerken kann, wischt sie die Träne weg. Anschließend kümmert sie sich um ihre Geschäftsmails. Es ist nicht gerade so, dass sie in einer leitenden Position sitzt, aber hin und wieder bekommt auch sie kleines Licht eine Email. Gewissenhaft liest sie diese. Auch wenn es sich dabei nur um ein Rundschreiben bezüglich der nächsten Teambuildingmaßnahme handelt. Nur zu gerne würde sie den Termin absagen. Doch ihr Chef hat ausdrücklich betont, dass alle Mitarbeiter daran teilzunehmen haben und nur mit triftigem Grund fernbleiben dürfen.

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